Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
Vom Netzwerk:
geistert. Da in unserem Drehbuch ein alternder Filmstar und sein biederer Doppelgänger vorkamen, fragte ich Loriot, ob er bereit sei, die beiden Rollen zu übernehmen. Er las das Drehbuch und sagte zu, obwohl die Rollen von ihm verlangten, sich wieder einmal älter machen zu lassen – es drohte die Rückkehr der verhassten Opa-Hoppenstedt-Schrumpelmaske. Dass er dennoch zugesagt hat, werde ich ihm nie vergessen. Seine Szenen hatte er selbst bearbeitet, wofür wir ihm dankbar waren. Sie sind dadurch deutlich besser geworden.
    Vicco spielte »Max von Mayerling«, genannt »Der Göttliche«, einen ehemaligen Ufa-Filmstar, der an den Rollstuhl gefesselt ist, aber trotzdem immer noch hinter jedem Rock herpfeift. Seine Krankenschwester wurde, naheliegenderweise, Evelyn Hamann.
    Die zweite Rolle war der Rentner »Walter«. Dessen Frau, gespielt von der wunderbaren Edith Heerdegen in ihrer letzten Filmrolle, verehrt den »Göttlichen« über alle Maßen. In ihrer Vergötterung des Filmstars entgeht ihr jedoch, dass ihr Mann exakt genauso aussieht wie ihr Idol.
    Der Name des »Göttlichen« stammte aus Billy Wilders Film »Sunset Boulevard«. Wilders Kollege Erich von Stroheim spielt darin einen ehemaligen Filmregisseur namens Max von Mayerling, der am Ende seiner Tage als Butler im Hause der Stummfilmdiva Norma Desmond (Gloria Swanson) endet. In einer seiner bekanntesten Rollen, in Jean Renoirs »La Grande Illusion«, trug Stroheim ein Halskorsett. Auch Loriot wurde als Max von Mayerling in ein Halskorsett gezwängt. Die Figur des »Göttlichen« war eine Verbeugung von uns jungen Filmemachern vor den Altmeistern Stroheim, Renoir und Wilder.
    Für einen so großen Star (unser »Göttlicher« war der Protagonist in den von uns erfundenen Welterfolgen »Der schöne Scheich«, »Die letzte Attacke« und »Schluchten der Großstadt«) brauchten wir natürlich einen speziellen Rollstuhl, einen, der nach Hollywood aussah. Unsere armen Requisiteure bei der Bavaria legten uns alle nur erdenklichen Kataloge von Rollstühlen vor, aber weder die aufwendig elektrifizierten Modelle noch die modernistischen High-Tech-Sportversionen passten zu der Lichtgestalt des »Göttlichen«.
    Da erinnerte sich einer unserer Requisiteure daran, dass drei Jahre zuvor Billy Wilder in den Studios der Bavaria seinen Film »Fedora« gedreht hatte. »Fedora« ist in gewisser Hinsicht ein Remake von »Sunset Boulevard«, die Titelrolle war ursprünglich für Marlene Dietrich vorgesehen, die aber absagte, so dass Hildegard Knef den Part der alternden Diva übernahm. Die alte Fedora saß im Rollstuhl, einem Prachtstück mit einem Sitz aus poliertem Mahagoni, mit vernickelten Handgriffen und Samtpolstern. Und genau diesen Rollstuhl fanden die Requisiteure verstaubt in der hintersten Ecke ihres Fundus.
    Loriot bekam also als Max von Mayerling den Rollstuhl aus dem Remake von »Sunset Boulevard«, in dem sein Namenspatron aufgetreten war. Der Rollstuhl hätte nicht passender sein können.
    Der Dreh mit dem »Göttlichen« fand in der Lobby des Münchner Hilton-Hotels am Tucherpark statt. Wir kamen gut voran, Loriot ertrug klaglos die Maske und wartete geduldig und verschrumpelt auf seinen Auftritt.
    Vorher stand noch eine Szene an einem von uns in die Hotelhalle eingebauten Rezeptionstresen auf dem Drehplan. Weil unser Filmtresen keine Tür hatte, beugte ich mich über die Theke, um unserem Rezeptionschef mit einer Wasserpistole ein paar Tropfen Wasser ins Gesicht zu schießen. In der Einstellung vorher hatte ein Junge den Rezeptionschef beschossen, nun musste der Schauspieler anschlusstechnisch ein nasses Gesicht haben. Die Maskenbildnerin hatte aber keine Möglichkeit, die getürkte Rezeption zu betreten. Gerade als ich mich mit der – für unsere Zwecke extra schwarz angemalten – Wasserpistole zu dem Kollegen beugte, bekam ich einen fürchterlichen Schlag auf den Rücken, wurde auf den Tresen gedrückt und spürte, wie hinter mir, über unsere Kameraschienen stolpernd, eine Gruppe Menschen hindurchging. Ich wunderte mich kurz über die Ruppigkeit der Hilton-Gäste, dann drehten wir die Szene mit dem »Göttlichen«.
    »Schwester, es wird scharf geritten!«
    Zwei Stunden später kam die Polizei ans Set und unterbrach unsere Dreharbeiten: »Wir haben gehört, hier wird mit nicht angemeldeten Waffen hantiert?« Wir waren uns keiner Schuld bewusst, bis mir der Zwischenfall mit der Wasserpistole und dem ruppigen Gast einfiel. Der Gast entpuppte sich als ein

Weitere Kostenlose Bücher