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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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als das Essen aufgetragen wurde und der Wein für eine entspannte Stimmung in der Halle sorgte, erlaubte sich Guillaume, wieder an Ellen zu denken.
    Einerseits konnte er es kaum erwarten, ihr endlich gegenüberzustehen, andererseits fürchtete er sich davor. Er, der als mutigster Mann des jungen Königs galt, erzitterte bei diesem Gedanken!
    Wie sie wohl schwanger aussieht, dachte er und seufzte leise. Bei den meisten Frauen wurden das Gesicht voller und die Hüften runder. Ob das für sie auch galt? Im Sommer würde sie niederkommen, hatte Baudouin gesagt. Wenn nur die Arbeit am Amboss nicht zu viel für sie wurde! Eine Sorgenfalte grub sich in Guillaumes Stirn. Sie war kein junges Mädchen mehr so wiedamals, in Tancarville. Eine reife Frau von mehr als dreißig, vielleicht fünfunddreißig Jahren war sie nun, und in anderen Umständen zu sein, war in diesem Alter nicht ungefährlich. Zu hören, dass sie ein Kind erwartete, hatte Guillaume unvermutet hart getroffen. Gewiss, sie war gesund und kräftig, darum lag eine Schwangerschaft für eine verheiratete Frau durchaus nah. Trotzdem war der Gedanke überaus schmerzlich und hinterließ ein bedrückendes Gefühl der Enge in seiner Brust.
    Ellen war ihm als Einzige im Leben wirklich nah gewesen. Sie hatte sich in ihn verliebt, nicht in den berühmten Ritter, denn der war er damals noch nicht gewesen. Sie kannte Guillaumes Träume und er die ihren. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er hatte sie so sehr begehrt und geliebt! An dem Schmerz, der sein Herz zu zerdrücken schien, erkannte er, dass sich daran auch nach all den Jahren nichts geändert hatte. Ein leiser Seufzer entfuhr ihm. Ellen war die mutigste Frau, die er kannte.
    Guillaume dachte an jenen Augenblick, als er in Köln vor dem Schrein der Heiligen Drei Könige gekniet und gebetet hatte. Dort war ihm die Erkenntnis gekommen, dass er Selbstlosigkeit an den Tag legen und sich als Freund würde beweisen müssen. Er musste Ellen freigeben. Um seinetwillen, um ihretwillen und um der Zukunft seines Sohnes willen. Guillaume atmete tief ein. Seine Erinnerungen an vergangene glückliche Zeiten mit ihr würde er in seinem Herzen bewahren wie einen kostbaren Schatz.
    Er trank von dem starken Wein, um sich zu betäuben, doch, anders als bei einer Kampfverletzung, half das bei wundem Herzen kaum. Als ein Page ihm den zehnten Becher eingoss, verschwammen die Gesichtszüge des zarten Jungen mit denen seines Sohnes.
    Einen einzigen Nachmittag hatte er mit William verbracht und sich an jedem einzelnen Augenblick ergötzt. Mein Sohn!, dachte er voller Stolz. Druck legte sich auf seine Kehle. Was war schon ein halber Tag in all den Jahren? Nichts! Gar nichts! Er kannte den Jungen kaum, und William wusste nicht einmal, dass er sein Vater war.
    Guillaume atmete gegen das immer stärker werdende Stechen in seiner Brust an. William war ein liebenswerter Junge mit wachem Geist und jenem Glanz in den Augen, der wahre Leidenschaft verriet. An die zehn musste er inzwischen sein. Ein wichtiges Alter, in dem die meisten Jungen eine Ausbildung begannen; das galt für das Handwerk ebenso wie für junge Edelleute. Ob William sich dazu eignete, Schmied zu werden, so wie Ellen es sich erhoffte? Immerhin war er nicht nur ihr Sohn, sondern auch seiner! Guillaume lächelte weich. Er erinnerte sich noch genau, wie dankbar der kleine Kerl gewesen war, als er den ganzen Nachmittag mit ihm draußen hatte verbringen dürfen statt drinnen in der stickigen Schmiede. Niemals würde er seine strahlenden Augen vergessen, die ihn mit so viel Bewunderung angesehen hatten.
    »Ich gehe schlafen«, murmelte Guillaume müde, erhob sich vom Tisch, an dem noch immer kräftig gezecht wurde, nickte seinen Freunden zu und wankte hinaus.
     
    Nachdem er auch den folgenden Morgen beim jungen König verbracht hatte, fasste sich Guillaume am frühen Nachmittag endlich ein Herz und ging zur Schmiede.
    Auf seinem Weg nickten ihm rotwangige Mägde und breitschultrige Knechte ergeben zu, und als er über den Platz am Brunnen ging, stießen sich die jungen Frauen an, erröteten, wenn sie seinem Blick begegneten, und tuschelten aufgeregt. Sogar eine zahnlose Alte strahlte ihn an. Die Soldaten, die auf dem Platz und in den Ecken herumlungerten, sprangen auf und nahmen Haltung an, als er an ihnen vorüberging. Guillaume nickte ihnen scheinbar gelassen zu, obwohl in seinem Inneren Aufruhr herrschte. Sein Magen brannte bis hoch in den Hals, und seine Beine fühlten sich

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