Der Gluecksmacher
lächelnd an. »Alles Gute, Sebastian.«
»Dir auch alles Gute. Danke. Danke, Lara.«
Als Lara Lichtenfels die Tür hinter sich schloss, kam ein Prickeln über sie, dessen Wucht sie überrascht innehalten ließ. Wohin das wohl führen wird, dachte sie, und ihre Phantasie versorgte sie sogleich mit ein paar Möglichkeiten.
An diesem Tag passierte es Lara noch das ein oder andere Mal, dass sie – wie aus dem Nichts – eine pikante Idee überkam und heimlich damit einhergehend ein köstlich unanständiges Vergnügen.
Nachdem die Verkaufschefin sein Büro verlassen hatte, drückte Dimsch eine Taste, um den Ruhebetrieb des Computers aufzuheben. Eilig öffnete er ein Dokument, betitelte es mit
Konzept Glücksversicherung
. Sofort begann er mit der Niederschrift, seine Finger flogen über die Tastatur.
ZWEITER TEIL
1
Pengs Verlautbarung übte eine verstörende Wirkung auf die Belegschaft aus. Wenige Wochen, nachdem auf allen Sendern von der Öffnung Nordkoreas berichtet worden war, erzählte der Hausbote, den beinahe alle in der Secur AG für einen Chinesen gehalten hatten, dass er kündige, um zurück in die nordkoreanische Heimat zu gehen. Seine Familie besitze dort Stahlwerke, sein Urgroßvater habe sie gegründet, lange bevor sie vom kommunistischen Regime verstaatlicht worden seien. Da nun neue Verhältnisse herrschten, würde er zurückkehren. Die Familie habe beschlossen, dass er die Konzernleitung übernehmen solle.
Anfangs dachten alle an einen Scherz. Erst als Peng in lupenreinem Englisch seine Darlegungen wiederholte, öffneten sich Münder, die so schnell nicht mehr zugehen wollten, und Peng wurde Glauben geschenkt. Auf Dimschs Frage, weshalb er all die Jahre nie Englisch mit ihm gesprochen habe, setzte Peng sein Spitzbubengesicht auf und sagte: »Ig eule Splache wol lennen.«
Ungefähr 3000 Mitarbeiter hätten die Stahlwerke, genau wisse er es nicht. Aber der Marktwert liege Schätzungen westlicher Agenturen zufolge bei dem Dreifachen der Versicherung, plauderte Peng. Er schaffte es, dabei kaum zu grinsen.
Unbeliebt war Peng nie gewesen, aber seit kurzem war er beliebt, wirklich, wirklich beliebt. Quer durch die Versicherung begeisterten sich die Kollegen für ihn, wollten mit ihmins Gespräch kommen, Freunde werden noch rasch, bevor er nach China, nein Nordkorea, bevor er in seine Heimat abreisen würde. »Und wenn du eine Versicherung brauchst, einfach anrufen« – das war der gängigste Scherz der Kollegen, begleitet von der entsprechenden Handbewegung, als führten sie einen Hörer zum Ohr. Peng grinste dann nur und schüttelte den Kopf: »Nei. Nei nei.« Verspürte er Lust dazu, entgegnete er seinerseits mit einem Angebot. »Abel wenn du Stahl blauchen …«, und dann legte er mit leisem Klacken eine frisch gedruckte Visitenkarte auf den Tisch.
Peng-Steel
stand darauf. Da merkten die Menschen zum ersten Mal, dass Peng sein Nachname war, nicht sein Vorname, wie sie stets angenommen hatten. Die wenigen, denen es nicht zu peinlich war, fragten daraufhin nach seinem Vornamen, doch der erwies sich als schrecklich kompliziert und schwer auszusprechen. Also wurde Peng weiterhin Peng gerufen. Ein Umlernen zahlte sich ja auch nicht mehr aus.
»Gehst du zur Abschiedsfeier von Peng?« Eva steckte den Kopf in Dimschs Zimmer.
»Ja, sicher! Warte, ich komm gleich mit.«
Im Großraumbüro hatte sich bereits eine Menschentraube gebildet. Mitten im Gewühl stand Peng und kicherte. Es gab Sekt und belegte Brötchen. Dimsch kippte das erste Glas hinunter, stellte es sogleich wieder ab, um die Hand für das nächste frei zu bekommen. Das Firmenfest lief nach den üblichen Schemata ab. Die Alpha-Tiere gaben Lautstarkes zum Besten, das die umstehende Herde mit artigem Lachen untermalte. Pflichtbewusst auch wurde aus ihren Reihen das ein oder andere Stichwort gerufen, damit die Zirkusnummer nicht an Schwung einbüßte. Dimsch gönnte sich noch ein Gläschen Sekt. Und er dachte schon, die Feierlichkeit recht angenehmhinter sich bringen zu können, als er laut angesprochen wurde. Rainer Torberg war von der Toilette zurückgekehrt.
»Sebastian!« Torberg schlug ihm auf die Schulter.
Dimsch verschluckte sich am Sekt, den er eben noch lustig kitzelnd gegen seinen Gaumen hatte prickeln lassen.
»Wie geht’s unserem Glücksapostel?« Torberg rief es ausreichend laut, so dass es für die anderen als Signal gelten konnte, ein neues Grüppchen um sie zu bilden.
Längst war Dimschs Sonderprojekt in der Versicherung
Weitere Kostenlose Bücher