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Der Gluecksmacher

Der Gluecksmacher

Titel: Der Gluecksmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Sautner
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Frage zurück.
    »Wo steckst du?«
    »Hier, Chef. Hier herinnen, im Schiffsrumpf.«
    Im Schiffsrumpf. Natürlich, ein Schiffsrumpf. Dimsch strich mit der Hand über das glatte, rötlich schimmernde Holz. Gut fühlte es sich an.
    »Warte, Chef. Ich komm gleich raus. Einen Moment noch, bitte.« Die Stimme seines Mitarbeiters dröhnte aus dem Bauch des Schiffes, sie klang hohl und wellenweit.
    »Hallo, Chef.« Robert war hinter dem Schiffskörper aufgetaucht. Sein Gesicht strahlte, an seiner Stirn schien irgendeine Paste zu kleben. Er legte seine kräftigen Hände an die Reling. »Ist es nicht herrlich?«
    Dimsch nickte, er ließ seinen Blick vom Bug bis zum Heck gleiten, nickte nochmals und tätschelte das Holz.
    »Douglasie«, sagte Robert, »von der nordamerikanischen Westküste. Sind mächtige Bäume, bis zu siebzig Meter hoch und vier, fünf Meter im Durchmesser.« Er strich übers Holz, als sei es die samtene Haut seiner Liebsten. »Traumhafte Maserung, nicht wahr?«
    »Ja, schön. Wirklich schön. Ja. Aber Robert? Was machst du da?«
    »Ich bin dabei, die Ritzen zwischen den Planken mit Schiffspech auszuschmieren. Ist eine heikle Arbeit, die Masse muss vor der Verarbeitung in einem Wasserbad erwärmt werden.« Er wies mit einer Kopfbewegung zur Seite. Erst jetzt sah Dimsch das hohe Metallfass und den Gasbrenner in der Ecke des Büros. »Siebzig Grad muss das Pech haben, nur so bekommt es die richtige Konsistenz, und die Teeröle werden freigesetzt.«
    »Okay. Interessant. Aber ich meinte nicht, was du gerade machst, sondern was das hier sein soll.« Dimsch breitete die Arme aus. »Generell meine ich.«
    »Na, ein Schiff. Das sieht man doch. Sieht man das nicht?«
    »Freilich, ein Schiff. Aber das ist doch dein Büro, du kannst doch kein Schiff da reinsetzen.«
    »Chef, ich habe dir doch gesagt, dass ich an einem persönlichen Projekt arbeite. Und du hast es gutgeheißen. Erinnerst du dich nicht mehr?«
    »Doch.« Dimsch verdrehte die Augen. »Ja, stimmt schon.« Und nach einer kurzen Pause: »Wie heißt denn dein Schiff?«
    »Sabrina.« Roberts Stolz war von entwaffnender Art. Er beugte seinen mächtigen Oberkörper, so weit es ging, nach vorne und streckte den Arm aus. »Da, wo du jetzt stehst, kommt der Schriftzug hin.«
    Dimsch betrachtete die Stelle. Er wollte kein Spielverderber sein. »Und das wird also ein richtiges Schiff.«
    »Ganz genau. Einen Mast kriege ich freilich nicht drauf.« Er blickte nach oben. »Leider, dafür ist das Zimmer zu niedrig, auch wenn ich die Zwischendecke rausreißen würde.« Robert stocherte mit einer Holzlatte gegen einen der Styroporquader. Er kippte zur Seite und gab die Sicht auf dahinter verlegte Rohre frei. »Aber eine Kapitänskajüte hat Platz, die wird ein Hammer! Und freilich ein Steuerrad und eine Schiffsglocke.«
    Dimsch bemühte sich um einen interessierten Gesichtsausdruck, und weil ihm keine vernünftige Frage einfiel, ergänzte sein Mitarbeiter ungefragt: »Es wird nicht nur wasser-, sondern absolut seetauglich. Windstärke Sieben sollte überhaupt kein Problem sein.«
    Dimsch prüfte mit einem Blick, ob es ein Scherz gewesen war.
    War es nicht.
    »Und wie kriegst du das Ding aus dem Zimmer, raus aus der Versicherung?«
    »Gar nicht.« Robert schüttelte verwundert den Kopf. »Siehst du doch, Chef. Tür und Fenster sind viel zu eng. Wie sollte ich Sabrina da rauskriegen?« Er lachte und schüttelte erneut den Kopf.
    »Robert, kann es sein, dass du mich auf den Arm nimmst?«
    »Wieso, Chef?« Roberts Gesicht zeigte pure Verblüffung.
    »Robert, wenn du das Ding nicht rauskriegst, wieso muss es dann wassertauglich sein?«
    »Seetauglich.«
    »Gut. Seetauglich.«
    »Na, weil es ein richtiges Schiff sein soll, ein perfektes, richtiges Schiff.«
    »Das aber niemals«, Dimsch spürte eine leise Aggression hochkommen, »das nie, nie, nie Wasser sehen wird.«
    »Ja, stimmt schon, Chef.« Robert machte eine besänftigende Handbewegung. »Aber weißt du, Sebastian. Darum geht’s doch gar nicht. Es geht nicht darum, dass es unbedingt schwimmen muss.« Er blickte seinen Chef mit geradezu liebevollem Blick an. »Schau, die Alternative wäre gewesen, zu sagen, ich kann Sabrina aus Zeitgründen nirgendwo anders bauen als im Büro, und da ich sie aus dem Büro nicht rausbekomme, baue ich sie gar nicht.« Die Erklärung verursachte noch nicht die gewünschte Wirkung, also ergänzte Robert: »Ich habe so viel Freude während des Schiffbaus. Warum sollte ich sie mir mit der

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