Der goldene Buddha
müssen mir aber noch erläutern, wie wir die Chinesen dazu bewegen sollen, mein Heimatland so einfach in die Freiheit zu entlassen. Sie wissen, dass ich diesem Plan nicht zustimmen kann, falls es zu Blutvergießen kommt.«
»Der Präsident ist der Meinung, dass wir gemeinsam mit den Russen eine militärische Drohkulisse aufbauen können, um die Chinesen gewaltlos in die Knie zu zwingen. Deren Wirtschaft steckt derzeit in der Klemme – und die Kosten der Besetzung Ihres Landes werden immer erdrückender.«
»Demnach glauben Sie, dass ein finanzielles Motiv ausreichen wird?«, fragte der Dalai-Lama.
»Es könnte hilfreich sein, wenn Sie ihnen den goldenen Buddha anbieten würden«, sagte Overholt, der sich diesen Clou bis zuletzt aufgehoben hatte.
Der Dalai-Lama lächelte. »Sie sind ein guter Mensch, Langston, genau wie Ihr Vater, aber in diesem Fall liegen Ihnen falsche Informationen vor. Der goldene Buddha wurde gestohlen, als ich ins Ausland fliehen musste. Die Exilregierung kann nicht länger darüber verfügen.«
Über dem Horizont wurde endlich die Sonne sichtbar und tauchte die Tragflächen der Falcon in goldenes Licht. Hinten im Flugzeug bereitete ein Steward ein leichtes Frühstück aus Fruchtsaft und Muffins zu. Overholt musste nun seine Karten aufdecken.
»Die Vereinigten Staaten planen, den goldenen Buddha zu befreien«, sagte er. »Er dürfte sich innerhalb weniger Tage in unserem Besitz befinden.«
Das Lächeln des Dalai-Lama wurde zu einem breiten Grinsen.
»Ich muss gestehen, das sind wirklich überraschende Neuigkeiten. Jetzt wird mir klar, wieso Sie gemeinsam mit mir um die halbe Welt geflogen sind.«
Overholt lächelte und nickte. »Demnach glauben Sie, dass die Chinesen die Statue als Bezahlung akzeptieren, sofern gleichzeitig mit Krieg gedroht wird?«
Der Dalai-Lama schüttelte den Kopf. »Nein, mein CIA-Freund, das glaube ich nicht. Das wahre Geheimnis des goldenen Buddha liegt im Innern … ein Geheimnis, das die Chinesen teuer zu stehen kommen würde.«
10
Truitt fuhr auf der Avenida Dr. Mario Soares nach Westen und kam am Tausend-Zimmer-Hotel Lisboa sowie am Kasino vorbei. Rechter Hand ragte die Bank of China auf, ein rosafarbener Turm aus Granit und Glas, von dessen obersten Etagen aus man bis über die Grenze nach China hineinblicken konnte.
»Dafür, dass sie Antikapitalisten sind, haben sie eine hübsche Bank gebaut«, merkte Meadows leise an.
Niemand erwiderte etwas; die Szenerie war schlicht zu überwältigend. Das Zentrum von Macau stellte eine merkwürdige Mischung aus Neu und Alt dar, aus Europa und Asien, Tradition und Moderne. Truitt erreichte die Rua da Praia Grande und bog nach links ab.
»Ich habe gehört, das hier soll früher eine herrliche Strecke gewesen sein«, sagte Truitt. »Dann hat man angefangen, den Nam-Van-See zuzuschütten, um Land zu gewinnen.«
Überall am Straßenrand standen Baufahrzeuge, Zementmischer und Materialberge.
Nach einer Weile wurde die Straße zur Avenida da Republica und verlief entlang des Nam-Van-Sees.
»Das da ist die Residenz des Gouverneurs«, sagte Truitt und wies den Hügel hinauf. »Ich fahre den langen Weg rund um die Spitze der Halbinsel, damit ihr das Gelände seht. Der Hügel nördlich der Gouverneursresidenz heißt Penha. Das dort am Ende ist der Hügel Barra. Unser Ziel liegt zwischen den beiden, an einer Straße namens Estrada da Penha.«
Die Straße knickte nach links ab. Sie folgten der Steigung bis zur Estrada de D. Joao Paulino, bogen rechts und nach ein paar Metern erneut scharf rechts ab und gelangten auf die Estrada da Penha, die als geschwungenes U die Hügelspitze umfasste und dann wieder auf die Joao Paulino traf.
Der Kleinbus durchfuhr den Knick des U und befand sich auf halber Höhe der anderen Seite, als Truitt das Tempo verlangsamte. »Das ist es.«
»Es« war ein Anwesen, ein altes elegantes Gebäude, wie es der Familie eines Landadligen würdig gewesen wäre. Eine hohe efeubewachsene Mauer umgab das Grundstück, durchbrochen nur von einem schmiedeeisernen Tor. Auf dem ausgedehnten smaragdgrünen Rasen standen große, perfekt angeordnete Bäume, die vor vielen Generationen gepflanzt worden sein mussten. Als der Wagen vorbeifuhr, konnte man seitlich ein Krocketfeld erkennen. Weiter rechts, am Ende einer gepflasterten Zufahrt, sahen sie ein zweigeschossiges Garagengebäude, vor dem ein Bediensteter soeben eine Mercedes-Limousine einseifte.
Das Anwesen sah aus, als würde dort immer noch ein
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