Der goldene Thron
königlichen Vater, meine Unschuld zu beteuern.« Guillaume ahnte, dass alle guten Worte vergebens sein würden, und als er sah, dass alle Mühe, seinen Herrn von seiner Redlichkeit zu überzeugen, umsonst war, hielt er inne. Baudouin und andere Freunde hatten bereits vergeblich versucht, den jungen König zu besänftigen, doch weder ihnen noch Guillaume wollte er Glauben schenken. Nur ein Gottesurteil kann mir nun noch helfen, dachte Guillaume niedergeschlagen und räusperte sich. »Meine Fürsprecher haben nichts ausrichten können, um Euch zu überzeugen, darum lasst Gott entscheiden, ob ich die Wahrheit spreche. Lasst mich um meine Ehre kämpfen!«, rief er in der Hoffnung, der Allmächtige möge ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ein Raunen ging durch die Menge. »Die drei Stärksten meiner Ankläger sollen an drei aufeinanderfolgenden Tagen gegen mich antreten. Verliere ich, so hängt mich, wie man es mit Verrätern tut!«
Lautes Gemurmel war zu hören, nachdem Guillaume seinen Vorschlag unterbreitet hatte, und alle Augen waren auf den jungen König gerichtet.
»Niemals!«, rief der aus und sprang empört auf. »Niemals werde ich einem solchen Kampf zustimmen.«
»Mylord!«, rief Guillaume verzweifelt. »Die Männer, die mich beschuldigen, sind hier unter uns. Sagt, warum sprechen sie jetzt nicht? Warum klagen sie mich nicht öffentlich an?« Guillaume sah sich mit zunehmender Enttäuschung um, begegnete mitfühlenden, bangen, aber auch schadenfrohen Blicken. »Ich kenne meinen Ruf und sehe, dass sie nicht wagen, ihre ungeheuren Beschuldigungen erneut vorzubringen. Darum lasst mich einen anderen Vorschlag machen: Lasst mir einen Finger der rechten Hand abhacken, Mylord!« Diesmal heulte die Menge auf. »Ihr allein wählt, welchen. Dann lasst mich gegen den Stärksten meinerGegner antreten. Verliere ich, so behandelt mich wie einen überführten Verräter!«
Guillaume wusste, wie dramatisch sein Vorschlag war, doch wie konnte er sonst seine Unschuld beweisen? Er musste sich der Güte Gottes anvertrauen.
»Wer solch einen mutigen Vorschlag macht, kann nichts zu verbergen haben«, hörte Guillaume jemanden sagen.
Ungläubiges Tuscheln erfüllte den Saal.
Der junge König aber schüttelte nur trotzig den Kopf.
»Seht doch, guter Herr, dass ihre bösen Zungen nur behauptet haben, was sie nicht beweisen können!«, bat Guillaume in höchster Not. »Wäre es anders, so würden die Männer, die jene Lügen über mich verbreitet haben, nun mutig hervortreten und ihr Wort verteidigen.« Doch obwohl er zum Beweis seiner Unschuld mehr angeboten hatte, als vernünftig war, blieb sein Herr unbeugsam, und aus Guillaumes Verzweiflung wurde bittere Enttäuschung. »Da ich Eure Gnade nicht erwarten darf, Mylord, so muss ich glauben, dass Euch jene Anschuldigungen nur zum Vorwand dienen, um mich vom Hof zu entfernen«, sagte er verdrießlich und verneigte sich. »Ich verlasse Euch also.« Dann wandte er sich an den alten König. »Sire?« Als der ihn nur feindselig ansah, neigte Guillaume kurz das Haupt. »Von Euch, mein König, erbitte ich nicht mehr als einen Geleitbrief, damit ich Euer Land sicher verlassen kann, denn gegen jedes Gesetz und alle Vernunft ist man mir an diesem Hof feindlich gesinnt. Man tut mir unrecht und lässt zu, dass die Männer, die mich wider besseres Wissen anklagten, nicht einmal die Köpfe heben. All Eure hohen Gäste haben gesehen, wie mein Recht mit Füßen getreten wird!«
Baudouin sah ihn ungläubig an. Ist es Mut oder Dummheit, so frei zu reden?, schien sein Blick zu fragen, doch Guillaume hatte nichts mehr zu verlieren. Sein Leben blieb ihm, doch alles, wofür er so lange gekämpft hatte, schien für immer verloren.
Der alte König funkelte ihn zornig an, hieß seinen Schreiber jedoch mit einem fast gebellten Befehl, den erbetenen Geleitbrief aufzusetzen. »Geht, Maréchal!«, knurrte er sodann.
Februar 1183
N ach seinem enttäuschenden Besuch in Caen hatte Guillaume für eine stattliche Summe in einem Turnier gekämpft, grandios gesiegt und allen Unkenrufen zum Trotz nicht lange auf weitere großzügige Angebote warten müssen. Sogar eine recht ansehnliche Ehe hatte man ihm in Aussicht gestellt, doch er hatte abgelehnt. Für Geld zu kämpfen reichte ihm nicht. Er wollte mehr. Solange er denken konnte, war es sein Wunsch gewesen, ein Ritter des Königs zu sein. Es hatte ihn glücklich gemacht, seinem Herrn zur Seite zu stehen, und die Hoffnung, dass Henry eines Tages ein
Weitere Kostenlose Bücher