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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Meine Schwestern sind in Inuyama?«
    »Es ist doch durchaus üblich, Frauen als Geiseln auszuhändigen«, erwiderte er. »Im Übrigen war Arai erzürnt darüber, dass Sie es wagten, Akitas Neffen als Ihre Geisel festzuhalten. Es hätte ein kluger Schachzug sein können, aber durch Ihr überstürztes Handeln im Frühling haben Sie alles wieder zunichte gemacht. Damit erreichten Sie einzig und allein, Arai und seine Gefolgsleute noch mehr zu beleidigen. Bis dahin war er Ihr Fürsprecher gewesen. Es war ausgesprochen tollkühn, ihn derartig schlecht zu behandeln.«
    »Ich weiß nun, dass Shoji mich verraten hat«, sagte sie bitter. »Akitas Neffe hätte niemals die Erlaubnis erhalten dürfen, nach Hause zurückzukehren.«
    »Sie dürfen nicht so hart mit Shoji sein.« Fujiwara schlug einen ruhigen, versöhnlichen Ton an. »Er tat das, was er für Sie und Ihre Familie für das Beste hielt. Das tun wir alle. Ich möchte, dass unsere Hochzeit so schnell wie möglich stattfindet, noch vor Ablauf dieser Woche, denke ich. Rieko wird Ihnen mit dem Gewand helfen und Sie mit dem Ablauf des Zeremoniells vertraut machen.«
    Sie spürte, wie Verzweiflung sich auf sie herabsenkte wie das Netz des Jägers auf die Wildente. »Alle Männer, die mit mir zu tun hatten, starben, außer meinem rechtmäßigen Ehemann, Lord Otori Takeo. Haben Sie keine Angst?«
    »Es heißt, dass Männer sterben, die Sie begehren. Ich empfinde nicht mehr Leidenschaft für Sie als früher. Ich wünsche mir auch keine weiteren Kinder. Unsere Ehe dient dazu, Ihnen das Leben zu retten. Sie wird nicht vollzogen werden.« Er nahm einen Schluck Reiswein und stellte die Schale wieder auf den Boden. »Es wäre angebracht, mir gegenüber Ihren Dank zum Ausdruck zu bringen.«
    »Ich soll also nichts weiter sein als ein weiteres Ihrer Besitztümer?«
    »Lady Shirakawa, Sie sind einer der wenigen Menschen, denen ich einen Blick auf meine Schätze gewährt habe - die einzige Frau. Sie wissen, dass ich sie am liebsten vor den Augen der Welt verberge, sie verpacke und versteckt halte.«
    Ihr Herz bebte vor Angst. Doch sie erwiderte nichts.
    »Und glauben Sie nicht, dass Takeo kommen wird, um Sie zu retten. Arai ist entschlossen, ihn zu bestrafen. Er führt nun einen Feldzug gegen ihn. Die Domänen Maruyama und Shirakawa werden in Ihrem Namen eingenommen und mir als Ihrem Ehemann übergeben.« Sein Blick ruhte auf ihr, als wollte er jede Sekunde ihres Leidens auskosten. »Takeos Leidenschaft für Sie ist ihm tatsächlich zum Verhängnis geworden. Noch vor Winteranfang wird er tot sein.«
    Kaede hatte Fujiwara im vergangenen Winter genau studiert und kannte jede Variante seines Mienenspiels. Er gab sich mit Vorliebe gelassen, bestrebt, seine Gefühle stets zu kontrollieren, aber inzwischen fiel es ihr leicht, ihn zu durchschauen. Kaede hatte den grausamen Unterton seiner Stimme wahrgenommen, den hämischen Beigeschmack seiner Rede. Beides war ihr früher bereits aufgefallen, wenn er Takeos Namen ausgesprochen hatte. Damals, als sie ihm ihre Geheimnisse anvertraut hatte - draußen lag meterhoher Schnee und Eiszapfen, lang wie die Beine eines Mannes, hingen von den Dachtraufen -, war ihr Eindruck gewesen, dass er in Takeo fast vernarrt sein musste. Sie hatte das begehrliche Funkeln seiner Augen bemerkt, das leichte Erschlaffen seines Mundes, die Art, wie seine Zunge den Namen umspielte. Und nun spürte sie, dass dieser Mann von Stand Takeos Tod herbeisehnte. Die Nachricht würde ihn freuen und von seiner Besessenheit erlösen. Und Kaede hatte keine Zweifel, dass ihr Leiden sein Vergnügen daran nur steigerte.
    In diesem Moment schwor sie sich zwei Dinge: ihm keine Gefühlsregung zu zeigen und zu überleben. Sie würde sich seinem Willen fügen, um ihm keinen Anlass zu bieten, sie zu töten, bevor Takeo kam, doch zugleich würde sie weder ihm noch der teuflischen Frau, die er ihr zugewiesen hatte, die Genugtuung verschaffen, sich anmerken zu lassen, wie sehr sie litt.
    Als sie Fujiwara ansah, erlaubte sie sich, ihren Augen den Ausdruck von Verachtung zu verleihen, dann blickte sie an ihm vorbei in den Mond.

    Ein paar Tage später fand die Hochzeit statt. Kaede trank die von Ishida gebrauten Tees und war dankbar für die Betäubung, die sie bewirkten. Sie war entschlossen, nichts zu fühlen, als wäre sie aus Eis, was sie daran erinnerte, wie lange es bereits her war, dass Takeos Blick sie in jenen tiefen, kalten Schlaf versetzt hatte. Sie verurteilte weder Ishida noch Mamoru

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