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Der Glaspavillon

Titel: Der Glaspavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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entdeckt.
    Was geschah dann?«
    Ich beschrieb die schreckliche Szene, so ruhig ich konnte, Alans Hände an meinem Hals, den Zusammenbruch, das »Schuldig, schuldig, schuldig«.
    »Warum haben Sie Alan Martellos Arbeitszimmer durchsucht, Mrs. Martello?«
    »Wie bitte?«
    »Oberflächlich gesehen scheint es seltsam, wenn jemand seinen Schwiegervater verdächtigt, die eigene Tochter ermordet zu haben. Warum haben Sie ihn verdächtigt?«
    Ich holte tief Luft. Vor diesem Teil hatte ich mich gefürchtet.
    Doch ich erzählte die ganze Geschichte meiner Therapie bei Alex, wenn auch mit glühenden Wangen. Ich hatte erwartet, die Polizisten würden mitleidig lächeln und vielsagende Blicke wechseln, aber Wilks Stirn blieb die ganze Zeit konzentriert gerunzelt, und er unterbrach mich nur, um ein paar sachdienliche Fragen zu stellen: Unter welchen Umständen fand die Therapie statt, wie häufig wurden die Sitzungen abgehalten? Als ich geendet hatte, herrschte eine Weile Schweigen. Wilks sprach als erster.
    »Nun, Mrs. Martello, lassen Sie uns etwas klarstellen: Sie behaupten also, Augenzeugin des Mordes gewesen zu sein?«
    »Ja.«
    »Sind Sie bereit, eine entsprechende Aussage zu machen?«
    »Ja.«
    »Und eventuell vor Gericht als Zeugin der Anklage aufzutreten?«
    »Ja.«
    »Gut.«
    Wilks stand auf und steckte die Hände in die Hosen-taschen. Ich sah zu den anderen drei Polizisten.

    »Ich hatte Angst, Sie würden mich auslachen«, sagte ich leise.
    »Warum sollten wir?« fragte Wilks.
    »Ich dachte, Sie glauben mir vielleicht nicht, daß ich mich daran erinnere, Alan gesehen zu haben.«
    »Sie hatten ja offensichtlich selbst gewisse Zweifel daran.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Wilks zuckte die Achseln. »Sie sind mit Ihrem Verdacht nicht sofort zu uns gekommen. Statt dessen haben Sie eigene Ermittlungen angestellt, in deren Verlauf sowohl Sie als auch Alan Martello mit Beweismaterial herumhan-tiert haben.«
    »Das klingt nicht, als wären Sie mir sonderlich dankbar.«
    »Ich möchte nicht undankbar erscheinen, aber die Sache hätte auch anders ausgehen können. Sie hätten ebenfalls zu Schaden kommen können.«
    »Was geschieht jetzt?«
    »Wenn Sie dazu bereit sind, und das hoffe ich, werden die Detectives Braswell und Turnbull eine umfassende Aussage von Ihnen aufnehmen, was wahrscheinlich ein paar Stunden dauert. Ich sollte noch hinzufügen, daß Sie das Recht haben, sich mit einem Rechtsanwalt zu beraten, ehe Sie etwas sagen. Wir können Ihnen gern ein paar Namen nennen.«
    »Schon in Ordnung. Und was werden Sie dann unternehmen? Werden Sie Alan zum Verhör herbringen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Wilks lächelte, doch in seinem Gesicht erkannte ich eine Spur von Verwirrung.

    »Weil er schon da ist.«
    »Wie um alles in der Welt haben Sie ihn so schnell geholt?«
    »Er ist selbst gekommen. Er hat gesagt, er wolle eine Aussage machen. Um neun Uhr zwölf hat er das Revier betreten, und fünfundzwanzig Minuten später hat Alan Edward Dugdale Martello unaufgefordert ein Geständnis abgelegt, seine Tochter Natalie ermordet zu haben.«
    »Wie bitte?«
    »Er ist jetzt in einer Zelle im Untergeschoß, während die Anklage vorbereitet wird.«
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen. »Hat er … Hat er gesagt, na ja, hat er gesagt, warum und wie er sie getötet hat?«
    »Nein.«
    »Werden Sie ihn anklagen?«
    »Natürlich muß man auch die Möglichkeit eines falschen Geständnisses in Erwägung ziehen. Es gibt böse Zungen, die die Polizei schon des öfteren beschuldigt haben, solche Dinge zu provozieren. Wie dem auch sei – ganz unter uns« – Wilks sah mich mit hochgezogenen Brauen an –,
    »nachdem ich nun Ihren Bericht gehört und das Tagebuch sowie den Brief gesehen habe, neige ich durchaus zu einer Anklageerhebung. Aber warten wir, bis wir Ihre vollständige Aussage aufgenommen haben, in Ordnung? Guy und Kevin werden Ihnen helfen, falls es Probleme geben sollte.
    Dann bis nachher.«
    Detective Turnbull kramte eine Weile in einer Pappschachtel herum und holte dann einen großen Doppel-Kassettenrecorder hervor. Während er geräuschvoll einige Kassettenschachteln durchwühlte, legte Detective Braswell ein Durchschlagpapier in einen dicken Formularblock. Als er meinen Blick bemerkte, lächelte er.
    »Sie glauben vielleicht, Sie hätten das Schlimmste schon hinter sich. Aber Sie haben die ganzen Formulare nicht gesehen, die wir mit Ihnen noch durchgehen müssen.«

    32. KAPITEL
    Am Abend des Tages, an dem Alan sein

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