Der Glasmaler und die Hure
schlichtes Zeltdach, das ein wenig windschief wirkte, aber ausreichend Schutz vor der Witterung bot. Sie breiteten Strohmatten auf dem Boden aus, die sie vor der klammen Feuchtigkeit der vergangenenRegentage schützten. Vor dem Zelt entzündete Katharina ein Feuer und bereitete einen Eintopf aus Weißkohl, Speck und Zwiebeln zu. Thea kümmerte sich in der Zwischenzeit um Martin und flößte ihm einen Becher des fiebersenkenden Tees ein. Der Glasmaler schlug nur kurz die Augen auf und phantasierte über einen einäugigen Teufel, bevor er wieder einschlief.
Bald darauf kehrte Conrad zurück. Er verschlang den Kohleintopf und trank einen Krug Rotwein dazu. Zufrieden schaute er von Katharina zu Thea und schien sich darüber zu wundern, daß die beiden so einträchtig nebeneinander hockten. Dann wurde er auf Theas Füße aufmerksam.
»Deine Fußsohlen sind verschrammt und blutig«, bemerkte er stirnrunzelnd.
Thea hatte beschlossen, Conrad nichts davon zu erzählen, daß Katharina sich zunächst geweigert hatte, sie auf dem Wagen mitfahren zu lassen, und so entgegnete sie nur: »Ich bin auf einen Stein getreten.«
»Mit beiden Füßen?«
»War ein großer Stein.« Sie wußte, daß es eine dumme Antwort war, aber Conrad ließ das Thema fallen und widmete sich wieder seinem Weinkrug.
Thea zog sich auf den Wagen zu Martin zurück. Es dauerte nicht lang, bis der Feldscher ihr folgte, um Martin zu untersuchen. Er schob den Verband hoch und legte die häßliche Wunde frei, die in den letzten Stunden stark angeschwollen war.
»Der Wundbrand setzt ein«, sagte Conrad. »Das kann ihn umbringen.«
»Aber du hast versprochen, den Eingriff vorzunehmen und die Splitter aus seinem Leib zu entfernen, wenn er das Heer lebend erreicht. Er atmet noch, also steh zu deinem Wort.« Conrads Finger tasteten über das entzündete Fleisch. Martin stöhnte leise auf.
»Selbst wenn er den Eingriff übersteht, bräuchte es viele heilende Kräuter und Tränke, um ihn zu Kräften kommen zu lassen. Mir würden Kosten entstehen.«
Wieder einmal entdeckte Thea einen gewissen lüsternen Ausdruck in Conrads Augen. Die Worte seiner Schwester kamen ihr in den Sinn. Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihre Brust. Die Finger schlossen sich sofort um die Wölbung und übten einen sanften Druck aus.
»Ich hab dir schon einmal gesagt, daß ich bereit bin, den erforderlichen Preis zu entrichten«, meinte Thea.
Conrad schob die Hand tiefer unter das Kleid und seufzte dabei leise. Dann nahm er die Hand von ihrer Brust und wollte sie zwischen ihre Beine schieben, doch Thea drückte ihn von sich und entzog sich ihm.
»Thea, bitte«, flehte Conrad.
Sie schüttelte den Kopf. »Mach ihn gesund, dann darfst du mich anfassen, wo du willst.«
»Vorher nicht?«
»Nein.«
Conrad brummte enttäuscht, fügte sich aber. »Es ist schon fast dunkel. Besser wär’s gewesen, den Eingriff bei Tageslicht vorzunehmen. Wir werden deinen Freund trotzdem sofort operieren, denn mit jeder Stunde wird sich der Wundbrand weiter ausbreiten.«
»In Ordnung«, sagte Thea zufrieden. »Doch ich verlange noch etwas von dir.«
»So?« fragte Conrad argwöhnisch.
»Meine Blutungen sind ausgeblieben.«
»Du bist schwanger?« Der Feldscher schaute sie ausdruckslos an. »Was schert mich das?«
»Ich brauche von dir ein Mittel dagegen.«
»Du willst den Bankert also raustreiben.«
Thea nickte und mußte an die Worte der Hebamme ihrer Mutter denken, die einst davon gesprochen hatte, daß die Kinder der Huren zumeist von schwacher Konstitutionwaren, weil sich der Samen vieler Väter in ihnen vermengte. Und nicht wenige dieser Kinder starben bereits im Mutterleib.
»Ich habe mit ansehen müssen, wie meine Mutter nach einer Geburt langsam verblutet ist. Dieses Schicksal will ich nicht mit ihr teilen.«
»Wer sagt denn, daß auch dir so etwas widerfahren würde?«
»Hilfst du mir oder nicht?«
Conrad runzelte die Stirn. »Ich bin nicht im Besitz solcher Kräuter, aber Klara, eine Krämerin, die mir noch einen Gefallen schuldig ist, wird dir gewiß helfen können.« Er betrachtete Martin und meinte: »Ist er der Vater des Kindes?«
»Nein. Ich weiß nicht, wer der Vater ist.«
Sie hatte vermutet, daß ihn diese Offenheit überraschen würde, doch nachdem sie ihm bereits ihren Körper angeboten hatte, schien Conrad genau diese Antwort von ihr erwartet zu haben.
»Bist du eine Dirne?«
»Würde es dich stören, wenn’s so wäre?«
Conrad lachte. »Nein, keineswegs.«
Ihr
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