Der goldene Thron
zehntes Kind unter dem Herzen, und du lässt mich allein!«, warf Isabelle ihm vor, wohl wissend, dass sie ungerecht war. Auch ohne die sterbende Schmiedin hätte er gehen müssen. »Würdest du mich auch allein lassen, wenn der König dich nicht zu sich riefe? Nur, um ihr in der letzten Stunde die Hand zu halten?« Isabelle konnte nicht umhin, den Trotz in ihrer Stimme zu bemerken.
Guillaume sah sie traurig an und antwortete nicht.
Was hätte er auch sagen sollen? War es nicht ein Zeichen größter Wertschätzung für die Frau, die ihm einen Sohn geschenkt hatte, dass er zu ihr ging, um ihr die letzte Ehre zu erweisen? Und ein Beweis der Liebe für ihren gemeinsamen Sohn? William war kein Kind mehr, und er war kein ehelicher Nachwuchs mit Ansprüchen auf ein Erbe oder einen Titel. Nie hatte er etwas von seinem Vater gefordert. Hätte sie ihren Gemahl darum für seine Herzensgüte und Treue nicht noch mehr lieben müssen?
Was war sie doch nur für ein schlechter Mensch! Isabelle schluchzte. »Wenn ich vor dir zum Herrn gehe, versprichst du mir dann, auch an meinem Lager zu sitzen?«, fragte sie weinend.
Guillaume streichelte ihr über die Wange. »Wie kannst du nur fragen, meine Liebste?« Er küsste sie sanft. »Und du? Wirst du ebenfalls an meiner Seite sein, wenn es so weit ist und ich meine Seele in die Hand des Herrn lege?«
Isabelle warf sich in seine Arme und nickte heftig. »Das werde ich, denn du bist mein Leben, ohne dich …« Tränen liefen ihr über die Wange. Sie schüttelte den Kopf und rang nach Atem. »Komm zu mir zurück, so schnell du kannst.«
* * *
Guillaume wusste, dass es Krieg unter seinen Baronen geben würde, sobald er Irland den Rücken zukehrte. Meilyr würde dafür sorgen, dass sie gegen ihn aufstanden, auch wenn er selbst nicht dabei sein konnte, weil er ebenfalls zum König berufen worden war. Gewiss würde er seinen Verbündeten genaue Anordnungen hinterlassen, und vermutlich würden sie nicht einmal lange warten und angreifen, sobald Guillaume fort war. Sie hofften sicher, dass er niemals zurückkehrte, doch sie täuschten sich. Er würde zurückkommen. Er musste!
»Jean«, wandte er sich an seinen treuen Freund und lächelte. »Einen Teil meiner Ländereien werde ich der Aufsicht von Jourdain de Sauqueville unterstellen, die Grafschaft Kilkenny aber und die restlichen Güter sollst du für mich verwalten, während ich fort bin. Hab ein besonderes Augenmerk auf Isabelle und die Kinder!«
Jean d’Erlée, der Guillaume ergeben war wie kein Zweiter, verneigte sich tief. »Ich fühle mich geehrt von Eurem Vertrauen, Mylord, doch ich fürchte, dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Ihr solltet einen erfahreneren Mann als mich dafür wählen.«
Guillaume schnalzte mit der Zunge. »Unsinn, mein lieber, guter Freund. Du wirst diese Aufgabe übernehmen, denn ich vertraue dir wie keinem anderen. FitzRobert wird dir zur Seitestehen und dir behilflich sein. Auch lasse ich euch weitere Ritter zur Verstärkung hier. Ich nehme nur Henry Hose zu meiner Begleitung mit nach England.«
»Wollt Ihr nicht wenigstens Geiseln von Euren Baronen fordern, um sie ruhigzuhalten, solange Ihr fort seid? Ich fürchte, Mylord, dass einige von ihnen Euch verraten werden, noch bevor Ihr England erreicht habt!«
Guillaume schüttelte den Kopf. »Nein, Jean, ich hoffe, es wird ohne Geiseln gehen. Lass meine Barone hier zusammenkommen, damit ich zu ihnen sprechen kann, bevor ich aufbreche!«
»Wie Ihr wünscht, Mylord!« Jean d’Erlée verbeugte sich. »Sorgt Euch nicht, Sir Guillaume, ich werde alles tun, um Eure Gemahlin und Eure Ländereien zu schützen!«
»Das weiß ich, mein Freund, und ich vertraue darauf, dass es dir gelingen mag!« Guillaume klopfte ihm auf die Schulter und lächelte ihn aufmunternd an. Jean d’Erlée war ihm so teuer wie ein Sohn, ja, er kannte ihn besser als Guillaume und Richard oder William, denn er hatte in seinem Leben mehr Zeit mit ihm verbracht als mit all seinen Söhnen zusammen. Er wusste, was Jean liebte, was er fürchtete und welche Hoffnungen er in seinem Herzen trug. Er hatte ihn schnarchen und schmatzen hören wie einen Säugling, wenn er an seinem Fußende geschlafen hatte, und kannte jede seiner Eigenheiten, seine Fehler und Schwächen, aber auch seine Stärken. Er wusste, dass er sich auf ihn verlassen konnte, weil Jean eher sterben würde, als ihn jemals zu verraten.
Als sich die Barone seiner Grafschaft wie aufgefordert wenige Tage später in Kilkenny
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