Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
Vom Netzwerk:
Burschen im besten Weinen und Wehklagen um seinen Tod, siehe, da kam richtig mein Herr Schweineschneider anspaziert, um an mir seine Operation zu verrichten. Allein es ward ihm gesagt: »Alleweile läge ihnen die Sache nicht am Herzen; er möchte morgen wiederkommen, da könnte er den verdammten Esel, anstatt ihn zu kastrieren, auch wohl gar erwürgen, sie wollten ihm alle dabei helfen!«
    Solchergestalt ward meine Verschneidung auf den andern Tag verschoben. Wie aus Herzensfülle dankt' ich da nicht dem armen seligen Jungen für diese Galgenfrist, die er mir durch seinen Tod erworben! Meine Freude aber währte sehr kurz.
    Die Mutter des Burschen, ganz untröstlich über desselben Verlust, kam in völliger Trauer zu mir in den Stall geheult und geschrien; riß sich mit beiden Händen ihre grauen, mit Asche bedeckten Haare aus, zerschlug und zerkratzte sich die welken Brüste und rief:
    »Und die infame Bestie hier soll so ruhig stehen, die Nase in die Krippe hängen und nur für Ausfüllung ihres bodenlosen Wanstes besorgt sein? Nicht achten meines Jammers, nicht gedenken des schrecklichen Unglücks seines Führers? Soll wohl gar meines Alters, meiner Schwäche noch spotten und für seine Feigheit leer auszugehen glauben? Ja, sich unschuldig dünken, sich dem bösesten Gewissen zum Trotz, wie's alle Bösewichter machen, weißbrennen?
    Nein, bei allen Göttern! Du schändliches Vieh, Du könntest die beredtste Zunge erborgen und würdest nicht einmal ein Kind von Deiner Unschuld überzeugen! Konntest Du nicht mit Beißen, konntest Du nicht mit Hufschlägen den armen Jungen schützen? Ja, wie er noch lebte, da mochtest Du wohl Deine Hufe gegen ihn selbst spielen lassen; aber sie zu seiner Verteidigung gebrauchen – das konntest Du nicht! Hättest Du ihn wenigstens nur auf den Rücken genommen und wärst mit ihm davongerannt, und hättest ihn also aus den Händen des blutdürstigen Banditen gerettet! Aber so Deinen Bruder, Deinen Meister, Deinen Gefährten, Deinen Pflegevater im Stiche zu lassen und allein davonzulaufen! Du mußt nicht wissen, daß diejenigen, welche einem, der sich in Lebensgefahr befindet, Hilfe versagen, wie Totschläger behandelt werden, weil es in der Tat bübisch ist! Allein Du sollst Dich meines Verlustes nicht länger erfreuen, Mörder! Du sollst gleich fühlen, wie der Schmerz selbst den abgelebten Unglücklichen Jugendkräfte verleiht!«
    Mit diesen Worten machte sie sich die Hände frei, band sich ihren Gürtel ab und knüpfte und schnürte mir damit die Beine dicht und fest zusammen, so daß ich keins nur rühren konnte, geschweige ausschlagen. Und nun ergriff sie den Baum, womit die Stalltüre zugestemmt wurde, und hörte auch nicht auf, mich damit zu bleuen, bevor sie nicht alle Kräfte verließen und der Bleuel, vermöge seiner eigenen Schwere, ihr aus den Händen sank.
    Böse, daß die Arme ihr so bald versagten, lief sie zum Feuerherde, holte einen lebendigen Feuerbrand und begann mein Gemächte zu braten. In der äußersten Not wußt ich mir nicht anders zu helfen, als ich spritzte hintenheraus ihr dermaßen ins Gesicht, daß sie kein Auge mehr auftun noch vor Gestank bleiben konnte, und ich also das Verderben von mir abwendete; sonst wäre ich armes Eselein wirklich, gleich dem Meleager durch den Feuerbrand der rasenden Althäa, ums Leben gekommen.
    * * *

Achtes Buch
    Gegen das Hahnengeschrei kam ein Bursche aus der Stadt, ich hielt ihn für einen von den Leuten Charitens, der Dame, welche mit mir bei den Räubern gleiche Trübsal erlitten hatte. Er setzte sich zu den Knechten ans Feuer und erzählte denselben folgende wunderbare und traurige Geschichte von ihrem Tode und dem Unglücke ihrer ganzen Familie.
    »Ihr Hüter der Pferde, Schafe und Rinder,« hub er an, »die unglückliche Charite ist nicht mehr! Ein schrecklicher Zufall hat sie uns entrissen! Doch ist sie nicht ohne Geleite von hinnen gegangen; aber Ihr müßt alles wissen! Ich will die ganze Begebenheit von Anfang erzählen! sie wäre wert, von gelehrten Händen niedergeschrieben und für die Nachwelt aufbehalten zu werden.
    In der Stadt war ein junger Ritter von sehr edler Abkunft und großem Vermögen, mit Namen Thrasyll. Schmausen, Buhlen, Zechen war sein Geschäft, Gauner seine Gesellschaft, und Menschenblut hatte schon mehrmals seine Hände befleckt. So wahr dies alles, so bekannt war es auch. Gleichwohl war er einer der Eifrigsten, die sich um Charitens Hand bewarben, als diese mannbar geworden.
    Von allen

Weitere Kostenlose Bücher