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Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass

Titel: Der Goldene Kompass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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schon gehört«, sagte er. »Die Hexen sprechen oft von ihm. Sie sind also gekommen, um Krieg zu führen?«
    »Nicht Krieg, Kaisa. Wir wollen die Kinder befreien, die uns weggenommen wurden. Und ich hoffe, die Hexen helfen uns dabei.«
    »Sicher nicht alle. Einige Stämme arbeiten mit den Staubjägern zusammen.«
    »Nennen Sie so die Mitglieder der Oblations-Behörde?«
    »Diese Behörde kenne ich nicht. Die Staub-Jäger kamen vor zehn Jahren mit philosophischen Instrumenten in unsere Gegend. Sie gaben uns Geld, damit wir ihnen erlaubten, Stationen auf unserem Gebiet einzurichten, und behandelten uns höflich.«
    »Was ist dieser Staub?«
    »Er kommt vom Himmel. Einige sagen, es habe ihn schon immer gegeben, andere behaupten, er falle erst neuerdings auf die Erde. Auf jeden Fall bekommen alle, die davon erfahren, große Angst und setzen alles daran herauszubekommen, was dieser Staub ist. Für Hexen hat das allerdings keinerlei Bedeutung.«
    »Und wo sind die Staub-Jäger jetzt?«
    »Vier Tagesreisen nordöstlich von hier, an einem Ort namens Bolvangar. Unser Stamm hat kein Abkommen mit ihnen geschlossen, und weil wir wegen damals noch in Ihrer Schuld stehen, Farder Coram, bin ich gekommen, um Ihnen zu erklären, wie Sie die Staub-Jäger finden.«
    Farder Coram lächelte, und John Faa klatschte voller Genugtuung in die Hände.
    »Besten Dank, Sir«, sagte er zu der Gans. »Aber sagen Sie doch, was wissen Sie sonst noch über die Staub-Jäger? Was treiben sie in diesem Bolvangar?«
    »Sie haben aus Stahl und Beton Gebäude errichtet und unterirdische Räume angelegt. Als Brennmaterial verwenden sie Kohlenspiritus, den sie mit großem Aufwand herbeischaffen. Wir wissen nicht, was sie tun, aber wir wissen, daß an diesem Ort und im Umkreis von Meilen eine Atmosphäre von Haß und Angst herrscht. Hexen können solche Dinge sehen, für die andere blind sind. Auch Tiere meiden die Gegend. Die Vögel sind weggeflogen, Lemminge und Füchse geflüchtet. Daher der Name Bolvangar: Land des Bösen. Die Staub-Jäger nennen den Ort nicht so, sie sprechen nur von der Station. Aber für alle anderen heißt er Bolvangar.«
    »Wie verteidigen sie sich?«
    »Sie haben eine Kompanie Nordtataren, die mit Gewehren bewaffnet sind. Gute Soldaten, allerdings fehlt ihnen die Übung, denn die Siedlung wurde seit ihrem Bestehen noch nie angegriffen. Außerdem ist das Lager von einem anbarisch geladenen Drahtzaun umgeben. Möglicherweise gibt es noch andere Verteidigungseinrichtungen, von denen wir nichts wissen, da uns das Ganze wie gesagt nicht interessiert.«
    Der Gänsedæmon merkte, daß Lyra vor Neugier fast platzte, und sah sie aufmunternd an.
    »Warum sprechen die Hexen über mich?« fragte sie.
    »Wegen deines Vaters und weil er soviel von den anderen Welten weiß«, antwortete der Dæmon.
    Verblüfft sahen die drei einander an. Farder Coram begegnete Lyras Blick mit sanfter Verwunderung, und John Faa machte ein besorgtes Gesicht.
    »Von den anderen Welten?« fragte er erstaunt. »Entschuldigen Sie, Sir, aber was für Welten sollen das sein? Meinen Sie die Sterne?«
    »Keineswegs.«
    »Vielleicht die Welt der Geister?« fragte Farder Coram.
    »Nein, die auch nicht.«
    »Bestimmt ist es die Stadt im Licht«, sagte Lyra. »So ist es doch, oder?«
    Die Gans drehte ihr würdevoll den Kopf zu, der Blick ihrer schwarzen Augen, umrahmt von einem dünnen Rand reinsten Himmelblaus, war durchdringend.
    »Ja«, sagte sie. »Hexen wissen seit Tausenden von Jahren, daß es andere Welten gibt. Man sieht sie manchmal im Nordlicht. Sie gehören nicht zu unserer Welt. Zwar dehnt sich unser Universum bis zu den fernsten Sternen aus, doch was wir im Nordlicht sehen, ist ein völlig anderes Universum. Es ist nicht weit weg, sondern durchdringt unsere Welt. Hier, auf diesem Deck, existieren Millionen von Welten, und keine weiß von der anderen…«
    Die Gans hob die Flügel, spreizte sie weit und legte sie wieder an.
    »Da«, sagte sie, »gerade habe ich zehn Millionen andere Welten berührt, ohne daß sie es auch nur gemerkt hätten. Zwar sind die anderen Welten nicht einmal einen Herzschlag von uns entfernt, aber wir können sie, außer im Nordlicht, nicht berühren oder sehen oder hören.«
    »Und wieso dann im Nordlicht?« fragte Farder Coram.
    »Weil die geladenen Teilchen der Aurora imstande sind, die Materie unserer Welt so aufzulösen, daß wir für kurze Zeit hindurchsehen können. Das wußten wir Hexen zwar immer schon, doch wir sprechen nur selten

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