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Der Glucksbringer

Der Glucksbringer

Titel: Der Glucksbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilding Lynne
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Verlobungsring und sandte ein stummes Gebet zum Himmel, dass es dieses Mal stimmen möge.

8
    M iss Smith!«, drang Mr. Cotters scharfe Stimme mit der Wucht eines Peitschenknalls an ihre Ohren.
    Jenny zuckte unmerklich zusammen und hätte am liebsten Hals über Kopf Reißaus genommen. Sie kam eben von der Damentoilette und wirbelte zu ihm herum. Er musterte sie von oben bis unten.
    »Miss Smith, ich bin ein toleranter Mann, aber dieses ständige Gelaufe zur... äh... Toilette – das war eben das vierte Mal heute Morgen – kann und werde ich nicht billigen. Wenn Sie dauernd aus Ihrer Abteilung verschwinden und Ihren Job nicht anständig machen, dann muss ich mich um einen Ersatz für Sie bemühen.«
    Ein toleranter Mann. Sollte das ein Witz sein? Mr. Cotter war vergleichsweise so tolerant wie ein menschenschindender Diktator. »Ich... ich... verzeihen Sie, Mr. Cotter«, stammelte sie. »Ich fühle mich nicht gut.« Das war maßlos untertrieben. Nachdem sie sich seit einigen
Tagen morgens fortwährend übergeben musste, fühlte sie sich genau genommen sterbenselend. »Ich glaube, ich hab mir den Magen verdorben.«
    Seine Raubvogelaugen hinter der dicken Hornbrille fixierten ihr kränklich blasses Gesicht. »Den Eindruck habe ich langsam auch, Miss Smith.« Er überlegte, griff in die Brusttasche seines Jacketts und zog ein blütenweißes Taschentuch heraus. Er presste sich das Tuch vor den Mund. »Ich hoffe, es ist nichts Ansteckendes. Gehen Sie nach Hause, und legen Sie sich ins Bett, Miss Smith. Kommen Sie erst wieder zur Arbeit, wenn Sie sich richig auskuriert haben. Bitte melden Sie sich aber vorher noch bei Brown in der Personalabteilung krank.« Als sie wie festgewachsen stehen blieb und ihn ungläubig anstarrte, fuchtelte er mit den Händen, als wollte er einen Schwarm lästiger Stechmücken verscheuchen. »Na los, gehen Sie schon.«
    Peggy, die gerade ihre Frühstückspause machte, sah, dass Jenny Mantel und Hut anzog und sich die Handtasche unter den Arm klemmte. »Wo willst du denn hin, Liebes?«
    »Nach Hause. Ich glaube, ich hab Darmgrippe oder so.«
    Peggy grinste mitfühlend. »Du Ärmste. Sobald ich heimkomme, schaue ich bei dir vorbei. Der alte Cotter muss echt einen Narren an dir gefressen haben, sonst hätte er dir längst deine Papiere ausgehändigt und dich gefeuert. Ts, ts, bei dir ist unser bärbeißiger Boss sanft wie ein Reh.«
    Jenny lächelte verkrampft, weil ihr Magen schon wieder verrücktspielte. »Falls das eben Cotters sanfte Seite war, dann möchte ich ihn nicht erleben, wenn er mal so richtig ausrastet.«

    Sie war heilfroh, dass sie es ohne Brechattacken bis nach Hause schaffte. Nachdem sie sich einen Eimer griffbereit neben ihr Bett gestellt hatte – für den Fall, dass sie sich erneut übergeben müsste -, glitt sie in Shorty und Slip unter die Decke. Wenn sich ihr Zustand in ein, zwei Tagen nicht besserte, würde sie wohl oder übel einen Arzt aufsuchen müssen, überlegte sie, bevor sie erschöpft einschlief.
     
    Peggy klopfte leise an Jennys Zimmertür und weckte ihre Freundin auf.
    »Komm rein«, rief Jenny mit kratziger Stimme. »Ich hab nicht abgeschlossen.«
    Beschwingt glitt Peggy ins Zimmer, in der einen Hand eine Einkaufstüte, in der anderen ihre Handtasche.
    »Wie fühlst du dich, Schätzchen?«
    »Besser.«
    »Hast du Hunger?«
    Jenny grinste und setzte sich im Bett auf. Starrte sehnsüchtig auf die braune Papptüte. »Und wie.«
    »Das dachte ich mir«, meinte Peggy. »Ich bin kurz bei Martin’s Deli reingesprungen und hab eine Dose Hühnersuppe für dich gekauft. Und ein kleines Toastbrot. Neun Pence hat er mir dafür abgeknöpft, der Halsabschneider! Das ist glatter Wucher.« Sie betrachtete Jenny mit schiefgelegtem Kopf. »Zieh dir was über, Schätzchen. Es ist frisch geworden. Ich mach eben die Suppe warm und steck zwei Scheiben Brot in den Toaster.«
    »Du bist ein echter Schatz, Peggy.«
    Ihre Freundin verzog keine Miene und konterte: »Ja, ich weiß – ich bin mit Geld nicht zu bezahlen. Ich kann mich allerdings noch gut entsinnen, wie rührend
du dich um mich gekümmert hast, als ich mir bei Bruce’ jüngerem Bruder die Masern geholt hab.« Sie fuchtelte mit dem Dosenöffner in der Luft herum. »Dieser verfluchte kleine Mistkerl. Konnte er nicht jemand anderen damit anstecken?« Sie zuckte wegwerfend mit den Schultern. »Na ja, auch egal. Eine Suppe mit Toast und eine schöne Tasse Tee sind das Mindeste, was ich für meine Freundin tun kann. Ist doch

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