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Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass

Titel: Der Goldene Kompass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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ihr Dæmon aus unserem Schlafzimmer«, flüsterte Pantalaimon Lyra ins Ohr. »Er hat spioniert. Sicher hat er das Alethiometer entdeckt!«
    Wahrscheinlich hatte er recht, aber Lyra konnte nichts daran ändern. Was hatte der Professor über die Gobbler gesagt? Sie sah sich suchend nach ihm um, aber in dem Augenblick, in dem sie ihn entdeckte, traten der Pförtner, der für den Abend die Uniform eines Bediensteten angelegt hatte, und ein anderer Mann auf ihn zu, klopften ihm auf die Schulter und sagten leise etwas, worauf er bleich wurde und ihnen nach draußen folgte. Das Ganze dauerte nicht länger als ein paar Sekunden und ging so diskret vonstatten, daß fast niemand es bemerkte. Nur Lyra fühlte sich wie ertappt und hatte auf einmal Angst.
    Sie schlenderte durch die beiden Räume, in denen gefeiert wurde, hörte mit einem Ohr den Gesprächen zu, stellte sich den Geschmack der Cocktails vor, von denen sie nicht kosten durfte, und wurde immer unruhiger. Sie merkte nicht, daß sie beobachtet wurde, bis plötzlich der Pförtner neben ihr stand und sie ansprach.
    »Miss Lyra, der Herr am Feuer würde gern mit Ihnen sprechen. Für den Fall, daß Sie ihn nicht kennen: Es handelt sich um Lord Boreal.«
    Lyra sah in die angegebene Richtung. Der kraftvoll wirkende, grauhaarige Mann sah zu ihr her, und als sich ihre Blicke trafen, nickte er und winkte.
    Zögernd, aber neugierig, ging sie hinüber.
    »Guten Abend, Kind«, sagte er. Seine Stimme war glatt und befehlsgewohnt. Der geschuppte Kopf und die smaragdgrünen Augen seines Schlangendæmons glänzten im Licht der Lampe aus geschliffenem Glas an der Wand.
    »Guten Abend«, sagte Lyra.
    »Wie geht es meinem alten Freund, dem Rektor von Jordan?«
    »Sehr gut, danke.«
    »Dort waren wahrscheinlich alle traurig, daß du gehen mußtest.«
    »Ja, stimmt.«
    »Und bei Mrs. Coulter hast du viel zu tun? Was lernst du denn bei ihr?«
    Weil Lyra in rebellischer Stimmung war und sich unbehaglich fühlte, beantwortete sie die gönnerhafte Frage nicht mit der Wahrheit oder einer ihrer sonstigen phantasievollen Ausführungen. Statt dessen sagte sie: »Ich lerne, was Rusakow-Teilchen sind und was die Oblations-Behörde ist.«
    Er sah sie plötzlich scharf an, so wie man eine anbarische Lampe scharfstellte. Seine ganze Aufmerksamkeit strömte mit größter Intensität auf sie ein.
    »Vielleicht erzählst du mir, was du weißt«, sagte er. »Im Norden führen sie Experimente durch«, sagte Lyra, der jetzt alles egal war. »Wie Dr. Grumman.«
    »Weiter.«
    »Es gibt eine besondere Art von Photogramm, auf der man den Staub sieht, und bei einem Erwachsenen sieht man, wie das ganze Licht auf ihn herunterkommt, und bei einem Kind kommt gar nichts. Zumindest nicht soviel.«
    »Hat Mrs. Coulter dir ein solches Bild gezeigt?«
    Lyra zögerte, denn hier ging es nicht um Lügen, sondern etwas anderes, mit dem sie keine Erfahrung hatte.
    »Nein«, sagte sie nach einem Moment. »Ich habe in Jordan College ein Bild gesehen.«
    »Wer hat es dir gezeigt?«
    »Richtig gezeigt hat er es mir nicht«, überlegte Lyra. »Ich kam zufällig vorbei und sah es. Und dann wurde mein Freund Roger von der Oblations-Behörde entführt. Aber…«
    »Wer hat dir das Bild gezeigt?«
    »Mein Onkel Asriel.«
    »Wann?«
    »Als er das letzte Mal in Jordan College war.«
    »Aha. Was hast du sonst noch gelernt? Hast du nicht soeben von der Oblations-Behörde gesprochen?«
    »Ja. Aber davon habe ich nicht von ihm gehört, sondern hier.« Was ja auch stimmte, dachte sie.
    Er fixierte sie scharf. Sie starrte in aller Unschuld zurück. Schließlich nickte er.
    »Offensichtlich ist Mrs. Coulter zu dem Schluß gelangt, daß du ihr bei dieser Arbeit schon helfen kannst. Interessant. Hast du schon einmal daran teilgenommen?«
    »Nein«, sagte Lyra. Wovon redete er? Pantalaimon hatte klugerweise die Gestalt einer Motte angenommen, in der sein Gesicht nichts ausdrückte und Lyras Gefühle nicht verraten konnte, und Lyra selbst war überzeugt, daß sie ihre unschuldige Miene durchhalten würde.
    »Und hat sie gesagt, was mit den Kindern passiert?«
    »Nein, das nicht. Ich weiß nur, daß es mit Staub zu tun hat und daß sie eine Art Opfer sind.«
    Auch das war strenggenommen keine Lüge, dachte sie; sie hatte schließlich nicht behauptet, Mrs. Coulter habe ihr das selbst gesagt.
    »Opfer ist eine sehr dramatische Formulierung. Es geschieht schließlich nicht nur zu unserem, sondern auch zu ihrem eigenen Nutzen. Und natürlich kommen alle

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