Der Glucksbringer
der Journalistin die Brosche zu zeigen. Immerhin war das Schmuckstück die Inspiration für ihre preisgekrönten Entwürfe gewesen. Er griff nach der Schachtel, öffnete sie und nahm den Topas noch einmal heraus, um ihn genauer
in Augenschein zu nehmen. Merkwürdig, der Stein hatte etwas an sich, was einem... Er gab sich mental einen Ruck. Mach dich nicht lächerlich, Tony, kritisierte er sich. Es war bloß eine Brosche. Er steckte sie auf das Samtpolster zurück, schloss das Kästchen und ließ es in seine Jackentasche gleiten. Keine Frage, er würde es ihr bringen müssen, weil sie den Topasschmuck für das Interview brauchte. Wenn sie feststellte, dass sie ihn nicht dabeihatte, würde sie bestimmt in Panik geraten. Sie hing an der Brosche, die ihre Mutter ihr schweren Herzens geliehen hatte. Im Übrigen hatte sie ihrer Tochter eingeschärft, wie ein Luchs darauf aufzupassen. Wenig später stand Tony ebenfalls am Straßenrand und winkte hektisch gestikulierend. Auf der Suche nach einem freien Taxi, was im Berufsverkehr reine Glücksache war.
Laut hupend und mit quietschenden Reifen steuerte endlich ein Taxi die Bordsteinkante an. Während der Fahrt waren Tonys Gedanken ausschließlich auf Linda konzentriert. Sie war zweifellos reifer geworden und sah vieles mit anderen Augen. Aber war sie inzwischen auch so weit, dass sie tiefe Gefühle für einen anderen Menschen – für ihn – entwickeln konnte? Sollte er es riskieren, seine eigenen Empfindungen zu enthüllen und ein zweites Mal brüskiert zu werden, indem er ihr seine Liebe bekannte? Er schwankte. Einerseits hätte er gern alles auf eine Karte gesetzt, um zu sehen, wie sie reagierte, andererseits signalisierten ihm alle seine Selbstschutzmechanismen, es nicht zu tun.
Er stieg aus, bezahlte den Fahrer und warf einen hastigen Blick auf seine Armbanduhr. Zwanzig vor fünf. Das Interview lief bestimmt schon, und Linda hatte inzwischen festgestellt, dass sie ohne die Topasbrosche losgezogen war. Er durcheilte das Hotelfoyer in die Barlounge,
die sich links von der Rezeption befand. Am Bartresen saßen ein paar Gäste, die ihren Drinks zusprachen. Er entdeckte sie in einer Sitzecke an der rückwärtigen Wand. Linda war allein und wühlte fahrig in ihrer Schultertasche herum, ohne das gute Stück jedoch zu finden. Sie blickte ratlos auf, sah dann Tony auf ihren Tisch zukommen. Als er das Etui durch die Luft schwenkte, sprang sie auf und lief ihm strahlend entgegen.
Sie umarmte ihn stürmisch und drückte ihn an sich. »Gott sei Dank! Du hast mir das Leben gerettet!«, japste sie. Sie war den Tränen nahe. »Ich dachte schon, ich hätte sie verloren.« Erleichtert und dankbar küsste sie ihn.
Mit ihrem temperamentvollen Gefühlsausbruch überfuhr sie ihn dermaßen, dass sein Körper spontan reagierte. Tony schmiegte sich an sie, beseelt von dem himmlischen Gefühl, sie wieder in seinen Armen zu spüren. Was soll’s? Lass dich einfach fallen, beschwor ihn eine innere Stimme. Was war schon dabei, ihren Kuss leidenschaftlich zu erwidern? Ihre Reaktion war Enthüllung und Eingeständnis zugleich. In ihrer zärtlichen Umarmung steckte mehr als Erleichterung und Dankbarkeit: Sie hielt ihn eng umschlungen, als wollte sie ihn nie wieder freigeben. Woraus er schloss, dass sie mehr für ihn empfand als tiefe Freundschaft. Anders konnte, durfte es nicht sein! Er bog den Kopf zurück, senkte seinen Blick in ihren und entdeckte, was er sich seit Langem glühend ersehnte: Augen voller Liebe.
»Oh Linda.« Er küsste sie erneut, mit feuriger Leidenschaft. Was kümmerte es ihn, dass die Gäste an der Bar sie süffisant schmunzelnd beobachteten?
»Ich bin vorhin darüber informiert worden, dass die
Journalistin sich verspäten wird. Sie ist im dichten Verkehr stecken geblieben. W... wir setzen uns besser wieder hin«, flüsterte sie, als er sich schließlich aus ihrer Umarmung löste. »Die Leute starren uns an.«
»Lass sie doch starren«, meinte er mit einem breiten Grinsen, bevor er sich gehorsam neben sie setzte und einen Arm um ihre Schultern schlang. Mit der anderen Hand fasste er ihre. »Ich liebe dich, Linda Westaway«, bekannte er. »Ich hab nie aufgehört, dich zu lieben. Das ist der eigentliche Grund, weshalb ich nach Paris gekommen bin. Ich musste dich einfach wiedersehen.« Ihre Blicke verschmolzen miteinander, und Linda errötete verlegen. »Wann hast du...«
Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. »Ich weiß nicht mehr genau. Über Monate hatte ich das
Weitere Kostenlose Bücher