Der goldene Thron
hätte nicht …« Er brach ab. »Guillaume, Ihr müsst Euch um alles kümmern, um meine Beerdigung, mein Seelenheil! Bitte, mein Freund!«
»Die Ruhr trifft viele Soldaten, mein König. Ihr müsst Euch schonen!«, versuchte Guillaume, ihn zu beruhigen, und drängte den jungen König zurück auf sein Lager.
Der Krieg gegen seinen Bruder und seinen Vater hatte die Kassen des jungen Königs geleert, sodass er sich keinen anderen Ausweg gewusst hatte, als die Klöster in der Umgebung von Limoges zu überfallen. Er hatte sie ihrer Schätze beraubt, um seine Söldner entlohnen zu können und das Auseinanderbrechen seiner Armee zu verhindern. Dass ihn nun die beschämendste aller Krankheiten befallen, seinen Körper in kürzester Zeit ermattet und den einstmals so stolzen jungen Mann völlig entkräftet hatte, schien er für die Strafe des Herrn für diese Missetaten zu halten.
Der junge König bebte.
Guillaume hatte dafür gesorgt, dass man den geschwächten Henry nach Martel gebracht hatte, wo er sich erholen sollte, und seinen Vater durch einen Boten von seinem bedrohlichen Zustand unterrichten lassen. Trotz aller Ruhe und frisch gebrühter Kräutertränke aber erholte sich der junge König nicht.
Tag und Nacht hielt Guillaume an seinem Lager Wache. Doch auch das half nicht.
»Sein Vater wird nicht kommen«, raunte Baudouin ihm zu, als Guillaume kurz die Kammer des jungen Königs verließ. »Er hat ihm nur diesen Ring geschickt. Zum Zeichen seiner Vergebung.« Baudouin schlug bedrückt die Augen nieder.
»Henry wird sterben«, sagte Guillaume tonlos und steckte den Ring ein. »Und ich werde nichts dagegen tun können.« Hilflosigkeit stand in seinen Augen. Er hatte immer dafür gesorgt, dass seinem Herrn nichts geschehen war, doch diesmal musste er machtlos mit ansehen, wie sein geliebter König verdorrte.
»Er ist jung und stark, er erholt sich wieder!«
Guillaume schüttelte den Kopf. »Nein, Baudouin. Er ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Ich werde ihm den letzten Freundschaftsdienst erweisen müssen und die Vorbereitungen für sein Begräbnis treffen. Er selbst hat mich darum gebeten. Er weiß, dass es zu Ende geht.« Guillaume schluckte. Er würde dafür sorgen, dass alles seinen Gang ging, wenn der junge König starb, so wie es sich für einen Mann seines Standes schickte. Was dann kam, lag in den Händen des Allmächtigen.
Guillaume ging zurück zu Henry, der wächsern und eingefallen auf seinem Lager ruhte. Seine Brust hob und senkte sich kaum sichtbar. Oh, wenn er ihm doch nur hätte helfen können! Und was hatte das Schicksal für ihn selbst vorgesehen? War sein Weg hier, am Totenbett seines Herrn, zu Ende? Ohne den geliebten, jungen König stand er wieder am Anfang. Zwar hatte er viele Freunde und die Einkünfte aus Saint-Omer, die ihm der Graf von Flandern für ein Turnier zugesprochen hatte, doch war die Höhe der Rente zu gering, um davon so leben zu können, wie er es gewohnt war.
Guillaume fuhr sich durch das Haar. Er würde wohl wieder als Junggeselle umherziehen und sein Einkommen auf Turnieren verdienen müssen. Doch er verlor nicht nur einen Herrn, eine großartige Stellung und ein Heim, er verlor vor allem einen Freund. Einen Jungen, den er mitgeformt hatte, dessen Leben er stets beschützt hatte, auf den er oft stolz gewesen war und den er geliebt hatte wie einen jüngeren Bruder.
Es war nicht leicht, den Bischof von Cahors rufen zu lassen, damit er dem jungen Henry die Beichte abnahm.
Als sich der junge König, nackt und zitternd vor Angst, vor dem bischöflichen Kruzifix zu Boden warf und weinend um die Vergebung seiner Sünden flehte, zog sich Guillaume in eine Ecke der Kammer zurück. »Vergib mir meine Sünden!«, hörte er den jungen König in seiner Agonie rufen.
Guillaume schloss die Augen, atmete so wenig von dem muffigen, säuerlich nach Durchfällen stinkenden Odem der Kammer ein wie möglich und meinte, die Anwesenheit des Todes schon fühlen zu können. Tränen liefen über seine Wangen, als der junge König ihn rief.
»Guillaume, mein Freund, vergebt mir, dass ich Euch je misstraut habe! Ich hätte die Männer, die Euch verleumdet haben, bestrafen müssen …« Er weinte bitterlich und streckte die Hand nach Guillaume aus. »Verzeiht mir meinen Hochmut und schenkt mir Eure Liebe!«
Guillaume trat zu ihm ans Lager, nahm seine Rechte und strich ihm das nasse Haar aus der Stirn. »Ich vergebe Euch, mein König!«
Henry weinte dankbar. Der Tod aber wartete noch. Er
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