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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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während in Berlin immer wieder die Revolution ausgerufen wurde?
    Eines Nachmittags sprach ich mit Loriot auf der sonnenbeschienenen Terrasse bei Tee und Zwetschgendatschi über meine Zweifel. Und in gewisser Weise teilte er sie sogar. Er gestand, dass er in Ammerland eigentlich ein permanentes Feriengefühl habe und dass es nicht immer leicht sei, sich dort zur Arbeit zu zwingen. Vor allem aber dass er all das, das Haus, den Garten, nur als geliehen, nicht als selbstverständlich und schon gar nicht als dauerhaft empfinde. Wenn alles plötzlich weg gewesen wäre, hätte er das auch hingenommen.
    Der frühe Verlust der Mutter und seine Erfahrungen von Krieg und Not – er hatte den Zweiten Weltkrieg an der Ostfront erlebt, sein Bruder war noch kurz vor Kriegsende im März 1945 gefallen – hatten ihn gelehrt, dass es den Anspruch auf ein endgültiges Glück nicht gibt. Mit melancholisch-heiterer Gelassenheit erzählte er oft, dass er die Tatsache des Todesseiner Mutter – er war sechs – in der Annahme akzeptiert habe, dass alle Mütter sterben, wenn die Kinder sechs Jahre alt sind. Von da an habe er die Dinge einfach so hingenommen, wie sie kamen. Was ihn nicht davon abhielt, das Leben zu genießen und sich auch über Nebensächliches zu freuen. Unweit des Tisches stand auf der Terrasse ein großer Topf mit Kakteen. Wenn der Sommer warm war, blühten sie manchmal. Loriots Freude gerade auch an solchen Kleinigkeiten war bemerkenswert.
    Woher hatte er diese Haltung, über den Dingen zu stehen und die Wirklichkeit so unbestechlich distanziert beobachten zu können? Vielleicht von seinem Vater, von dem er sehr anrührend erzählte, dass der sich von den vierzig Mark, die bei der Währungsreform im Sommer 1948 jeder Deutsche bekam, nicht etwa etwas Vernünftiges gekauft hatte, sondern einen Zauberkasten, »das Sinnloseste, was man an diesem Tage wohl kaufen konnte«, aber in sofern eben doch nicht sinnlos, denn die Familie hatte ungeheuren Spaß daran, vor allem als die erste Zaubervorstellung gründlich in die Hose ging.
    Der erste Sketch, den wir schnitten, war »Gran Paradiso«. Es folgten das »Arbeiterinterview« und die »Bananenschale«. Sobald ein Sketch im Rohschnitt vorlag, fungierten die Familie und die Mitarbeiter des Studios als Testpublikum. Die spontanen Reaktionen waren uns wichtig, weil wir die Szenen zu oft gesehen hatten und uns schwertaten, noch zu lachen. Die kritischste Instanz war Loriots Frau Romi. Wir waren jedes Mal glücklich, wenn die Sketche ihrem strengen Urteil standhielten. Mich beruhigte vor allem, dass das »Arbeiterinterview« sowohl von der jüngeren Tochter Susanne als auch von Romi nicht als »Denunziation des Proletariats« verstanden wurde. Beide befanden, dass sich der Sketch eher gegen den Fernsehreporter richte, der das offensichtliche Leiden des Mannes mit der zähen Schinkenscheibe ignoriert und das Interview ungerührt fortsetzt.
    Es ist in Zeiten von Internet-Musik-Datenbanken schwer vorstellbar, mit welcher geradezu rührend anmutenden Mühe wir vorgingen, um passende Hintergrundmusiken für die schmierige Off-Stimme in »Gran Paradiso« zu suchen. Was uns vorschwebte, war eine Art mediterrane Fahrstuhlmusik, die den fiktiven Werbespot für die spanische Hotelanlage untermalen sollte. Um die Musik zu finden, gingen wir in ein kleines Kaufhaus in Starnberg und hörten in einer engen Vorführkabine einen Stapel von Vinylplatten durch, bis wir das Passende fanden: »Mantovani – Adios«. Auch für die »Bananenschale« wurden wir fündig: »Russ Conway – I’ve Never Been In Love Before«.
    Die Tonumspielung der Schallplatten fand nicht im Studio Loriot statt, sondern fünfhundert Meter weiter im Trickfilmstudio seines Freundes und Kollegen Manfred Schmidt, dem Schöpfer des legendären Detektivs Nick Knatterton. Die Knatterton-Comics waren eine der Lieblingslektüren meiner Kindheit, jetzt lernte ich den von mir so sehr bewunderten Manfred Schmidt mit seinem trockenen hanseatischen Humor persönlich kennen. »Haben Sie denn die alten Hefte noch?«, fragte mich ›M.Sch.‹ (so signierte er seine Werke). Ich verneinte, die Hefte waren bei einem meiner vielen Umzüge verloren gegangen. Daraufhin ging Manfred Schmidt zu einem Regal, zog eine Gesamtausgabe hervor, schrieb mir eine Widmung hinein und drückte mir das Buch in die Hand. In der folgenden Nacht schlief ich kaum. Nick Knatterton zog mich wieder in seinen Bann.
    Loriot war detailbesessen, er suchte immer nach der

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