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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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Königs Zorn der Art war man gewohnt. Man ließ ihn reden, soviel er wollte. Ludwig fuhr fort: „Auf die lateinische Bittschrift des französischen Adels sollten Wir, was sie die großen Kronämter nennen, wieder errichten! Oh, ihr Herren meint, Wir könnten kein König sein, zu regieren dapifero nullo, buticulario nullo!* Gottes Ostern! Euch will ich zeigen, ob Wir König sind!“

    * Lateinisch: Ohne Truchseß und ohne Mundschenken.
    Hier lächelte er im Gefühl seiner Macht; sein Ärger ward besänftigt, und er wandte sich zu den Flamländern:
    „Seht Ihr, Gevatter Guillaume, der Großkämmerer, der Großseneschall, der Großkellermeister, sind nicht soviel wert wie der unterste Bediente. – Merkt Euch das, Gevatter Coppenole. – Sie dienen zu gar nichts. Wenn sie so nutzlos um den König stehen, kommen sie mir vor wie die vier Evangelisten an der Uhr des Palais, die Philippe Brille aufgeputzt hat. Sie sind vergoldet, aber helfen nichts beim Stundenanzeigen, und die Uhr kann ohne sie fertig werden. – Olivier, lies weiter.“
    Die mit diesem Namen bezeichnete Person nahm das Papier wieder zur Hand und las laut:
    „Dem Adam Tenon, Kommis der Siegelbewahrung der Prévoté von Paris, für Silber, Gravur und Form genannter Siegel, die neu verfertigt sind, weil die früheren, durch Alter abgenutzt, nicht mehr zu gebrauchen waren, zwölf Livres.
    Dem Guillaume Frère die Summe von vier Livres vier Sous für Mühe und Gehalt, weil er die Tauben in den Taubenhäusern des Hotel-des-Tournelles im Januar, Februar und März dieses Jahres fütterte und dazu sieben Scheffel Gerste hergab.
    Einem Kapuziner, der einem Verbrecher die Beichte hörte, vier Sous.“
    Der König hörte schweigend zu, hustete von Zeit zu Zeit, hielt dann den Becher an die Lippen und nahm einen Schluck Medizin, wobei er eine Fratze schnitt.
    „In diesem Jahr sind beim Trompetenschall auf den Kreuzwegen von Paris sechsundfünfzig Ausrufe verkündigt – die Rechnung ist noch zu berichtigen.
    Weil man an gewissen Orten, sowohl in Paris, als sonst in Frankreich, nach Geld gegraben, das dort versteckt sein sollte, aber nichts fand, fünfundvierzig Livres.“
    „So“, sagte der König, „man gräbt einen Taler ein, um einen Sou auszugraben.“
    „Für zwei neue Ärmel am alten Wams des Königs zwanzig Sous. – Für eine Büchse Fett, die Stiefel Sr. Majestät zu schmieren, fünfzehn Heller. – Für einen neuen Stall zur Wohnung der schwarzen Schweine des Königs dreißig Livres. – Für mehrere Verschläge, Gruben und Fallen, die Löwen in St. Paul einzuschließen, zweiundzwanzig Livres.“
    „Die Bestien sind teuer“, sprach Ludwig XI. „Was tut’s. Das ist prächtiger, königlicher Aufwand und ich liebe diese großen schönen Löwen. Meister Guillaume, saht Ihr sie schon? Fürsten müssen wunderbare Tiere besitzen. Uns Königen müssen Hunde die Löwen und Katzen die Tiger sein. Das Großartige ziemt den Kronen. Wenn zur Zeit der Heiden das Volk den Kirchen hundert Stiere und hundert Schafe opferte, schenkten die Kaiser ihnen hundert Löwen und hundert Adler. Das war wild und schön. Die Könige von Frankreich umgaben stets ihren Thron mit solchem Gebrüll. Man muß mir aber doch Gerechtigkeit widerfahren lassen, ich gebe dafür weniger Geld aus als meine Ahnen und bin sehr bescheiden mit Löwen, Bären, Elefanten und Leoparden. – Weiter, Meister Olivier. Wir wollten Unsern lieben Flamländern das sagen.“
    Guillaume Rym verbeugte sich tief, während Coppenole mit seiner mürrischen Miene wie einer der Bären aussah, von denen Se. Majestät sprach. Der König achtete nicht darauf. Er setzte seine Lippen an den Becher, spie aber das Getränk wieder aus mit den Worten: „Puh! Die bittere Medizin!“ Der Vorleser fuhr fort:
    „Zur Ernährung eines Landstreichers, der seit sechs Monaten im kleinen Gefängnis der Schinderei eingeschlossen ist, bis man weiß, was man mit ihm beginnen soll, sechs Livres vier Sous.“
    „Was!“ fiel der König ein. „Soll ich Leute ernähren, die gehängt werden müssen. Für die Nahrung, Gottes Ostern!, gebe ich keinen Heller mehr her. Olivier, besprecht die Sache mit dem Herrn von Estouteville und trefft noch heute abend die Anstalten zur Hochzeit des Galans mit dem Galgen. Fahrt fort.“
    Olivier machte mit dem Daumennagel ein Zeichen beim Landstreicher und las weiter:
    „Für Henriet Cousin, Henkermeister der Gerechtigkeit zu Paris, die Summe von sechzig Sous, die ihm vom Herrn Prévot zu Paris

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