Der goldene Thron
mit einem süffisanten Grinsen ins Gesicht geschrieben stand.
Was, fragte sich Guillaume, war nur geschehen, dass sein Stern so unverhofft hatte sinken können? Anstatt der Sache jedoch auf den Grund zu gehen, zog er sich, verletzt über die Kälte seines Herrn, aus der Halle zurück.
»Wie kann er nur glauben, dass ich mich über ihn zu erhöhen versuche, und das nur wegen meines Schlachtrufs? Ich habe immer alles für ihn getan!«, beschwerte er sich bei Baudouin, der ihm gefolgt war, und erzählte ihm von Pierres Warnung.
»Du kennst unseren jungen Herrn besser als jeder andere und weißt, wie leicht er zu beeinflussen ist«, versuchte sich Baudouin an einer Erklärung. »Er ist jung und unerfahren, und deine Feinde sind schlau und voller Neid. Doch der junge König liebt dich über alles und wird dich nicht verstoßen!«
»Nun, darauf werde ich auch ganz sicher nicht warten!«, antwortete Guillaume beleidigt. »Ich werde ihm zuvorkommen und mich für eine Weile vom Hof zurückziehen.« Er war zutiefst verletzt und wütend, weil Henry bösen Zungen Glauben schenkte, obwohl Guillaume ihm doch stets treu zur Seite gestanden hatte. Sein Leben für den jungen König zu geben, war er stets bereit gewesen, doch das schien nicht zu zählen.
»Glaubst du wirklich, das ist die richtige Entscheidung?«, unterbrach Baudouin seine Gedanken mit skeptischer Miene. »Man könnte es dir als Eingeständnis deiner Schuld auslegen.«
»Unsinn!«, entgegnete Guillaume barsch. »Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Wenn der König irgendwelchen Gerüchten glauben will … Sollte er meine Anwesenheit befehlen, so werde ich da sein. Doch solange ich unerwünscht bin, gehe ich meiner Wege.«
»Aber …«
»Kein Aber, Baudouin. Mein Entschluss steht fest.«
Guillaume verließ den Hof des jungen Königs wie angekündigt, ohne den Versuch, mit seinem Herrn ins Reine zu kommen.
Freunde, die ihn aufnehmen konnten, hatte er genug. Auch bekam er schon bald großzügige Angebote von bedeutenden Baronen,doch die Hoffnung auf eine baldige Versöhnung mit seinem Herrn ließ ihn niemals los.
Als der junge König wenige Monate später endlich nach ihm schickte und befahl, er möge sich beim nächsten Turnier einfinden, um an der Seite seines Herrn zu kämpfen, war Guillaume voller Freude und Zuversicht. Doch der junge König schenkte ihm weder ein Lächeln, noch verzieh er ihm. Er blieb unnahbar, ganz gleich, wie verlässlich Guillaume ihm zur Seite stand. Nicht einmal die Ermahnung seines Vetters, des Grafen von Flandern, der den jungen König dazu aufrief, einen Mann wie Guillaume um keinen Preis ziehen zu lassen, konnte ihn dazu bewegen, ihm zu vergeben. Auch wenn nicht ein einziger Vorwurf über seine Lippen kam, so war doch unschwer zu erkennen, wie wütend, vielleicht auch enttäuscht Henry noch immer war. So blieb unausgesprochen, was zwischen ihnen stand, und ihre Wege trennten sich erneut.
Am Hof zu Caen, Weihnachten 1182
A ls Guillaume kurz vor dem Christfest Caen erreichte, waren seine Fingerspitzen taub vor Kälte. Auch seine Füße konnte er in den feinen Lederstiefeln kaum noch spüren. Bis vor wenigen Tagen war der Winter eher mild gewesen, doch dann hatte ein eisiger Wind aufgefrischt, der einem jegliche Wärme aus den Knochen blies.
Beeindruckt betrachtete Guillaume die riesige Burgmauer, die so lang war, dass man meinen konnte, eine ganze Stadt fände dahinter Platz. Die Holzbrücke, die zum nördlichen Torhaus führte, ächzte unter dem Gewicht der Pferde und Fuhrwerke. Handwerker, Händler und Bauern schoben sich dicht gedrängt in Richtung Torwache. Die wenigen Männer und Frauen, die Caen verlassen wollten, mussten sich wohl oder übel durch die einströmende Menge hindurchzwängen, was zu Pferd gewiss nicht schwierig war, zu Fuß jedoch praktisch unmöglich, denn wenn der König in Caen Hof hielt, bedeutete das Arbeit für viele. Wäscherinnen und Bierbrauer wurden ebenso gebraucht wie Stallknechte, Küchenhelfer, Köche, Bäcker und Wasserträger, denn der König erwartete viele Gäste. Berühmte Grafen und Herzöge, aber auch Prinzen und sogar Könige.
Nur den bedeutendsten Männern des Landes wurden Speis und Trank in der Halle serviert. Wer nicht dazugehörte, lungerte im Burghof herum und musste sich selbst versorgen. Garküchen aus der Stadt hatten darum Stände errichtet. Kinder und Frauen boten selbst gebackene Pasteten und Kuchen feil, verkauften Eier, geräucherten Speck, Schinken und Würste. Bier und
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