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Der Gluecksmacher

Der Gluecksmacher

Titel: Der Gluecksmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Sautner
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sei Dank, seine Familie! Erleichtert atmete Dimsch aus, als er merkte, dass die Sache längst entschieden war. Epiktet wäre stolz auf ihn gewesen, lehrte der Grieche doch, dass schwierige Entscheidungen ganz einfach seien, es gelte lediglich, sich die Frage zu stellen, welcher Mensch man sein möchte, und dann seine Wahl zu treffen.
Kein lenksameres Ding gibt es als die Seele. In uns liegt beides, Untergang und Rettung.
    Allmählich begann Dimschs Verstand, ihn für seinen Entschluss zu belohnen. Völlig verrückt wäre es gewesen, das Heiligste aufs Spiel zu setzen für ein paar Stunden seichten Vergnügens. Dimsch griff sich an die Stirn. Der pure Wahnsinn, wie nahe er dran gewesen war, alles Lebensglück hinzuwerfen. Aber es war ja gut gegangen, er hatte richtig entschieden, verantwortungsvoll. Seine Erleichterung verband sich mit der Liebe für seine Familie und dem Stolz auf seine, wie er allen Ernstes meinte, ehrenhafte Haltung. Als all diese Eindrückeineinanderflossen, zerriss es Dimsch beinahe vor Glück. Es fühlte sich an wie eine Energie, die in Sekundenschnelle in ihn gefahren war, die ihn augenblicklich aufgeladen und größer gemacht hatte, kräftiger, prächtiger, schöner.

    Später, als Dimsch wieder der alte Dimsch war und nicht mehr derart aufgeblasen vor Glück, überlegte er, wie Eva es wohl aufnehmen werde, bemerkte sie seine Wandlung, seine neue Haltung, die freilich freundschaftlich sein würde, aber eben nur freundschaftlich.

    Eva Fischer war guter Laune, ihre Rabin hatte sie eben wieder besucht. Fein herausgeputzt hatte sie sich, mit dem Schnabel ihr Federkleid gesäubert. Bläulich glänzte es im Sonnenschein, als sie sich drehte wie im Tanz. Das konnte doch kein Zufall sein! Für wen sonst sollte die Rabin tanzen als für sie?
    »Wie klug du bist«, sagte Eva, formte die Worte ganz langsam, ganz deutlich, womöglich konnte die Rabin den Sinn ja von ihren Lippen ablesen. Vorsichtig stand sie auf, ging behutsam, ganz behutsam zum Fenster, ihre Schmeichelei wiederholend. »Wie klug du bist, Rabin.«
    Da neigte der Vogel tatsächlich den Kopf zur Seite, blickte sie mit seinen dunklen, funkelnden Augen an. Welch nette Geste, freute sich Eva, und es lief ihr ein Schauer über den Nacken. Ein wenig lächerlich kam sie sich schon vor bei der Idee, aber ihr Gefühl, ihre weibliche Intuition, sagte ihr, dass die Rabin sie soeben mit ihrem Blick ins Herz geschlossen hatte.

20
    Ärgerlich, dachte der Rabe. Er neigte den Kopf zur Seite, um wieder gut sehen zu können.
    Jedes Mal, wenn die Frau aufstand und näher kam, verlor die Glasfläche, die seine Gestalt so wunderbar widerspiegelte, an Schärfe. Ja, so ging es. Nun sah er sich wieder im Fenster. Der Rabe freute sich, drehte sich, fand sich schön. Es war ein Männchen.
    Ich nenne sie Renate, dachte Eva Fischer. Bedächtig wiederholte sie den Namen. »Re-na-te.« Ja, das war ein stolzer Name für eine Rabin, ein wenig altbacken womöglich, aber stolz.

    Zwei Stockwerke höher hatte Rainer Torberg eine Idee.
    »Wir müssen Dimsch einbinden«, sagte er zur Chefin. »Wenn uns dein Vater schon ein Trojanisches Pferd unterjubelt, sollten wir es zu unserem Pferd machen.« Er hatte den Satz eigens einstudiert, um Großburg zu beeindrucken. Die Mühe hatte sich gelohnt, sie nickte, und er erkannte an ihren Augen, dass sie beschlossen hatte, seiner Anregung zu folgen.
    »Und wie hast du dir das vorgestellt?« Irene Großburg fand die Idee bestechend, wollte sich ihre Zustimmung aber nicht zu rasch anmerken lassen. Torberg war zuletzt etwas
zu
wichtig für sie geworden, und es war höchste Zeit, als Gegengewicht Lara Lichtenfels wieder stärker ins Rampenlicht zu stellen.
    »Zwei Dinge sind entscheidend.« Er legte etwas Verschwörerisches in seine Stimme. »Erstens: Du musst für Dimsch emotional wichtiger werden als dein Vater. Und zweitens: Er muss von dir finanziell abhängiger werden als von deinem Vater.«
    Sie hasste es, wenn Torberg eine Idee nicht zu Ende brachte,lediglich den prächtigsten Teil davon vorführte, um auf seine Cleverness hinzuweisen. »Und weiter?« Sie machte eine sparsame Handbewegung, tat, als würde sie nebenbei die auf dem Tisch liegende Tabelle studieren.
    »Du gibst ihm einen wichtigen Titel und ein wichtiges Projekt. Allerdings nichts«, ihr PR- und Marketingleiter hob die Stimme, wodurch sie heiser, ja beinahe krächzend klang, »nichts, mit dem er uns gefährlich werden kann, nichts, mit dem er tatsächlich Einfluss

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