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Der goldene Kelch

Der goldene Kelch

Titel: Der goldene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloise Jarvis McGraw
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kaufen, wie er wollte. Wie sollte er aber an dieses Gold kommen, so, wie er aufwuchs – als unwissender kleiner Gehilfe. Ach, irgendwoher würde er schon das nötige Gold bekommen. Vielleicht würde er es einfach finden. Manche Leute hatten schon Gold gefunden, in den Felsspalten der Wüstenberge oder im Fundament eines alten Hauses, wo es einst jemand versteckt hatte, der längst tot und vergessen war.
    Genau! Das war’s! Er würde Gold finden! Ranofer schloss lächelnd die Augen und sah kleine Goldbarren, die reihenweise die Wände einer Höhle säumten, einer geheimen Höhle, die nur er kannte. Jede Woche würde er Gebu einen Barren bringen und er würde nie wieder Prügel beziehen! Oder – nein! – es gäbe gar keinen Gebu mehr! Ranofer, Sohn des Thutra, hätte sein eigenes Haus. Er würde sich frischen Salzfisch kaufen, Milch, Linsen und Honigkuchen, ganz, ganz viele Honigkuchen! Die Götter würden ihm zulächeln, und Osiris, der Barmherzige, würde mit dem Wind zu ihm sprechen, ihn leiten und alles zum Guten wenden. Aber am besten war, dass er aus den Goldbarren seine eigenen Entwürfe schmieden konnte: eine große Schale mit einem eingelegten Schilfmuster aus Silberdraht; ein Kohl -Töpfchen mit einem Klappdeckel in Form eines Augenlids, ein Armreif, vielleicht auch zwei… Und die Form der Armreifen? Schlangen mit Augen aus Granatsteinen? Oder besser Lilien, deren kräftige Stängel sich um den Arm rankten? Ja, Lilien. Lilien, die schöner waren als der Mond, Lilien, die ganz Theben bewundern würde! Auch Djau, der Meister, würde sie sehen. Djau würde sie dem Pharao bringen, der Pharao würde sie ihm sofort für viele, viele Deben abkaufen, und der Ruhm Ranofers, des Goldschmieds, würde sich übers ganze Schwarze Land ausbreiten. Er würde Schüler ausbilden wie Djau, aber nur die begabtesten, und er würde –
    Es klopfte ans Tor. Ranofer fuhr auf. Benommen starrte er in den stillen Hof. Die Sterne waren inzwischen aufgegangen und beleuchteten den schäbigen Hof, die mit Abfällen übersäten Steinplatten und den abgeblätterten Putz an den Mauern. Seufzend rappelte er sich auf und ging zum Tor.
    Kaum hatte Ranofer den Riegel zurückgeschoben, wurde das Tor auch schon mit solcher Gewalt aufgestoßen, dass er fast umgefallen wäre. Er rieb seine schmerzenden Rippen und blinzelte ärgerlich in den Schein einer Fackel.
    „Wo ist der Steinmetz?“, brummte jemand mit heiserer Stimme.
    Es war Setma, der Nilschiffer. Ranofer erkannte ihn an der charakteristischen Mischung aus Flussgestank und Gerstenbierdunst, die ihn umgab. Er nickte in Richtung Stiege: „Da oben.“
    Er rauschte an Ranofer vorbei und stolperte über den Hof; dabei ließ er fast seine Fackel fallen. Hinter ihm kam ein großer, buckliger Mann in einem schwarzen Umhang, der an ihm runterhing wie schlaffe Flügel. Es war Wenamun, der Maurer. Im Gegensatz zum Fluss-Schiffer war Wenamun nicht betrunken, trotzdem wich Ranofer automatisch vor ihm zurück. Wenamun blieb stehen, starrte den Jungen einen Moment lang mit funkelnden blauen Augen an und folgte dem Schiffer so leise wie ein Khefti zur Stiege.
    Schaudernd verriegelte Ranofer das Tor und ging zurück zu seiner Matte. Gebu war schon schlimm genug, aber seine Freunde waren weitaus schlimmer! Ranofer war sich seit langem sicher, dass Wenamun den bösen Blick hatte. Aufgeregt griff er nach seinem Amulett. Hoffentlich hatte es ihn beschützt, obwohl es gegen den bösen Blick nichts ausrichten konnte. Das konnte nur das Udjat, ein Amulett in Form des Horusauges. Er besaß nur ein grün glasiertes Ankh, den Lebensschlüssel, der aussah wie ein Sandalenriemen. Er trug es mit sieben Knoten am Handgelenk, damit seine Seele im Körper blieb. Er konnte sich noch gut an den alten Zauberer erinnern, von dem es sein Vater gekauft hatte, und auch daran, wie sicher er sich gefühlt hatte, als er es ihm ums Handgelenk band, damit sein Ka nicht entweichen konnte. Das Ankh hielt zwar seine Seele im Körper fest, aber vor vielen anderen Dingen hatte es ihn nicht beschützt. Nicht vor Gebu, nicht vor den Schlägen und nicht vor dem Hunger. Nicht vor Ibni und seinen vermaledeiten Weinschläuchen!
    Ranofer drehte sich auf den Rücken und versuchte, seine Gedanken wieder auf die geheime Höhle mit den Goldbarren zu lenken, aber die kleinen Barren verwandelten sich in seiner Vorstellung immer wieder in Weinschläuche oder Brotfladen, die verschwanden, sobald er versuchte, nach ihnen zu greifen. Sein Magen

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