Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Glaspavillon

Titel: Der Glaspavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
Hintertür. Das Tagebuch steckte ich sorgsam in die Innentasche meines dicken Mantels und marschierte los, weg von dem Haus. Ich wählte eine Route, die ich gut kannte, eine der längsten, freiesten und vertrautesten, die ich zurücklegen konnte, ohne darüber nachzudenken. Ich wanderte durch den Wald, die Hügel hinauf, wo der Wind mich beinahe umblies und wo sich mir an diesem kalten, stürmischen Tag eine Aussicht bot, daß ich fast glaubte, die Beacons in Wales zu erkennen.
    Immer weiter marschierte ich, ohne mich umzusehen.
    Als es dunkel wurde, kam ich zu einem Pub. Von dort aus rief ich auf Stead an und sagte Claud, er solle mich nicht zum Abendessen erwarten; ich versprach, später alles zu erklären. Ich bestellte eine Lasagne und ein warmes, schaumiges Bier, als Nachtisch einen sauren Rhabarber-kuchen mit Vanillesoße und schwarzen Kaffee. Die Frau hinter dem Tresen zeigte mir eine Landkarte, und ich wanderte auf der Landstraße unter dem gleißenden Licht des Vollmonds nach Stead zurück. Als ich meine Stiefel auf dem Kies der Auffahrt knirschen hörte, waren alle Lichter schon erloschen. Ich ging geradewegs in mein Zimmer und fiel sofort in einen tiefen Schlaf, das Tagebuch unter dem Kopfkissen.
    Es war schon nach neun, als ich am nächsten Morgen herunterkam. Ich sah Fred und Lynn, die vor dem Haus ihr Gepäck in den Wagen packten. Claud reparierte ein Regalbrett in der Küche. Ich fragte ihn, wo Alan war, und er sagte mir, Theo und Alan seien in die Stadt gefahren.

    Vermutlich zum Einkaufen. Er deutete zum Backofen, in dem Eier, Tomaten und Speck auf mich warteten. Ich verschlang alles und spülte es mit Tee und Orangensaft hinunter. Dann fragte ich Claud, ob er mir den Vormittag über seinen Wagen borgen könnte. Ja, antwortete er, wollte aber wissen, ob ich ihm vielleicht etwas zu sagen hätte. Noch nicht, vertröstete ich ihn. Ich trank den letzten Schluck Tee, nahm Clauds Schlüssel und ging zum Wagen. Unterwegs verabschiedete ich mich mit einer Umarmung von Fred und Lynn.

    Im Polizeirevier von Kirklow fragte ich nach Helen Auster. Sie war nicht da.
    »Kann ich mit ihrer Vertretung sprechen?«
    Ich betrachtete die Plakate, bis ein untersetzter junger Mann erschien und sich als Detective Sergeant Braswell vorstellte. Ich zeigte ihm das Tagebuch und Natalies Brief und erklärte in wenigen Sätzen, wo ich beides gefunden hatte. Er machte ein ziemlich entsetztes Gesicht und begleitete mich durch das Revier zur Kriminalabteilung, die angenehm modern und zweckmäßig wirkte. Als ich eintrat, verstummte das Gespräch, und alle blickten mich neugierig an. Braswell führte mich durch den Raum zu einem Vernehmungszimmer, wo er mich fragte, ob er das Tagebuch einen Moment haben könne. Nach kurzer Zeit kam er mit zwei anderen Männern zurück; der jüngere von ihnen trug einen blauen Plastikstuhl, den er in eine Ecke des Raums stellte. Der andere, offensichtlich ein leitender Beamter, war schlank, hatte ein rotbackiges Gesicht und braune, glanzlose Haare, offensichtlich mühsam glattge-kämmt. Er trat auf mich zu und schüttelte mir die Hand.
    »Ich bin Detective Superintendent Wilks. Ich leite die Ermittlungen«, erklärte er. »Detective Constable Turnbull kennen Sie ja schon.«
    Ich nickte dem jungen Mann zu, der sich in der Ecke niedergelassen hatte. Wir nahmen alle Platz, während Wilks fortfuhr.
    »Superintendent Braswell wird mit der Unterstützung von Constable Turnbull alle notwendigen Fragen stellen.
    Ich wollte nur bei einem kurzen einleitenden Gespräch dabeisein, wenn es Ihnen recht ist. Kann ich Ihnen irgend etwas bringen lassen? Tee? Kaffee?«
    Turnbull wurde beauftragt, vier Tassen Tee zu besorgen.
    »Wo ist Detective Sergeant Auster?« fragte ich.
    »Im Urlaub«, antwortete Wilks.
    »Mitten im Verlauf der Ermittlungen?«
    »Sergeant Auster arbeitet nicht mehr an dem Fall«, erklärte Wilks. »Auf ihre eigene Bitte hin.«
    »Oh.«
    »Nun, Mrs. Martello, können Sie uns etwas über dieses Tagebuch erzählen?«
    In allen Einzelheiten berichtete ich, wie ich Alans Arbeitszimmer durchsucht und das Tagebuch mit dem Brief gefunden hatte.
    »Ja«, sagte Wilks und hob den Brief hoch, der inzwischen in einer Klarsichthülle steckte. »Und es besteht kein Zweifel, daß es sich um die Handschrift von Natalie Martello handelt?«
    »Keinerlei Zweifel. Zu Hause gibt es noch eine Menge anderer Dinge in ihrer Handschrift, falls Sie es überprüfen möchten.«
    »Gut. Sie sagen, Alan Martello hat Sie dabei

Weitere Kostenlose Bücher