Der goldene Greif
das Pro b lem gar nicht erst entstanden!“
Widerwillig mußte sich Konias eingestehen, daß Lardar von seinem Standpunkt aus Recht hatte. Konias hatte sich damals in der Euphorie des schnellen Erfolges seiner Intrige mit der Meldung vom Absturz Raigos in den Abgrund zufriedengegeben. Da auch kein weiteres L e benszeichen von ihm kam, hatte er sich sicher gefühlt und die Wahrheit der Meldung nicht nachprüfen lassen. Das war eine verhängnisvolle Nachlässigkeit gewesen, die sich nun bi t ter rächte. Daher schwieg er zu Lardars Vorwurf, und dieser bemerkte, daß er Oberwasser bekam.
„Außerdem habe ich durch meine „Jagd nach Weibern und eitlen Vergnügungen“, wie du es nennst, weitere wichtige Informationen erhalten“, sagte er hämisch. „E i nes meiner kleinen Abenteuer hat nämlich herausgefunden, wohin Raigo gehen wird. So können wir ihm folgen und ihn diesmal endgültig zum Schweigen bringen.“
„Du weißt, wohin er geht?“ fragte Konias erstaunt und froh, von dem für ihn una n genehmen Thema ablenken zu können. „Das ist mehr, als ich zu hoffen wagte, mein Sohn. Erzähl mir rasch, was du weißt, denn wir haben keine Zeit zu verlieren, wenn wir Raigos noch habhaft werden wollen, solange er noch in Reichweite ist.“
„Er reitet in die Berge zum Thron der Götter, um das Orakel zu befragen“, antwort e te Lardar. „Der Weg dorthin führt durch unwirtliche und einsame Gegenden, wie ich gehört habe. Dort sollte sich wohl die Möglichkeit finden lassen, ihm einen Hi n terhalt zu legen.“
Konias schüttelte ärgerlich den Kopf. „Wann beginnst du eigentlich einmal nachz u denken, bevor du etwas sagst?“ grollte er. „Hast du nicht eben selbst gesagt, daß er Neskon ist? Wie kannst du ihm einen Hinterhalt legen wollen, wenn sein Schwert ihm jede Gefahr ankündigt? Nein, wir können ihm nur im offenen Kampf und mit großer Mehrheit beikommen, wo ihm weder seine eigene Gewandtheit noch die Hi l fe dieses verdammten Adlers etwas nützt.
Höre darum meinen Plan: Du wirst mit zwanzig der besten Kämpfer Raigo nachre i ten. Haltet euch im Abstand, bis ihr unbewohntes Gebiet erreicht. Dort holt ihr ihn ein, umzingelt ihn und macht ihn nieder. Ich gebe dir Warson und sechs meiner besten Bogenschützen mit, die sich um den Vogel kümmern sollen. Überlaß Warson die Führung des Kampfes. Er versteht mehr davon als du. Und vernichte das si n gende Schwert, hörst du? Nicht, daß du es aus Eitelkeit mitbringst und es zum Ve r räter unserer Tat wird!
Bei dem Kampf mit Raigo werden wohl schon einige Männer fallen. Aber auch die anderen dürfen nicht zurückkehren, um von der Tat berichten zu können, das wird dir wohl klar sein. Ich werde dir ein schnellwirkendes Gift mitgeben, daß du ihnen nach dem Kampf in den Wein schüttest. Die Leichen mußt du dann allein irgendwo verbergen, damit alle Spuren beseitigt werden. Du wirst also einiges zu tun b e kommen.
Ich selbst werde mit dem Rest der Leute zurück nach Ruwaria gehen. Damit ni e mand sich um deine und der Männer Abwesenheit Gedanken macht, werde ich verbreiten, du seiest in ihrer Begleitung nach Mindorien geritten, um dich dort um die Hand der Tochter des Grafen Gerowin zu bewerben, die sehr schön sein soll. Wenn du dann allein zurückkommst, wirst du erzählen, ihr wärest unterwegs von Räubern überfallen worden, die alle deine Männer u m gebracht und dich verschleppt hätten, um Lösegeld zu erpressen. Du aber hättest aus ihrer Gefangenschaft en t kommen können. Diese Geschichte wird uns jeder abnehmen, denn die Wälder Mindoriens wimmeln von Räuberbanden. In der Zwischenzeit werde ich den Krieg gegen Imaran vorbereiten, denn die Beleidigung, daß man meinen Sohn aus dem Lande getrieben hat, kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich will Imaran unter meine Herrschaft bekommen - wenn nicht durch deine Heirat mit Coriane und das anschließende Beseitigen des Thronfolgers, dann eben durch Krieg!“
Lardar schaute seinen Vater mit mißgünstiger Bewunderung an. Er mußte zugeben, daß dieser Plan perfekt war. Niemand würde die Wahrheit erfahren, denn es würde heißen, Ra i go sei ein Opfer des Orakels geworden, wenn er nicht zurückkehrte.
Konias spürte Lardars Bewunderung und lächelte verächtlich.
„Hättest du auch nur etwas von mir geerbt, hätte dir das auch selbst einfallen können“, mei n te er abfällig. „Somit hoffe ich, daß ich mich wenigstens bei der Durc h führung des Plans auf
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