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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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Idiom. Loriot ist zwar nicht in Berlin geboren, er stammt aus Brandenburg an der Havel, hatte aber die prägenden Jahre seiner Kindheit in der Hauptstadt verbracht. Obwohl wir beide nicht berlinerten, konnten wir uns über berlinische Zitate königlich amüsieren. Wenn Loriot in schleppend-kehligem Jargon den Bademeister im Halenseebad zitierte: »Runta von die Liebesinsel, aus die Seerosen rau-es!« oder einen Gast im Café: »Herr Oba, ein Cocer-Coler!«, dann löste er bei mir nicht nur heimatliche Gefühle aus, er wusste, dass nur ein Berliner die subtile Komik der heimischen Lautverschiebungen in vollem Umfang würdigen konnte.
    Auch in diesen herrlichen Sommerwochen spielte die Musik – naturgemäß – wieder eine herausragende Rolle. Diesmal stand die Schubert’sche Kammermusik im Mittelpunkt, in erster Linie dessen Streichquintett, eine seiner unergründlichsten Kompositionen.
    Und wir redeten ausführlicher über unsere Familien. Dass mein Vater Schauspieler war, war ihm bekannt, von meiner Familie mütterlicherseits wusste er nichts.
    Loriot war nach der Scheidung seiner Eltern, nicht lange vor dem frühen Tod seiner Mutter, als Vierjähriger mit seinem Bruder zu seiner Großmutter Margarete und Urgroßmutter Marie nach Berlin-Wilmersdorf in die Pariser Straße 55 gezogen. Dort lebte er mit den beiden älteren Damen, seine Großmutter war 52 und Offizierswitwe, ganz in der längst untergegangenen Welt des 19. Jahrhunderts, die fortan sein Fühlen so stark dominierte: »… da ich ja nun mit meiner Großmutter und Urgroßmutter in Berlin aufwuchs, interessierte ich mich besonders für das, was diese alten Damen noch irgendwo in der Wohnung rumliegen hatten, und das waren Bücher aus einer Zeit, in der mein Vater ein Kind war.«
    Ähnlich ging es mir. Schon während der beiden Scheidungen meiner Mutter, noch viel mehr aber nach ihrem ebenfalls frühen Tod war die stabilste Bezugsperson in meiner Familie meine Großmutter mütterlicherseits, Gertrud von Schack – sie wohnte unweit der Pariser Straße in Charlottenburg, war eine adlige Offizierswitwe und gerade mal zehn Jahre jünger als Loriots Großmutter, im Grunde derselbe Typus. Als Witwe eines deutlich älteren Mannes – mein Großvater war Jahrgang 1854 (!) – war auch sie ganz im 19. Jahrhundert verwurzelt. Die illustrierte Bibel von Schnorr von Carolsfeld, die Loriots kindliches Bild vom christlichen Glauben prägte – der liebe Gott mit Rauschebart –, stand auch bei meiner Großmutter im Regal. Wenn Loriot von seiner Kindheit sprach, hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie es in der Wohnung der beiden älteren Damen ausgesehen haben mag, ich musste mir nur die Wohnung meiner Großmutter vor Augen führen, in der noch der gerahmte Kaiser Wilhelm II. mit persönlicher Widmung an der Wand hing.
    Als ich eines Tages in seinem Bücherregal ein Regimentsbuch des kaiserlichen Alexanderregiments entdeckte und dies mit einem knappen »Ach, das Alexanderregiment …« quittierte, verfiel Loriot, wie er mir später sagte, in ungläubiges Staunen. Der linke Berliner Filmstudent mit dem klapprigen alten VW-Bully und der speckigen Lederjacke kannte das Leibregiment Seiner Majestät? Die Antwort war simpel: Mein Großvater hatte dort gedient.
    Und mein Erstaunen war umso größer, als Loriot sagte: »Meiner auch.« Wie sich herausstellte, waren die beiden Herren Offiziere gute Freunde gewesen, wobei mein Großvater der an Lebens- und Dienstjahren Ältere war. Als wir die Sache später weiterverfolgten, führten unsere Recherchen noch zu verblüffenden Entdeckungen.
    Loriot wurde für mich schon bald so etwas wie ein väterlicher Freund. Im Gegensatz zu meinem eigenen Vater, dermein Studium an der Filmakademie sehr kritisch sah, fühlte ich mich von Loriot professionell akzeptiert. Und ich wurde nicht wie irgendein x-beliebiger Mitarbeiter behandelt, sondern wie ein alter Bekannter, der selbstverständlich das Gästezimmer bezog. Eines Morgens klopfte er, um mich zu wecken, an meine Tür und imitierte die Zeitansage des Telefons: »Beim nächsten Ton des Zeitzeichens ist es 9 Uhr – piep!« Ich stand auf, schlich zur Tür und rief zurück: »Aufstehen!« Es ging wahrlich familiär zu.
    Nach dieser arbeitsreichen und gleichzeitig ferienhaft schönen Zeit durfte ich zum Abschied bei Elvira Ochoa in München noch einmal auf Karl Richters Cembalo spielen. Da ich in den zwei Wochen immer mal wieder auf Loriots leicht verstimmtem Klavier geübt

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