Der goldene Buddha
vor ihm auf dem Tisch lag, würde er in mächtigen Schwierigkeiten stecken. Und wäre er nicht absolut überzeugt gewesen, einen Abnehmer für den goldenen Buddha finden zu können, hätte er sich große Sorgen gemacht.
Er riss den Zettel vom Block ab, zerkleinerte ihn sorgfältig und spülte die Fetzen in der Toilette herunter. Dann goss er sich ein halbes Glas Scotch ein, um seine zitternden Hände zu beruhigen. Spenser hatte sein ganzes Leben benötigt, um sich einen guten Ruf aufzubauen – falls sein Verbrechen bekannt wurde, wäre binnen Sekunden alles zunichte.
Geld und Gold verleiteten die Menschen zu merkwürdigen Handlungen.
Auf der anderen Seite des Erdballs und sechzehn Zeitzonen entfernt war es fast Mitternacht. Der Software-Milliardär aus dem Silicon Valley vertrieb sich die Zeit, indem er Änderungen an seiner neuesten Yacht vornahm. Das imposante einhundertsechs Meter lange Schiff war am Computer entworfen, konstruiert und verfeinert worden. Man konnte jedes Einzelteil markieren und verändern, bis hin zu den Schrauben, mit denen die dreißig Toilettenbecken am Boden verschraubt waren. Momentan spielte der Milliardär am Mobiliar und an den Polstern herum und ließ dabei seinem Ego freien Lauf.
Der Computer konnte ein holographisches Abbild von ihm erschaffen, das die Gäste im Salon auf dem Hauptdeck begrüßte.
Das war eine nette Spielerei, aber im Augenblick überlegte er, welche Schriftart sich am ehesten für sein Monogramm eignen würde. Es sollte in den Bezug aller Sofas und Sessel gewebt werden. Vor einigen Jahren hatte er sich einen kleinen britischen Adelstitel gekauft, zu dem auch ein Wappen gehörte, und so fügte er nun die gewählte Schrift in das Emblem ein und legte es über die Möbel.
Eine Miniaturfassung meines Gesichts wäre vielleicht besser,
dachte er.
Dann könnten die Leute auf meiner Visage sitzen.
Der Gedanke ließ ihn lächeln. Er lächelte immer noch, als sein philippinischer Diener das Zimmer betrat.
»Master«, sagte er langsam, »bitte verzeihen Sie die Störung, aber es hat jemand aus Übersee für Sie angerufen.«
»Wer denn?«, fragte er.
»Er sagt, er sei ein Freund des goldenen Dickerchens«, antwortete der Mann.
»Stellen Sie ihn durch«, sagte der Milliardär und grinste.
»Sofort.«
In Macau war es kurz vor sechzehn Uhr. Spenser wartete darauf, dass der Software-Milliardär an den Apparat kommen würde, und nestelte derweil an dem Stimmverzerrer herum, den er auf das Satellitentelefon gesteckt hatte. Er hatte das Gerät mit einer neuen Batterie versehen, und die kleine Leuchte blinkte grün, aber er fragte sich trotzdem, ob der Zerhacker wunschgemäß funktionieren würde.
»Yo«, sagte der Milliardär. »Was haben Sie anzubieten?«
»Sind Sie immer noch daran interessiert, den goldenen Buddha zu besitzen?«, fragte eine maschinell klingende Stimme.
»Sicher«, sagte der Milliardär und gab zur selben Zeit einige Befehle in den mit seinem Telefon verbundenen Computer ein, um den Effekt des Zerhackers auszugleichen.
»Aber nicht für zweihundert Millionen.«
»Ich habe …« – die Stimme des Mannes war verzerrt, aber dann vollbrachte der Computer ein kleines Wunder, und die Stimme wurde klar – »… an einen Preis von einhundert Millionen gedacht.«
Britischer Akzent, dachte der Software-Milliardär. Talbot hatte ihm erzählt, ein britischer Händler habe den Buddha ersteigert.
Eventuell war er im Auftrag eines ebenfalls britischen Kunden tätig geworden – aber das ergab keinen Sinn. Niemand würde etwas für zweihundert Millionen Dollar erwerben, um es ein paar Tage später für die Hälfte wieder zu verkaufen. Der Händler musste die Ware ausgetauscht haben – oder er bot eine Fälschung an.
»Woher soll ich wissen, dass Sie das echte Objekt verkaufen?«, fragte der Milliardär.
»Haben Sie jemanden, der Gold datieren kann?«, fragte Spenser.
»Ich kann jemanden auftreiben«, sagte der Milliardär.
»Dann schicke ich Ihnen einen Metallsplitter und füge eine Videokassette bei, auf der Sie sehen können, wie ich die Probe vom Sockel des Gegenstands entnehme. Das Gold des Buddha stammt aus …«
»Das weiß ich alles«, unterbrach ihn der Milliardär. »Wie werden Sie die Probe verschicken?«
»Noch heute Abend per FedEx«, sagte Spenser.
Der Milliardär nannte ihm eine Adresse. »In welcher Form möchten Sie bezahlt werden, sofern die Echtheit bestätigt wird?«
»Ich werde Ihnen ein Konto nennen, auf das Sie den Betrag
Weitere Kostenlose Bücher