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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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die Nacht.
    »Herr, wie groß ist Deine beständige Fürsorge. Wir finden Schutz im Schatten Deiner Flügel und sind gefüllt mit den guten Dingen, die Du uns gibst. Du läßt uns aus dem Strom Deiner Güte trinken, denn Du bist die Quelle des Lebens. In Deinem Licht werden wir unser eigenes Licht finden.«
    Felice rief aus: »Oh - Scheiße! «
    Sie weinte, und Amerie wiegte sie. Nach langer Zeit strebte das Mädchen von ihr weg und wischte sich das Gesicht ab.
    »Morgen ... wird ein schwerer Tag sein. Ich habe heute nachmittag vor Angst fast den Verstand verloren, und ich werde morgen noch mehr Angst haben. Wenn sich dieser verdammte Harry noch einmal meinem Griff entwindet, werden wir alle ertrinken oder zerschmettert werden. Und es ist gut möglich, daß ich ihn nicht halten kann. Ich ... ich verliere mein Selbstvertrauen. Und das ist tödlich, wenn man mentale Spiele treibt. Wenn einer fürchtet, er könne versagen, dann bricht alles auseinander, und - was soll ich nur tun?«
    »Ich werde immerzu beten.«
    »Zum Teufel mit deinem nicht existierenden Gott! Wenn er alles weiß, sollte er uns helfen, ohne daß wir ihn lange darum bitten! Oder verlangt er von uns, daß wir vor ihm kriechen? Ist es das, was er braucht?«
    »Es ist gut für uns, ihn zu suchen. Seine Hilfe zu erbitten, um zu bekommen, was uns not tut.«
    »Also ist dein Gott Psychologe! Und das Beten ist nichts als ein metapsychisches Fokussieren, damit man, falls man genug Glauben hat, den verdammten Berg versetzen kann! Wer braucht denn einen Gott, wenn das Ende vom Lied ist, daß wir unsere eigenen Gebete beantworten? Ich sollte dann zu mir selbst beten - richtig? Aber ich glaube auch nicht an mich!«
    »Felice, ich will mich mit dir nicht Über die Bedeutung einzelner Wörter oder Über Theologie streiten. Wenn dir das Wort >beten< lächerlich vorkommt, vergiß es! Halte dich einfach an die psychische Gültigkeit hinter dem Konzept. Versuch morgen, mit deinem Geist hinauszulangen und Kraft vom Geist des Universums zu erbitten, von der Lebensquelle. Kümmere dich nicht darum, ob er sich deiner bewußt ist oder nicht, wer er ist oder was er ist. Du hast ein Recht darauf, an seiner Kraft teilzunehmen - nicht nur um deinetwillen, sondern für uns alle, die wir von dir abhängen.«
    Das Mädchen erklärte langsam: »Ich denke, das könnte ich tun. An den Geist kann ich glauben. Ich spüre ... soviel ist wirklich. Ich will es versuchen, Amerie.«
    Die Nonne stand auf und zog Felice mit sich hoch. Sie küßte das Mädchen auf die Stirn. Dann sah sie ins Weite, Über den Fluß hinweg zu den schwarzen Hügeln vor einem purpurnen westlichen Himmel. »Felice - da drüben ist etwas.«
    Das Mädchen fuhr herum. Auf dem gegenüberliegenden Ufer wand sich eine glitzernde Perlenkette zwischen den Bäumen hindurch.
    »Die Jagd«, sagte Felice.
    Sie beobachteten sie stumm. Der Zug bewegte sich südwärts durch die Niederungen, die zwischen der Rhône und der Großen Südstraße lagen.
    »Ich kann sie ein bißchen fernwahrnehmen«, sagte Felice. »Sie kommen von einem Ort namens Sayzorask unten hinter dem Abgrund am Kopf eines großen Sees. Sie suchen nach uns.«
    »Du meinst, der Überfällige Skipper ...«, begann Amerie.
    »Sie suchen nach uns. Glücklicherweise kann keiner von ihnen fliegen, und erstklassige Fernwahrnehmer haben sie auch nicht dabei. Deshalb merken sie nicht, daß ich ihr mentales Gejammere belausche. Sie sind nichts als eine Ansammlung von Provinzlern. Aber die großen Bosse werden weiter südlich auf uns warten.«
    »Woher wissen sie es?« rief Amerie.
    »Irgend jemand hat es ihnen erzählt«, erwiderte Felice. »Und ich glaube, ich weiß, wer.«
    Sie verließen den Ankerplatz, sobald es hell wurde. Noch waren die gelben Fluten zum größten Teil von wattigen Nebelbänken bedeckt. Am nächsten tiefen Abgrund wurde die Luft klarer, und sie sahen, daß sie auf dem Fluß nicht allein waren. Drei weitere Fahrzeuge lagen hintereinander vor dem Wasserfall und warteten auf ein bißchen mehr Licht, bevor sie sich an die Strecke von zwanzig Kilometern Wildwasser wagten.
    »Schlechte Neuigkeiten!« sang Gert.
    »An ihnen vorbei!« entschied Felice. »Peo, Basil, bringt diesen Zombie herauf! Es hat keinen Sinn, Tricks zu versuchen. Diese Boote können gar nichts tun, sobald wir innerhalb der Stromschnellen sind.«
    Das Tosen des niederstürzenden Wassers machte es ihnen fast unmöglich, sich zu verständigen. Als Harry, die Lippen blau und schwach

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