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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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drin.“
    Jehan erwiderte kalt: „Mit solchen Kieselsteinen pflastere ich meine Hosentasche.“ Und ohne ein Wort hinzuzufügen, leerte er den Beutel auf einem nahen Eckstein aus, und zwar mit der Mine eines Römers, der sein Vaterland rettet. Einige Liards waren in den Kot gefallen. In seiner Begeisterung bückte sich der Hauptmann, sie aufzunehmen. Jehan hielt ihn zurück: „Pfui, Hauptmann Phoebus von Chateaupers!“
    Phoebus zählte das Geld und wandte sich feierlich zu Jehan. „Weißt du, Jehan, das sind zweiunddreißig Sous. Wen hast du diese Nacht um seinen Beutel in der Straße Kehl-Abschneiden erleichtert?“
    Jehan warf sein gelocktes, blondes Haupt zurück und sprach, verächtlich mit den Augen blinzelnd: „Mein Bruder ist Archidiakonus und ein Pinsel!“ – „Gottes Horn! Der würdige Mann!“ rief der Hauptmann. – „Komm, wir wollen trinken.“ – „Gut, gehen wir zum Apfel Evas, dort ist der Wein gut.“
    „Gut; zu Eva und ihrem Apfel“, sprach der Student und faßte den Hauptmann unter den Arm.
    Die beiden Freunde gingen nach Evas Apfel. Düster und verstört folgte ihnen der Archidiakonus. War dies derselbe Phoebus, dem er fluchte, dessen Name seit seiner Unterredung mit Gringoire sich unaufhörlich seinen Gedanken aufdrängte? Er wußte es nicht, allein der Name war Phoebus, und dies genügte dem Archidiakonus, mit Wolfschritten den beiden munteren Gesellen zu folgen, ihren Worten zu lauschen und alle ihre Bewegungen mit gespannter Ängstlichkeit zu beobachten. Übrigens war nichts leichter, als ihre ganze Unterhaltung mit anzuhören, denn sie sprachen ganz laut und kümmerten sich wenig darum, ob die Vorübergehenden die Hälfte ihrer Geheimnisse erfuhren. Sie sprachen von den Duellen, Mädchen, Krügen und anderen Torheiten.
    An einer Straßenecke vernahmen sie den Schall einer baskischen Trommel von einem Kreuzwege her. Dom Claude hörte, wie der Offizier sagte: „Donnerwetter, geh schneller!“ – „Warum, Phoebus?“ – „Ich fürchte, die Zigeunerin möchte mich sehen.“ – „Welche?“ – „Die Kleine mit der Ziege“ – „Smeralda?“ „Ja, Jehan. Ich vergesse immer ihren verteufelten Namen. Ich will nicht, daß die Zigeunerin auf der Straße auf mich zugeht.“ – „Kennst du sie?“
    Der Archidiakonus sah, wie Phoebus grinste und Jehan etwas ins Ohr sagte. Hierauf lachte Phoebus laut auf und schüttelte das Haupt mit triumphierender Miene.
    „Wahrhaftig?“ sagte Jehan. – „Bei meiner Seele.“ – „Heut abend?“ – „Ja, ja!“ – „Kommt sie gewiß?“ – „Jehan, bist du verrückt? Zweifelt man an solchen Dingen?“ – „Hauptmann Phoebus, du bist ein glücklicher Ritter.“
    Der Archidiakonus hörte das ganze Gespräch. Seine Zähne knirschten. Ein Schauer schüttelte seinen Körper. Einen Augenblick stand er still, stützte sich wie ein Trunkener auf einen Markstein und folgte dann wieder den beiden munteren Gesellen.

30. Das Gespenst
    Die ausgezeichnete Schenke ,Zum Apfel der Eva‘ lag nahe der Universität. Sie bestand aus einem ziemlich langen und sehr niedrigen Saale im Erdgeschoß, dessen Gewölbe in der mittleren Biegung auf einen dicken, gelb angestrichenen hölzernen Pfeiler sich stützte. Überall standen Tische; an den Wänden hingen glänzende zinnerne Krüge. Der Saal war voll von Trinkern und Mädchen; an der Tür stand ein Weinstock, und über der Tür hing als Schild ein knitterndes Blech, bemalt mit einem Apfel und einem Weibe, vom Regen verrostet und an einem eisernen Spieß vom Winde geschaukelt.
    Die Nacht brach an; der Kreuzweg war dunkel; die erleuchtete Schenke strahlte von weitem wie eine Schmiede in der Finsternis. Man vernahm das Klirren der Gläser, Schmausereien, Flüche, Gezänk, das durch die zerbrochenen Fensterscheiben auf die Straße schallte. Durch den Nebel, der die Wärme des Saales über die äußere Vorderseite des Fensters verbreitete, sah man hundert verwirrte Gestalten wimmeln, und von Zeit zu Zeit erhob sich aus ihrer Mitte ein schallendes Gelächter. Ein Mann aber ging ununterbrochen an der lärmenden Schenke auf und ab, sah unaufhörlich hinein und entfernte sich ebensowenig von dort, wie ein Pikenträger von seinem Schilderhaus. Bis zur Nase war er in einen Mantel gehüllt, den er bei einem Trödler in der Nähe gekauft hatte, vielleicht, um sich vor dem schneidenden Winde zu schützen, vielleicht auch, seinen Anzug zu verbergen. Bisweilen stand er am Fenster still, sah durch die mit Blei gefaßten

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