Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
Vom Netzwerk:
setzte er hinzu: »Von unserm Mittagessen haben wir nicht viel bei uns behalten.«
    »Wir alle können Ruhe und Essen gebrauchen«, stellte Amerie fest. »Denn morgen mÿssen wir in guter Kondition für das sein, was noch vor uns liegen mag. Und was liegt vor uns, nebenbei bemerkt?«
    Khalid antwortete: »Wenn wir sechs große Stromschnellen hinter uns haben, dann liegt nur noch eine zwischen uns und dem Lac Provençal. Ich habe sie noch nicht befahren, aber sie soll die längste und schlimmste sein - die Donzère-Mondragon-Strecke.«
    »Kaleidoskopisch«, ächzte Felice.
    »Danach folgt nur noch die Glissade ins Mittelmeerbecken. Die habe ich erlebt, als ich nach Muriah gebracht wurde. Sie ist steil, aber nicht schwierig. Man braucht nur eine ruhige Hand am Steuer. Gert und Hansi schaffen das leicht. Aber morgen müssen wir uns ein letztes Mal auf die Geschicklichkeit dieses Bootsmanns verlassen.«
    Alle blickten sie auf Harry nieder. Sein Haar stand in diabolischen Stacheln vom Kopf ab. Seine Augen quollen hervor, und er kämpfte grunzend gegen den Knebel.
    Amerie seufzte und langte nach ihrer Arzttasche. »Armer Harry.«
    »Wir sind die Armen«, gab Felice zurück.
    Einen halben Kilometer flußabwärts von dem Weidengebüsch, wo das Boot vertäut war, ragte vom Ufer eine Anhäufung großer Felsblöcke vor, Überwachsen von Tamarisken und Akazien. Das war ein guter Ausguck. Sie entschlossen sich, mindestens bis zum späten Abend hier Wache zu halten, um sicher zu sein, daß keine anderen Boote zufällig auf ihr Versteck stießen.
    Amerie war an der Reihe, als die Sonne seit einer Stunde untergegangen und es kühl geworden war. Sie war froh Über die Gelegenheit, von den anderen wegzukommen - besonders von dem bedauernswerten Bootsmann, dessen Körperfunktionen sich unter neuen Sedativen und einer Nährlösung in die Adern stabilisiert hatten. Sie sprach ihre Gebete unter den heller werdenden Sternen. Ein paar Insekten schrillten, und die Rhône murmelte unter den Uferfelsen. Die Rufe kleiner Reiher waren zu hören, die im seichten Wasser ihr Abendessen jagten.
    Die Berge auf der anderen Seite des breiten Flusses waren dunkel. Es mußte Pflanzungen in diesem geeigneten Tal geben, dachte Amerie. Aber von ihrem Aussichtspunkt waren keine Lichter zu sehen. Auch Boote kamen während ihrer Wache nicht vorbei. Nächtlichen Verkehr gab es auf dem Fluß normalerweise nicht. Trotzdem bestand eine Geringe Möglichkeit, daß das Nichteintreffen ihres Skippers an seinen üblichen Halteplätzen von seinen Kollegen bemerkt worden war - daher die Wache. Burke und die anderen hatten nicht viel darüber gesprochen, aber es lag auf der Hand: Je weiter südwärts sie kamen, desto größer wurde die Gefahr, daß Flußleute Verdacht schöpften, wenn der gute alte Harry bei irgendeinem gewohnten Rendezvous nicht erschien. Jedes Fahrzeug auf der Rhône hatte sein individuelles Aussehen; Harrys, obwohl gebaut wie alle Schnellboote, trug ein tannengrünes Band rund um die silberne Hülle, und sein Name, Walloping, Windowblind, stand in großen Buchstaben an Bug und Heck. Sie hatten darüber diskutiert, ob sie das Boot tarnen sollten. Aber anfangs hofften sie, sein Eigentümer werde sich kooperativ zeigen und es ihnen ermöglichen, den Bluff bis hin nach Muriah fortzusetzen. Und jetzt war es natürlich zu spät, etwas anderes zu tun, als alle Kräfte auf das Vorankommen zu konzentrieren. Wenn sie Booten begegneten, tuteten sie Grüße auf dem Lufthorn und hofften, das Fehlen eines telepathischen Zurufs von Skipper zu Skipper werde während der geschäftigen Zeit des Waffenstillstands nicht bemerkt werden ...
    Zwischen den niedrigeren Felsen ertönte ein leises Geräusch.
    »Ich bin es nur.« Felice kletterte zu dem hohen Aussichtspunkt empor. »Ich habe die letzte Wache.«
    »Keine Seele auf dem Fluß, die ich gesehen habe. Nur Vögel. Ist im Lager alles in Ordnung?«
    »Unserem Patienten geht es gut, falls du das meinst. Das Boot ist wieder in bester Verfassung, und Gert und Hansi haben sich in die Büsche geschlagen, um das zu feiern. V.-J. war ebenfalls in großzügiger Stimmung, aber nur Uwe zeigte Interesse. Und ich glaube, daß es seitens des alten Angebers zum größten Teil Mildtätigkeit war.«
    Sie ließ sich mit gekreuzten Beinen neben der Nonne nieder, die zu dem scherzhaften Geplauder keinen Kommentar abgab. »Schöne Nacht, nicht wahr? Das Wetter in dieser Pliozän-Welt ist pyrotechnisch! Ich vermute, im Winter gibt es eine

Weitere Kostenlose Bücher