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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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feststellen müssen, daß Räuber und Halunken sein Haus heimgesucht hatten. Während er ihre Zerstörungswut schilderte, zuckten seine wimmelnden Lider, und seine Augen waren leer vor Haß.
    »Von meiner Familie keine Spur, ich kann nur hoffen, daß sie in Sicherheit ist«, sagte er. Doch seine Stimme verriet keine Hoffnung, klang stumpf und schwermütig.
    »Sie werden sie bestimmt finden«, sagte Robey mitfühlend.
    »Ja, natürlich«, meinte der kleine Mann.
    Er strich sich über den vollen Bauch und rülpste, bestand darauf, daß Robey es ihm nachmachte, und fand es furchtbar komisch, als der es dann tat. Er klopfte sich auf die Schenkel und forderte ihn auf, es noch mal zu machen. Dann legten sie sich ins Gras zurück, und während der kleine Mann sich eine Zigarette drehte, erklärte er Robey , der Krieg habe auch seine guten Seiten.
    »Im Krieg«, sagte er, »bekommt man oft auch die besten schlimmen Sachen«, und er reichte ihm die Kaffeekanne, doch als Robey den Deckel anhob, strömte ihm Whiskey-Geruch entgegen, und er lehnte ab.
    »Na, komm schon«, meinte der kleine Mann. »Nimm dir einen Schluck, wird dir nicht schaden. Hinter der Tür steht eine ganze Ballonflasche davon.«
    Wie um den Beweis dafür anzutreten, nahm er selbst einen langen, gierigen Schluck.
    Robey dachte, daß es der kleine Mann sicher auch nicht leicht gehabt hatte, so klein wie er war, und dann nach Haus zu kommen und alles zerstört, wofür er gearbeitet hatte, und die Familie verschwunden und vielleicht tot. Doch jetzt beobachtete er mißtrauisch, wie sich der Mann veränderte. Kaum hatte er den Whiskey getrunken, war etwas über ihn gekommen oder in ihm hochgestiegen. Jedenfalls kam es sehr schnell, und er wurde davon übermannt.
    Robey sagte dem kleinen Mann, daß er noch nie Whiskey getrunken habe und daß er sich im Moment auch nicht dafür interessiere, er bedankte sich für das Essen und wollte sich wieder auf den Weg machen.
    Der kleine Mann lachte, als wäre er zufrieden mit der Logik seiner Antwort, aber es war ein mißmutiges Lachen. Er nahm noch einen Schluck und versuchte Robey erneut zum Mittrinken zu bewegen, doch der lehnte wieder ab.
    »Allein zu trinken macht aber keinen Spaß«, sagte der kleine Mann, als hätte ihm das schon mal jemand gesagt.
    »Nein«, sagte Robey noch einmal. »Ich möchte keinen Whiskey.«
    »Aber es ist guter Whiskey. Da rast die Zeit nicht so«, meinte der kleine Mann mit süßlicher, schmeichelnder Stimme. »Und er verscheucht alle Sorgen. «
    E r nahm noch einen großen Schluck und dann noch einen, um schließlich mit dem Finger die letzten Tropfen aus der Kanne zu holen.
    »Ich muß jetzt los«, sagte Robey und merkte, daß er rot wurde vor Ärger darüber, wie töricht er sich verhalten hatte. Plötzlich stieg eine dumpfe Angst in ihm auf. Er hatte sich von dem kleinen Mann in die Falle locken lassen.
    »Verkauf mir dein Pferd, eh du gehst«, schlug ihm der kleine Mann vor und leckte sich die Finger. »Damit ich meine Familie suchen kann.«
    »Es gehört mir nicht«, sagte Robey , bemüht, seiner Stimme nichts anmerken zu lassen. Er wußte, er konnte sich jetzt nicht länger leisten, ängstlich, zögerlich und nachgiebig zu sein. Er kannte diesen Mann nicht, ahnte nur, daß der einen Entschluß gefaßt hatte und auf keinen Fall von dem Pferd ablassen würde.
    »Du hast es gestohlen«, sagte er, und als er sich plötzlich erhob, stand auch Robey auf.
    »Ich hab es geliehen«, erwiderte er.
    »Du bist begeistert von ihm, stimmt ’ s?«
    Robey sagte nichts. Seine Hand bewegte sich zur Hüfte, wo der Knauf seiner Pistole aus dem Gürtel ragte.
    »Nicht jeder Pferdefreund versteht, daß jedes Pferd irgendwann stirbt«, sagte der kleine Mann. Die Augen in seinem wimmelnden Gesicht hatten sich gerötet. Seine Stimme war schrill wie die eines Kindes.
    »Es gibt noch andere Pferde auf der Welt«, meinte Robey .
    »Verkauf es mir, und sag dem Besitzer, es war erschossen worden.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Keiner verleiht so ein Pferd.«
    »Mister Morphew hat es mir geliehen. Ich hab auch eine Bestätigung. «
    I hm brannte das Gesicht vor Scham, weil seine Ehrlichkeit in Frage gestellt wurde und er sich rechtfertigen mußte. Ihm war klar, den kleinen Mann interessierte gar nicht, daß er ein Dokument besaß, mit dem er alles beweisen konnte.
    »Ich könnte das Pferd erschießen«, sagte der kleine Mann, zog den Revolver und zielte auf den pechschwarzen Hengst. Robey wußte, daß er das konnte,

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