Der goldene Thron
sie aus, dachte Guillaume bestürzt. Er hatte ihren Hass damals ebenso deutlich fühlen können wie jetzt ihre bittere Enttäuschung. Die Zuschauer aber hatte sie damals mit ihrer Maske des Lächelns täuschen können. Jeder hatte die Braut für glücklich gehalten. Eine Prinzessin verliert niemals die Haltung, hatte Isabelles Mutter ihr eingeschärft, und wie man sah, hielt sie sich auch diesmal daran. Nicht einer der Anwesenden würde darauf kommen, dass sie vor Eifersucht zu bersten drohte.
»Es tut mir leid!«, murmelte Guillaume schuldbewusst.
Isabelle sah ihn aus kalten Augen an. »Was tut dir leid?«
»Du warst kaum geboren, als sie den Jungen empfing«, versuchte er hilflos zu erklären.
Isabelle wandte sich ab, reckte den Kopf noch ein wenig höher und schwieg. Keinen Bissen rührte sie von all den herrlichen Speisen an, und auch Guillaume, der eigentlich immer essen konnte, hatte Mühe, etwas hinunterzubringen.
Als das Festmahl beendet war und mehrere Diener die Tafel aufgehoben hatten, kamen einige von Guillaumes Freunden auf ihn zu, klopften ihm auf die Schulter und beglückwünschten ihn sowohl zu der großartigen Partie für seinen Sohn als auch zu dem Enkel, der ihn von nun an noch stärker mit seinem König verbinden würde. Isabelle beachtete niemand. Vielleicht, weil sie aussah, als freute sie sich für William, Marguerite und den Maréchal.
»Wolltet Ihr den Jungen nicht allen vorstellen?«, rief Elmswick lallend dazwischen. »Wo steckt das Kind, ich will ihm meine Aufwartung machen!«
»Was ist denn nun? Wo ist mein Enkel?«, fragte nun auch der König, und die Gespräche um ihn herum verstummten.
Während des Festmahls hatte es so ausgesehen, als hätte er das Kind vergessen, nun aber blickte er sich ungeduldig um.
»Ich habe Robert losgeschickt, ihn zu suchen, Sire. Er ist wohl mal wieder ausgerissen, der kleine Abenteurer. Gewährt mir einen Augenblick.« William sah alarmiert zur anderen Seite der Halle, wo soeben ein Jagdhelfer hereinstürzte, und winkte ihn sichtlich beunruhigt herbei.
»Man hat Richards Kinderfrau niedergestochen und den Jungen verschleppt!«, hörte Guillaume ihn flüstern. »Robert hat mir aufgetragen, gleich wieder zum Wald zurückzureiten. Doch ich dachte, es sei besser, Euch erst zu benachrichtigen, damit Ihr mehr Männer bereitstellen könnt«, berichtete er lauter, als er sah, dass der König ihn anstarrte.
Guillaume fuhr sich mit der Hand in den Nacken. Das warnende Kribbeln war nicht zu spüren, dennoch fürchtete er um das Leben seines Enkels.
Marguerite war totenblass geworden und zitterte am ganzen Leib.
William hatte umgehend losstürzen wollen, doch John hielt ihn zurück. Auf sein Zeichen standen sogleich mehrere Ritter um ihn herum, bereit hinauszustürmen. Bevor der König aber seine Anweisungen erteilen konnte, betraten Robert und Williams Page, Adam, mit einer Magd und einem Kind die Halle.
»Richard!« Marguerite stürzte aufgeregt auf Adam zu und nahm ihm den Jungen ab. »Geht es ihm gut?«, erkundigte sie sich, küsste und herzte ihr Kind und tastete besorgt seinen Leib ab. »Ich bin fast umgekommen vor Sorge«, sagte sie mit zärtlichem Vorwurf und strich ihrem Sohn über den roten Schopf.
Robert schob die Magd unsanft vor sich her. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt und ihr Haar offenbar von einem Kampf zerzaust.
»Sie hat Emma niedergestochen und den Jungen in den Wald gebracht«, wandte er sich an William und verbeugte sich vor dem König. »Geh auf die Knie vor König John«, befahl er ihr und stieß sie zu Boden.
»Warum hast du das getan?«, fragte John scheinbar ruhig. Die geschwollene Ader an seinem Hals aber zeigte deutlich, wie aufgebracht er war.
»Sein Vater hat es mir aufgetragen. Er ist mein Liebster!«, antwortete die Magd wichtigtuerisch. Sie schien weder zu begreifen, in welch gefährliche Lage sie William mit ihrer Behauptung brachte, noch welch furchtbaren Verbrechens sie selbst schuldig war.
Guillaume blickte erschrocken zu seinem Sohn. Was in aller Welt bedeutete das? Warum beschuldigte ihn das Weib?
»William!« John sah seinen Schwiegersohn voller Zorn an, und sofort zogen seine Männer einen engen Kreis um William. »Warum hast du das getan?«
»Aber … ich habe nichts dergleichen …«, stammelte der erstaunt. »Ich habe dieses Weibsstück nie im Leben gesehen!«, rief er empört aus.
Marguerite sah ihren Gatten ungläubig an und tat ihm unrecht damit, dessen war Guillaume ganz sicher. Ganz
Weitere Kostenlose Bücher