Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass

Titel: Der Goldene Kompass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
Vom Netzwerk:
— unbedingt!«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte er. »Ich weiß, wieviel dir daran liegt, in den Norden zu fahren, aber ich bin überzeugt, daß nicht einmal Mrs. Coulter dich dorthin mitgenommen hätte. Wenn du den Norden sehen willst, warte, bis der ganze Ärger vorbei ist. Jetzt fort mit dir.«
    Pantalaimon fauchte leise, aber da schwang sich der Dæmon John Faas, der auf dessen Stuhllehne gesessen hatte, in die Luft und flog ihnen mit ausgebreiteten schwarzen Schwingen entgegen — nicht drohend, sondern als Ermahnung, sich gefälligst zu benehmen. Die Krähe flog über Lyras Kopf, und als sie kehrt machte, um zu John Faa zurückzukehren, drehte auch Lyra sich um. Hinter ihr fiel die Tür mit einem endgültigen Schnappen ins Schloß.
    »Und wir kommen doch mit«, sagte sie zu Pantalaimon. »Sollen sie doch versuchen, uns aufzuhalten. Wir kommen mit!«

Die Spione
     
     
    Während der nächsten Tage schmiedete Lyra ein Dutzend Pläne, verwarf sie aber ungeduldig sofort wieder, da sie alle darauf hinausliefen, daß sie sich als blinder Passagier an Bord schlich, und wie sollte sie es anstellen, auf einem kleinen Boot unentdeckt zu bleiben? Natürlich, die eigentliche Seereise würde auf einem richtigen Schiff stattfinden; und Lyra kannte aus zahlreichen Geschichten alle möglichen Verstecke auf einem solchen Schiff, etwa die Rettungsboote, den Laderaum oder den Kielraum; aber zuerst mußte sie zum Schiff gelangen, und aus den Fens kam man nur heraus, wenn man reiste wie die Gypter: mit dem Boot.
    Und selbst wenn sie die Küste auf eigene Faust erreichte, konnte es immer noch passieren, daß sie sich auf dem falschen Schiff versteckte. Das wäre eine schöne Überraschung, wenn sie sich in einem Rettungsboot verstecken und auf dem Weg nach Hochbrasilien aufwachen würde.
    Um sie herum waren inzwischen Tag und Nacht die Expeditionsvorbereitungen in Gang, was ihre Qualen noch steigerte. Lyra sah Adam Stefanski bei der Auswahl der Freiwilligen für die Kampftruppe zu, und sie bombardierte Roger van Poppel mit Vorschlägen, welche Vorräte unbedingt mitzunehmen seien: Hatte er auch an Schneebrillen gedacht? Wußte er, in welchem Laden man die besten Karten der Arktis bekam?
    Der Mann, dem sie am liebsten geholfen hätte, war Benjamin de Ruyter, der Spion. Er war allerdings am Morgen nach dem zweiten Thing in aller Frühe verschwunden, und natürlich wußte keiner, wohin er gegangen war und wann er zurückkehren würde. Lyra heftete sich also an Farder Corams Fersen.
    »Ich glaube, es ist das Beste, wenn ich Ihnen helfe, Farder Coram«, sagte sie, »denn wahrscheinlich weiß ich mehr über die Gobbler als sonst jemand, weil ich fast selbst mal einer war. Wahrscheinlich brauchen Sie meine Hilfe, wenn Sie Mr. de Ruyters Nachrichten verstehen wollen.«
    Farder Coram hatte Mitleid mit dem wildentschlossenen Mädchen und schickte sie nicht fort. Statt dessen unterhielt er sich mit ihr, hörte zu, wenn sie von Oxford und Mrs. Coulter erzählte, und beobachtete sie, wenn sie das Alethiometer studierte.
    »Wo ist eigentlich das Buch mit den Symbolen?«, fragte sie ihn eines Tages.
    »In Heidelberg.«
    »Und gibt es nur das eine?«
    »Vielleicht gibt es noch andere, aber ich kenne nur das.«
    »Ich wette, in Bodleys Bibliothek in Oxford gibt es auch eins«, sagte sie.
    Sie konnte kaum die Augen von Farder Corams Dæmon abwenden. Noch nie hatte sie einen schöneren Dæmon gesehen. Wenn sich Pantalaimon in eine Katze verwandelte, war er mager und hatte struppiges, rauhes Fell. Sophonax dagegen war eine unbeschreiblich vornehme Erscheinung, mit goldfarbenen Augen und dichtem Fell und etwa der doppelten Größe von einer normalen Katze. Wenn die Sonne auf das Fell schien, leuchtete es gelbbraun, braun, laubfarben, haselnußbraun, goldgelb, golden, herbstfarben und rotbraun; Lyra wußte gar nicht, wie die Farben alle hießen. Wie gern hätte sie dieses Fell gestreichelt und ihre Wange daran geschmiegt, aber das tat sie natürlich nicht, denn einen fremden Dæmon anzufassen galt als der schwerste Verstoß gegen die Etikette, den man sich vorstellen konnte. Dæmonen durften sich gegenseitig berühren oder auch gegeneinander kämpfen, doch das Verbot von Kontakten zwischen Mensch und Dæmon war so streng, daß man nicht einmal im Krieg den Dæmon des Feindes berührt hätte. So etwas war völlig undenkbar. Lyra konnte sich nicht daran erinnern, daß man ihr das jemals hatte sagen müssen, sie wußte es instinktiv, wie sie

Weitere Kostenlose Bücher