Der Glucksbringer
getroffen, mehr nicht.«
In diesem Augenblick betrat Liam den Verkaufsraum. »Guten Morgen«, begrüßte er den Kunden. Und warf seiner Mutter einen krittelnden Blick zu. Sie begriff sofort und trollte sich, um weitere Schmuckstücke zu holen.
»Ich finde es ehrlich gesagt schwierig, Schmuck für eine Frau zu kaufen«, meinte er zu Liam.
»Gelegentlich schon, da gebe ich Ihnen Recht«, versetzte
der diplomatisch. »Sie haben doch bestimmt Anhaltspunkte, was Ihrer Schwägerin gefällt und was nicht, oder?«
Der Mann blies die Backen auf. »Hmmm... tja, ich denke schon.«
Er inspizierte sämtliche Stücke, die Liams Mutter vor ihm ausbreitete, und deutete dann erneut auf die Brosche. Rosemary jaulte innerlich auf.
»Wissen Sie was, ich nehm sie.«
»Eine gute Wahl«, bekräftigte Liam in geschäftsmäßigem Ton, seine Miene unbeteiligt.
»Auf der Rückseite sind merkwürdige Zeichen oder Buchstaben eingraviert«, stellte der Mann unvermittelt fest. »Was bedeuten sie?«
»Das ist Gälisch, Sir. Die Inschrift wünscht der Trägerin Glück.« Rosemary schenkte ihm ein sanftes Lächeln. »Die Person, die sie geschenkt bekommt, sollte erst über die Rückseite der Brosche reiben, bevor sie sie ansteckt. Das bringt Glück.« Sie spähte zu ihrem Sohn und überlegte, wie er wohl gerade empfand. Er hatte die Topasbrosche in seiner überschwänglichen Liebe für Corinne angefertigt, und jetzt schien er fest entschlossen, sich davon zu trennen. Ob das so richtig war?, sann Rosemary. Nun ja, es ging sie schließlich nichts an. Die Brosche gehörte ihm. Folglich konnte er damit machen, was er wollte. Und wenn ihm der Verkauf dabei half, das geliebte Mädchen zu vergessen, war es vermutlich besser so. Wie sie Liam kannte, würde sie ihn bestimmt nicht dazu bewegen können, seinen einmal gefassten Entschluss zu verwerfen.
Rosemary beobachtete, wie der Mann seine Geldbörse zückte. Seufzend schnitt sie ein Stück Papier zurecht. »Sir, soll ich es Ihnen hübsch in Geschenkpapier
einwickeln?« Er nickte. »Das mach ich doch gerne für Sie«, versetzte sie darauf.
»So, das hätten wir«, meinte Liam leicht geknickt, als sich die Tür hinter dem Kunden schloss.
»Jetzt ist sie verkauft, mein Junge. Was weg ist, ist weg.« Rosemary tätschelte ihm begütigend den Oberarm.
»Ja, Ma, wie Recht du doch hast.«
Corinne O’Donnell saß auf einem Polsterschemel vor ihrem Toilettentisch und frisierte ihr Haar. Das machte sie schon länger selbst – seit ihre Lebensumstände sich drastisch gewandelt hatten. In den vergangenen sechseinhalb Jahren hatte sich vieles verändert; es grenzte an ein Wunder, dass sie daran nicht völlig zerbrochen war.
Liam. Ihre große, unglückliche Liebe. Fort. Vorbei. Es war unverzeihlich, was ihr Vater ihm angetan hatte. Wenn sie darüber nachdachte, dass der Earl sie zu einer Blitzheirat mit Daniel O’Donnell verdonnert hatte, füllten sich ihre ausdrucksvollen topasschimmernden Augen mit Tränen. Im Laufe der Jahre hatte sie oft geweint, Tränen der Wut, Enttäuschung und Verzweiflung, weil sie ihr Leben zerstört glaubte. Ihre Ehe war eine mittlere Katastrophe gewesen. Trotzdem hatte sie sich nach Daniels Tod geweigert, zu ihrem Vater nach Bonham Hall zurückzukehren. Obwohl der Graf darauf drängte, war sie hart geblieben. Sie verachtete ihn zutiefst, eine Versöhnung kam für sie überhaupt nicht in Frage.
Stattdessen erklärte sie sich bereit, Marian, die Frau von Daniels älterem Bruder Stanley, auf ihren Reisen zu begleiten. In ihrer angespannten Finanzlage blieb
Corinne gar nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen. Nachdem sie die Schulden ihres verstorbenen Mannes beglichen hatte, blieb ihr nur das Nötigste zum Leben. Daniels große Schwäche, das Glücksspiel – etwas, was er geflissentlich vor ihr geheimhielt -, hatte innerhalb weniger Jahre das gesamte Erbe verschlungen, das sein Großvater ihm vermacht hatte. Als die Gläubiger wenige Tage nach Daniels Beerdigung bei ihr vorstellig wurden, begriff sie erst, wie dramatisch es um ihre finanzielle Situation bestellt war. Ihr Mann war auf einer Angeltour aus dem Boot gefallen und ertrunken, was ihm letztlich die Schmach einer Bankrotterklärung erspart hatte. Für Corinne dagegen zog das Leben von einem zum anderen Augenblick andere Saiten auf.
Das bedeutete leider auch, dass sie keine Zofe mehr hatte, die ihr bei der Toilette und beim Ankleiden half. Sie machte selbst ihr Bett, wischte Staub und sorgte
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