Der goldene Greif
Lebensmüde würden sich in das Gebiet der wilden Bergvö l ker wagen. Ihr reitet doch gewiß nach Sepinkora, obwohl ich mir kaum denken kann, was ein Herr wie Ihr dort will.“
Raigo sah keine Veranlassung, dem Mann von seinem Vorhaben zu erzählen, und so ließ er ihn in dem Glauben.
Am nächsten Morgen machte sich Raigo früh wieder auf den Weg. Als die Sonne im Mittag stand, sah er in der Ferne den Wald, von dem der Bauer erzählt hatte. Als er sich dem Wald näherte, gab sein Schwert Handur plötzlich einen leisen Ton von sich, der bald zum hellen Klingen anwuchs. Raigo erstarrte! Gefahr war in der N ä he!.
Und wirklich - vor ihm aus dem Wald löste sich eine große Schar Reiter, die in wildem G a lopp auf ihn zugestürmt kam. Raigo sah sofort, daß er dieser Übermacht nicht gewachsen war. Er wendete Ahath und wollte zurückfliehen. Doch auch aus dieser Richtung jagte ein Trupp Reiter heran, der sich schnell näherte. Entschlossen wandte sich Raigo seitwärts. Er war gewiß, daß Ahaths Schnelligkeit ihn seinen A n greifern rasch entziehen würde. Doch die Verfolger hatten Raigos Manöver vorausgesehen und versuchten, ihm den Weg abz u schneiden. Ahath aber flog wie ein Sturmwind zwischen den beiden Flanken der Angreifer hindurch. Schon hatte er einen guten Vorsprung gewonnen, als ein Pfeil das Pferd in die Hinterhand traf.
Ahath ließ ein schmerzvolles Wiehern hören. Zwar lief er weiter, aber seine Schne l ligkeit schien nachzulassen. Raigo wußte nicht, wie lange das Tier dieses mörder i sche Rennen mit der Verletzung durchstehen konnte. Auch befürchtete er weitere Pfeilschüsse, doch es fol g ten keine. Wahrscheinlich ermöglichte der rasende Galopp kein genaues Zielen.
Ahath wurde immer langsamer. Verzweifelt sah Raigo sich um. Zwar waren die Ve r folger noch weit zurück, aber es war nur eine Frage der Zeit, wann das verwundete Pferd nicht mehr weiter konnte. Raigo gab sich keinen Illusionen hin. Diesen Kampf zu gewinnen, war aussichtslos. Er konnte nur sein Leben so teuer wie möglich ve r kaufen.
Da schoß Raigo ein Gedanke durch den Kopf. Phägor! Hatte der Greif nicht gesagt, er solle ihn rufen, wenn er in Gefahr sei? Doch wie sollte Phägor so schnell hier sein können, wie seine Hilfe gebraucht wurde? Aber Raigo wußte keinen anderen Au s weg. Wenn Phägor auch zu spät kam, so konnte er doch vielleicht seinen Tod r ä chen. Laut rief er daher den Namen des Greifen, während Ahath mit letzter A n strengung weiterhastete.
Argin hatte sich bei der Annäherung der Feinde in die Lüfte geschwungen und b e obachtete aus sicherer Entfernung die Reiter. Doch nun begann Ahath zu lahmen. Der Pfeil steckte noch in der Wunde, und Raigo hatte ihn nicht erreichen können. Das verletzte Tier machte verzweifelte Anstrengungen, schneller vorwärts zu ko m men, doch die Schmerzen zwangen es schließlich stehenzubleiben.
Sofort sprang Raigo aus dem Sattel. Rasch sah er nach der Wunde, doch er konnte den Pfeil so schnell nicht herausziehen. Er steckte zu tief.
Raigo zog sein Schwert. Noch konnte er die Gesichter der Verfolger nicht erkennen, als A r gin eine schrillen Schrei ausstieß. Raigo schaute hoch und erbebte vor Freude. Schnell a n wachsend zeichneten sich gegen die Sonne riesige Schwingen ab, und dann konnte Raigo den schlanken Löwenleib erkennen, dessen goldenes Fell im Licht erglänzte - Phägor hatte den Ruf gehört!
Jauchzend vor Freude und Kampflust warf sich Raigo den ersten Angreifern entg e gen, die ihn jetzt erreicht hatten. Jetzt erkannte er auch Lardar, und sein Grimm steigerte sich ins Unermeßliche.
Dieser feige Schuft! Um seine Niederlage zu rächen, schämte er sich nicht, seinen Gegner mit zwanzigfacher Übermacht niedermetzeln zu lassen. Doch so leicht sol l te ihm das nicht werden, dafür würde Phägor schon sorgen!
Lardar hatte das beste Pferd, und so war er, dicht gefolgt von Warson, als Erster bei Raigo angelangt. Zwar hatte Warson den Prinzen zurückhalten wollen, bis die anderen sie eing e holt hatten, aber Lardar wollte nicht auf ihn hören. Sein Haß auf Raigo war so groß, daß er unvorsichtig wurde.
Schon kreuzte Raigo mit ihm die Klinge, als Phägor und Argin aus dem Himmel herabstür z ten. Blankes Entsetzen überfiel die Männer, als das riesige Wesen sie angriff. Die Boge n schützen ließen ihre Waffen fallen und versuchten, sich mit erhob e nen Armen gegen die scharfen Schnäbel und Krallen zu schützen, die blutige Wunden rissen, wo sie sich ins
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