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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gleichgültig an. »Fräulein Hartung ist doch noch in der Stadt oder ist sie schon abgereist?«
    »Nein. Natürlich nicht. Sie wartet auf das Ergebnis der Probeaufnahme.«
    »Genau das möchte ich ihr persönlich überbringen.« Intendant Dr. Rathberg erhob sich. Unnahbar, abweisend. »Ich erwarte Fräulein Hartung um zwanzig Uhr im ›Carlton‹.«
    *
    Theo Pelz gehorchte, aber er zitterte vor Wut. Er gab die Einladung Dr. Rathbergs kommentarlos an Vera weiter und bestellte auch für sich einen Tisch, hinter einer Säule auf der Empore, wo er sich verstecken konnte.
    Mit mir nicht, dachte er zu Hause wütend und rannte hin und her. Sie ist meine Entdeckung, sie gehört mir! Mit mir machen Sie so etwas nicht, Herr Intendant. Ich weiß, was Sie mit der Fahne der Moral zudecken. Um Vera Hartung werde ich kämpfen, wenn's sein muß, mit den bloßen Fäusten! Und wenn das ganze Funkhaus wackelt …
    Um zwanzig Uhr saß er hinter seiner Säule und sah zu dem Tisch hinüber, an dem Dr. Rathberg schon wartete. Dreierlei Gläser standen auf dem Tisch. Er war gedeckt wie zu einer Hochzeit.
    Und dann kam Vera. Sie sah berauschend aus in ihrem silbernen Cocktailkleid mit den bloßen, schönen Schultern und den schwarzen Haaren, die lang herunterflossen. Sie trug eine Nerzstola und eine silberne Tasche in der Hand. Wer wußte schon, daß alles von einem Kostümverleih geliehen war? Sie sah so aus, daß man auf den Sekt verzichten konnte, um in Stimmung zu kommen.
    Dr. Rathberg kam ihr drei Schritte entgegen, ergriff ihre Hand, beugte sich über sie und küßte sie. Dann legte er den Arm um Veras nackte Schulter und führte sie zum Tisch.
    Theo Pelz lehnte sich zurück und nahm Deckung hinter seiner Säule. Er knirschte laut mit den Zähnen.
    Jetzt beginnt die große Schau des Intendanten.
    Muß man das hilflos ansehen?
    Er ballte die Fäuste und legte sie auf den Tisch wie ein Boxer, dem die Bandagen gewickelt werden.
    *
    »Es ist eine meiner Ansichten«, sagte Intendant Dr. Rathberg, als sie am Tisch saßen, »zu meinen leitenden Angestellten einen guten persönlichen Kontakt zu haben. Nur gegenseitige menschliche Sympathie schafft ein gutes Arbeitsklima.«
    Der Oberkellner des ›Carlton‹ schien schon genaue Anweisungen zu haben; er servierte ohne Fragen eine Schildkrötensuppe Lady Curzon und goß einen dunkelroten Wein ein, der im Licht aufflammte, als sei er geronnenes Feuer. Dr. Rathberg sah Vera Hartung freundlich an. Sie nickte und wagte nicht, etwas zu entgegnen.
    »Ich habe es immer so gehalten.« Dr. Rathberg lächelte. Er log elegant. Es war bekannt, daß gerade er zu seinen Angestellten kaum Kontakt hatte, daß er unnahbar in seinem großen Büro thronte und jeder Besucher erst zwei Sekretariate durchlaufen mußte. Auch Vera hatte davon gehört; das Benehmen Dr. Rathbergs verwirrte sie deshalb um so mehr.
    »Ich sagte: Leitende Angestellte«, wiederholte der Intendant bedeutungsvoll. »Ich hoffe sehr, daß Sie in Kürze zu den Spitzenkräften meines Senders zählen. Ihre Probeaufnahmen …«
    »Sie waren schlecht«, flüsterte Vera. O Gott, dachte sie. Der Unfall mit der Bluse. Sie wurde sogar rot, was Dr. Rathberg sehr erfreute.
    »Ein Prost auf diesen Unfall!« rief Dr. Rathberg aufgeräumt. Er hob sein Glas. »Ich habe bereits die Besetzungen umgetauscht. Sie werden sofort in die Sendereihe ›Ich suche Kain‹ einspringen. Trauen Sie sich das zu?«
    »Das ja, aber die Rolle spielt doch Karin Jarut.«
    »Umbesetzungen sind technische Sachen, die erledigt Herr Pelz. Er ist bereits informiert. Die neue Folge spielt auf Zypern. Carlos Heimann ist mit dem Team schon unten in Limassol. Sie werden nachfliegen. Aber zuvor müßten wir die Rolle noch einstudieren. Mir liegt sehr daran, daß Ihr Start ein Ereignis wird. Das Publikum soll einen neuen Liebling haben!« Dr. Rathberg beugte sich vor und legte seine Hände auf die Veras. »Sie haben das Zeug, ein Liebling zu sein«, sagte er fast zärtlich.
    Hinter seiner Säule knurrte Theo Pelz vor sich hin. Er konnte nicht verstehen, was gesprochen wurde. Er sah nur, daß sein sittenstrenger Intendant auftaute wie Eis in der Augustsonne.
    Ich stehe jetzt auf, dachte er, komme von der anderen Seite, mache ein erstauntes Gesicht und sprenge diese Unterhaltung. Soll ich tatenlos zusehen, wie meine Entdeckung Vera in den Sog autoritärer Heuchelei gezogen wird?
    Aber er blieb hinter seiner Säule sitzen. Er kannte Dr. Rathberg lange genug. In einer offenen Schlacht würde er

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