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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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sich mit Liszts Musik düstere Erinnerungen: »Zu der Musik versanken in den Nazi-Wochenschauen immer die englischen Kriegsschiffe.« Tatsächlich hatten die Nazis einen Teil aus Liszts Showpiece zur »Russland-Fanfare« pervertiert und ab 1941 ihren Sondermeldungen des Oberkommandos der Wehrmacht in Radionachrichten und Wochenschauen vorangestellt.
    Genau auf diese Fortissimo-Stelle hatte es Loriot abgesehen. Kurz bevor sie erklang – der Heimdirigent holte gerade zur ganz großen Geste aus –, störte ein klingelndes Telefon den Mann. Er ging zum Plattenspieler, drehte die Lautstärke herunter, und die etwa hundert Musiker im Dunkeln spielten die berüchtigte »Russland-Fanfare« im Pianissimo, eine musikalische Glanzleistung mit tieferer Bedeutung.
    Zum Abschluss der Feier dirigierte Seiji Ozawa Leopold Mozarts »Kindersymphonie«. Alle Solisten des Abends wirkten hier noch einmal mit. Loriot stand neben Yehudi Menuhin und blies mit ihm in trauter Eintracht in zwei silbrig glänzende Plastik-Kindertröten, ein Bild für Götter. Die beiden sind sich später noch einmal in einer Talkshow von Thomas Gottschalk begegnet und haben sich ihrer größten gegenseitigen Hochachtung versichert.

    Menuhin hat übrigens während der Geburtstagsfeier den Anfang von Beethovens 5. Symphonie, auf dem Kopf stehend, mit den Füßen dirigiert. Loriot war begeistert, der gestrenge Chefdirigent Karajan hingegen, der an der Veranstaltung nicht teilnahm, konnte darüber gar nicht lachen.
    Die Beziehung zwischen Loriot und den Berliner Philharmonikern war innig und dauerhaft. 1992 wurde er Ehrenmitglied des Orchesters. Nachdem er 1999 in Berlin eine kleine Wohnung gekauft hatte und von da an öfter und länger in der Stadt war, hatten wir viel Gelegenheit, zusammen in der Philharmonie die schönsten Konzerte zu genießen.
    Mit dem Scharoun-Ensemble, einer Kammermusikformation aus Musikern des Orchesters, hat Loriot häufig seine Version von Camille Saint-Saëns’ »Karneval der Tiere« aufgeführt. Nach Loriots Tod, bei der Gedenkfeier im Berliner Renaissance-Theater, spielte das Scharoun-Ensemble Wagners »Siegfried-Idyll« und den »Karneval«. Loriots Texte sprach Gerd Wameling.

Report, Billy Wilder,
»Der Göttliche« & Der 60. Geburtstag
    Der Transformationsprozess, den ich vom Assistenten zum Freund Loriots durchlief, war langwierig. Franz Alt, der Leiter des Politmagazins »Report«, hatte im Wahljahr 1980 die Idee, am Ende einer jeden Sendung einen Loriot-Sketch zu zeigen. Das war überschaubar und als Dosis für eine nicht allzu harte Trennung genau das Richtige. Gedreht wurde in Baden-Baden, in kleinen Portionen, ohne nennenswerte Zwischenfälle oder Pannen. Zwei der drei Ehegespräche vom Kanzlerfest, »Aufbruch« und »Garderobe«, in denen es unter anderem um die Frage geht, welches Kleid die Gattin im Konzert anziehen solle, wurden für »Report« bearbeitet und recycelt. Von den Kleiderfarben kam man hier schnell auf die politischen Farben, wobei sich Loriot jeglicher öffentlicher Sympathiebekundungen für eine der Parteien immer streng enthielt. Ob die Sketche dazu beigetragen haben, dass Helmut Schmidt als Bundeskanzler bestätigt wurde, ist nicht bekannt.
    Mehr als die unspektakulären Dreharbeiten selbst ist mir ein Wochenendausflug in Erinnerung. Meine Freundin Claudia war zu Besuch in Baden-Baden, und wir unternahmen zusammen mit Vicco und Evelyn Hamann eine kleine Fresstour ins nahe Elsass. Das Abendessen gab es im »Aux Armes de France« in Ammerschwihr, wo wir gleich nach dem unfassbar guten Essen in einfachen kleinen Gästezimmern über dem Restaurant in die Betten fielen.
    Am nächsten Morgen kauften wir im Ladengeschäft des zugehörigen Weingutes mehrere Kisten köstlichen Elsässer Wein. Wir fragten den Weinverkäufer, wie viele Flaschen wir denn erlaubterweise nach Deutschland importieren dürften, noch gab es ja eine Grenze zwischen den beiden Ländern. »Wenn Sie gefragt werden, ob sie etwas zu verzollen haben, sagen Sie nur ›ein paar Fläschchen Wein‹, dann lässt man sie schon weiterfahren.«
    Mittags genossen wir ein weiteres Festmahl im »L’Auberge de l’Ill – Haeberlin« in Illhaeusern, mit reichlich Wein und anschließendem Schnaps. Haeberlin war übrigens der zweite Drei-Sterne-Koch überhaupt, nach dem legendären Paul Bocuse. Gut gelaunt stiegen wir nach dem Essen ins Auto.
    Weil wir uns wegen der Weinkisten im Kofferraum doch Sorgen machten, hatten wir uns extra einen abseits

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