Der goldene Buddha
Weg machen.«
Er erteilte dem Computer einen Stimmbefehl, woraufhin die Winde anlief und den Anker vom Hafenboden hob. Das alles ging praktisch lautlos vonstatten, weil die Klüse inzwischen mit einer Teflonmanschette versehen worden war, um das Klirren der Kette zu dämpfen. Noch ein Befehl und die
Oregon
nahm langsame Fahrt auf.
Unten im Maschinenraum ließ Max Hanley die Anzeigen und Skalen seines riesigen Schaltpults nicht aus den Augen. Die vier großen magnetohydrodynamischen Motoren waren eine revolutionäre technische Entwicklung. Sie sammelten und verstärkten die natürliche Elektrizität des salzhaltigen Meerwassers und leiteten es dann durch eine magnetische Kernröhre, die mit flüssigem Helium auf den absoluten Nullpunkt heruntergekühlt war. Der erzeugte elektrische Strom trieb die mächtigen Schubdüsen im Achterschiff an.
Die Maschinen der
Oregon
waren nicht nur in der Lage, dem großen Frachtschiff eine unglaubliche Geschwindigkeit zu verleihen, sie benötigten zudem keinerlei Treibstoff, sondern lediglich das Meerwasser, das durch den Magnetkern strömte.
Diese Energiequelle war unerschöpflich. Außerdem konnte auf große Treibstofftanks verzichtet werden, so dass mehr Platz für andere Zwecke zur Verfügung stand.
Es gab auf der ganzen Welt nur vier andere Schiffe mit magnetohydrodynamischen Maschinen – drei Kreuzfahrtschiffe und einen Öltanker. Die Ingenieure, die den Antrieb der
Oregon
eingebaut hatten, waren zu absoluter Geheimhaltung verpflichtet worden.
Hanley hatte die Hightech-Maschinen zu seinem privaten Zuständigkeitsbereich erklärt. Zwar funktionierten sie zuverlässig und verursachten nur selten Probleme, doch er betrachtete sie als eine Art Erweiterung seiner selbst, wartete sie gewissenhaft und sorgte für eine konstante Einsatzbereitschaft, die langwierige Operationen unter teils drastischen Bedingungen ermöglichte. Nun verfolgte er, wie die Düsen sich automatisch einschalteten und das Schiff in die Fahrrinne schoben.
Oben in der Kommandozentrale glitt die gepanzerte Täfelung geräuschlos beiseite und gab ein großes Fenster im vorderen Rumpf frei. Die Männer und Frauen behielten aufmerksam die Lichter der Stadt im Blick und sprachen nur sehr leise miteinander, als könnten die kubanischen Soldaten in den Raketenstellungen sie hören.
Cabrillo entdeckte ein anderes Schiff, das soeben vor ihnen den Hafen verließ. »Wer ist das?«, fragte er.
Einer der Männer holte sich die Liste der Ankunfts- und Abfahrtszeiten auf den Computermonitor. »Ein unter chinesischer Flagge fahrender Frachter mit einer Ladung Zucker für Hangchou«, berichtete er. »Er sollte eigentlich erst in einer Stunde aufbrechen.«
»Der Name?«, fragte Cabrillo.
»Auf Englisch die
Red Dawn.
Die Schifffahrtslinie gehört der chinesischen Armee.«
»Lösche sämtliche Außenbeleuchtung, und erhöhe die Geschwindigkeit, bis wir uns dicht hinter dem vorausfahrenden Schiff befinden«, wies er den Computer an. »Wir benutzen es als Tarnung.« Die äußeren Deck- und Positionslichter gingen aus, so dass die
Oregon
sich in völliger Dunkelheit dem anderen Schiff näherte. Die Beleuchtung der Kommandozentrale wurde zu einem blaugrünen Schimmer gedämpft.
Als die
Red Dawn
die Fahrrinne erreichte und die erste der Markierungsbojen passierte, befand sich die verdunkelte
Oregon
nur fünfzig Meter hinter ihrem Heck, unmittelbar außerhalb des Lichtscheins der Deckbeleuchtung des chinesischen Frachters.
Es war ein riskantes Unterfangen, aber Cabrillo zählte darauf, dass man die Silhouette seines Schiffs für den Schatten der
Red Dawn
halten würde.
Er schaute auf die große Wanduhr über dem Fenster. Der lange Minutenzeiger sprang auf dreiundzwanzig Uhr neununddreißig um. Nur noch einundzwanzig Minuten bis zum Funktionstest der kubanischen Verteidigungssysteme.
»Diese Verfolgungsfahrt hält uns auf«, sagte Linda. »Wir verlieren kostbare Zeit.«
Cabrillo nickte. »Du hast Recht, wir können nicht länger warten. Die
Red Dawn
hat ihren Zweck erfüllt.« Er beugte sich vor und sprach in das Mikrofon des Computers: »Geh auf volle Fahrt voraus, und überhole das Schiff vor uns.«
Die Düsen im Heck der
Oregon
verwandelten das finstere Kielwasser in einen Wirbel aus Schaum und hinterließen eine tiefe Rinne. Der Bug hob sich über die Wellen, als würde jemand bei einem kleinen, hoch motorisierten Rennboot den Gashebel bis zum Anschlag schieben. Dann raste die
Oregon
in weniger als sechs Metern Abstand
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