Der Glanz des Mondes
Blick wurde glasig. Ich packte ihn bei den Schultern und drückte ihn aufs Bett zurück. Schweiß mischte sich mit seinen Tränen und er begann am ganzen Körper zu zittern.
»Er braucht dringend Ruhe, aber er ist zu erregt und versucht immer wieder aufzustehen«, sagte Sugita.
»Sieh mich an, Hiroshi.« Ich beugte mich über ihn und sah ihm direkt in die Augen. Der Schlaf übermannte ihn augenblicklich. Sein Körper entspannte sich und sein Atem wurde gleichmäßig.
Die Frauen rangen erschrocken nach Atem und ich bemerkte, wie sie einen kurzen Blick wechselten. Sie schienen vor mir zurückzuweichen, wandten sich ab und achteten peinlichst darauf, meine Kleidung nicht zu berühren.
»Er wird eine ganze Weile schlafen«, sagte ich. »Genau das braucht er. Sagt mir Bescheid, wenn er wieder aufwacht.«
Ich stand auf. Makoto und Sugita taten dasselbe und sahen mich erwartungsvoll an. Innerlich war mir schwindelig vor Wut, doch die betäubende Ruhe des Schocks hatte sich auf mich herabgesenkt.
»Kommen Sie mit«, sagte ich zu Sugita. Am liebsten hätte ich mit Makoto unter vier Augen gesprochen, aber ich wollte nicht riskieren, Sugita allein zu lassen. Es stand zu befürchten, dass er sich den Bauch aufschlitzen würde, und ich konnte es mir nicht leisten, ihn zu verlieren. Die vorrangige Treue des Maruyamaclans galt Kaede, nicht mir; ich wusste nicht, wie sie auf diese Nachricht reagieren würden. Ich vertraute Sugita mehr als allen anderen und mein Gefühl sagte mir, dass sie loyal blieben, wenn er es ebenfalls tat.
Wir liefen über die Brücke und den Hang hinauf zurück zum Schloss. Die Menschenmenge auf den Straßen war größer geworden und Bewaffnete tauchten auf. Unruhe breitete sich aus - keine richtige Panik, nicht einmal Angst, lediglich ein Mob von aufgeregten Menschen, die Gerüchte austauschten und sich auf überraschende Gefechte einstellten. Ich musste eine schnelle Entscheidung treffen, ehe die Situation kippte und außer Kontrolle geriet.
Als wir das Schlosstor passiert hatten, sagte ich zu Makoto: »Mach die Männer bereit. Wir nehmen die Hälfte unserer Armee und ziehen sofort gegen Fujiwara. Sugita, Sie müssen hier bleiben und die Stadt verteidigen. Wir lassen Ihnen zweitausend Mann da. Stockt die Vorräte auf, um für eine Belagerung gewappnet zu sein. Ich werde im Morgengrauen aufbrechen.«
Makotos Miene war verzerrt und seine Stimme klang besorgt: »Tu nichts Übereiltes. Wir haben keine Ahnung, wo Arai sich aufhält. Du könntest in eine Falle laufen. Und Lord Fujiwara anzugreifen, einen Mann seines Ranges, wird die öffentliche Meinung nur gegen dich aufbringen. Es ist vielleicht das Beste, nicht sofort zu rea… «
»Ich kann unmöglich warten«, schnitt ich ihm das Wort ab. »Ich will sie nur zurückholen, sonst nichts. Mach sofort alles bereit!«
Wir verbrachten den Tag mit fieberhaften Vorbereitungen. Ich wusste, dass Eile geboten war. Die erste Reaktion der Einwohner von Maruyama war Wut und Entrüstung. Diesen Vorteil wollte ich nutzen. Wenn ich zögerte, würde es halbherzig erscheinen und den Eindruck erwecken, dass ich den Zweifel anderer an meiner Legitimität akzeptierte. Mir war absolut klar, welches Risiko ich einging und dass ich auf einen Akt der Unbesonnenheit ebenfalls mit Unbesonnenheit reagierte, aber mir fiel nichts ein, was ich sonst hätte tun können.
Als es Abend wurde, wies ich Sugita an, den Altestenrat einzuberufen. Innerhalb von einer Stunde waren alle versammelt. Ich informierte sie über meine Absichten, warnte sie vor den Folgen und sagte ihnen, dass ich ihre volle Loyalität gegenüber mir und meiner Frau erwartete. Keiner von ihnen machte irgendwelche Einwände - wahrscheinlich spürten sie deutlich, wie wütend ich war -, aber ich traute ihnen nicht. Sie gehörten zur selben Generation wie Fujiwara und Arai und waren nach denselben Verhaltensregeln erzogen worden. Ich hatte Vertrauen zu Sugita, aber konnte er ohne Kaede die anderen an sich binden, solange ich fort war?
Ich ließ Shun bringen und ritt mit ihm aus, um einen klaren Kopf zu bekommen und ihm ein bisschen Bewegung zu verschaffen, ehe wir eine weitere anstrengende Reise antraten, außerdem wollte ich mir ansehen, in welchem Zustand sich die Ländereien befanden.
Etwa die Hälfte der Reisernte war eingeholt. Die Bauern schnitten die Reispflanzen Tag und Nacht, um rechtzeitig fertig zu werden, bevor der Wetterumschwung kam. Die, mit denen ich sprach, waren in Sorge und meinten, ein Taifun
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