Der goldene Thron
nur wegen des Bauches, der sich unter ihren Kleidern wölbt, sondern wegen der Weichheit ihres Blicks. Die Königin begehrt ihren Gemahl, das hat jeder sehen können, darum sage ich dir, sie ist wütend auf ihn. Ich bin sicher, sie glaubt, Grund zur Eifersucht zu haben.« Isabelle reichte Suzanne die Bürste aus weichen Schweineborsten. »Vielleicht ist eseine frühere Geliebte, die ihr Kummer macht. Möglicherweise glaubt sie, dass der König ihr etwas verschweigt«, überlegte sie.
Guillaume zuckte vor Schreck zusammen. Plötzlich war ihm unerträglich heiß. Ob Isabelle einen Verdacht wegen William hatte? Wenn ja, erwartete sie gewiss sein Eingeständnis. Wusste sie jedoch nichts, so war es besser zu schweigen. Er schnaufte. »Wir sollten gehen«, forderte er sie auf und streckte ihr den Arm hin, damit sie sich unterhakte. Es war die zwölfte Nacht, in der sie die Geburt des Herrn feierten. Der letzte Festtag, den sie am Hof des Königs verbringen würden, bevor sie nach Striguil zurückkehrten.
Sir Odon of Elmswick geleitete die Königin an ihren Platz in der Halle, zog für sie den Stuhl vom Tisch zurück, wartete, bis sie bereit war, sich zu setzen, und schob ihn dann heran. Als Hauptmann ihrer Leibwache war er für ihre Sicherheit zuständig, nicht aber dafür, sie bei Tisch zu bedienen, darum entließ ihn die Königin mit einem eleganten Nicken.
Guillaume runzelte die Stirn. Warum nur grinste das Spanferkel so? Noch immer nannte er Odon in Gedanken so, denn an seiner Abneigung hatte sich in all den Jahren nichts geändert.
»Macht Euch auf einen aufregenden Abend gefasst, Maréchal!«, raunte ihm der König zu, als er den Platz neben ihm einnahm.
Guillaume nickte und lächelte bemüht. Vermutlich hatte John Schauspieler oder Gaukler kommen lassen. Er seufzte kaum hörbar und wandte sich an Isabelle, die zu seiner Rechten saß, legte seine Hand auf die ihre und drückte sie sanft.
»Der König und die Königin scheinen sich versöhnt zu haben«, flüsterte sie ihm zu. »Sieh nur, wie einträchtig sie miteinander tuscheln und lachen.«
Guillaume nickte erleichtert, nahm den Weinkelch, der vor ihm auf dem Tisch stand, und reichte ihn Isabelle. Sie würden ihn während des Festmahls teilen, der erste Schluck aber gebührte ihr. »Du bist wunderschön!«, raunte er ihr ins Ohr.
Plötzlich hob der König die Hand, und das Gemurmel im Saal erstarb. Diejenigen, die nicht bemerkt hatten, dass John das Wort zu ergreifen dachte, wurden von ihrem Tischnachbarn zur Ordnung gerufen, und so war schon nach wenigen Augenblicken kein Wispern und kein Tuscheln mehr zu hören.
»Freunde, Lehnsmänner, Verbündete«, begann der König feierlich und hob seinen mit Edelsteinen verzierten Pokal. »Wie Ihr wisst, sind wir schon seit vielen Tagen versammelt, um bis zum morgigen Dreikönigstag die Geburt unseres Herrn Jesus Christus zu feiern.«
Zustimmendes Gemurmel war zu hören.
»Aber es gibt noch ein weiteres glückliches Ereignis, das wir feiern sollten.« Der König nickte gewichtig.
Vielleicht war die Königin doch schwanger, und nur die mangelnde Erfahrung der jungen Frau für ihre schlechte Laune der letzten Tage verantwortlich gewesen. Guillaume sah John gespannt an.
»Dass ich bereits eine verheiratete Tochter habe, wisst ihr alle, denn ihr kennt Joan. Heute aber habe ich erfahren, dass ich Vater eines weiteren Kindes bin.«
Wieder ging ein Raunen durch den Saal.
Ein weiterer Bastard also war der Grund für den Ärger der Königin gewesen! Guillaume sah erst den König, dann dessen Gemahlin erwartungsvoll an. John hatte ihm einen aufregenden Abend vorausgesagt. Gaukler und Musikanten hatte er damit offenbar nicht gemeint. Wie aber hatte der König es fertiggebracht, sein Eheweib so rasch zu beruhigen? Milde lächelnd saß die junge Königin neben ihm, und von Streit und Eifersucht war auf ihrem Gesicht nicht die geringste Spur mehr zu sehen.
John hob erneut die Hand und bat um Ruhe. »Ich will euch nun meine Tochter und ihren Gatten vorstellen.«
Guillaume hielt gespannt den Atem an.
»Alix de Hauville, die Mutter meiner Tochter, war eine schöne und kluge Frau«, begann der König, und Guillaume glaubte, sein Herz setze zu schlagen aus. Marguerite war eine de Hauville!
»Und da sie außerdem eine liebende Gemahlin mit einem großen Herzen war, hat sie ihrem bis dahin kinderlosen Gatten verschwiegen, dass nicht er, sondern ich der Vater ihrer Tochter bin.«
Während alle gebannt den König angestarrt
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