Der goldene Thron
lesen, vielleicht war es auch Enttäuschung. Sie schnaufte. »In zwei, drei Tagen erst?«
»Ich will sie nicht kränken. Stell dir nur vor, wir wären in einer solch misslichen Lage!«
»Und du glaubst, ausgerechnet Lady de Braose würde uns in einem solchen Fall zur Seite stehen?« Isabelle lachte auf. »Sie hasst dich, Liebster. Sie kann dich nicht ausstehen, weil du ihrem Gemahl überlegen bist. Jetzt mehr denn je! Sie gönnt dir weder dein Ansehen, das größer ist als seines, noch deinen Wohlstand. Wenn sie könnte, würde sie dich eigenhändig erwürgen, das kannst du mir glauben! Ich kann es in ihrem Blick sehen, wenn sie sich unbeobachtet wähnt. Vermutlich haben sie dich nur um Hilfe gebeten, um dich ebenfalls beim König in Misskredit zu bringen. Zwei Tage, hörst du? Höchstens drei. Bis dahin werde ich in der Kammer bleiben!«, erklärte sie entschlossen. »Damit du nicht vergisst, Wort zu halten!«
»Heiliger Himmel, du bist ja schon fast so misstrauisch wie der König und würdest am liebsten Geiseln von mir fordern, wären meine Kinder nicht auch deine!«, antwortete Guillaume ungehalten.
»Bis auf einen Sohn, wenn ich mich recht erinnere, den du nicht von mir hast und den der König nicht anrührt!«, erwiderte Isabelle schnippisch und wandte sich ab.
Guillaume atmete hörbar aus, erhob sich und kleidete sich an.
Isabelle vergrub das Gesicht in ihrem Kissen, als er die Kammer verließ. Sie biss sich auf die Oberlippe, bis sie Blut schmeckte, und versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die ihre Augen überschwemmen wollten. Sie hasste es, mit Guillaume zu streiten, und bereute, so spitz geantwortet zu haben. »Hauptsache, sie sind bald weg!«, murmelte sie und wischte sich über die Augen.
* * *
Conall hieb dem Pferd mit aller Wucht die Fersen in die Flanken und duckte sich, um niedrig hängenden Ästen auszuweichen. Trotzdem peitschten ihm immer wieder Zweige ins Gesicht, und schon bald lief warmes Blut über seine Wange. Er hätte mit dem Handrücken darüberwischen wollen, doch dafür war keine Zeit. Schneller, ich muss schneller als sie sein! Besorgt warf er einen Blick nach hinten. Er schien nicht verfolgt zu werden. Noch nicht. Dass er das beste Pferd seines Herrn gestohlen hatte, konnte ihn den Kopf kosten, doch nicht um sein Leben fürchtete er. Sein eigenes Schicksal war ihm gleich, solange ihn nur niemand aufhielt und er noch rechtzeitig kam, um Isabelle zu warnen.
Eineinhalb Jahre war es her, dass er aus Kilkenny vertrieben worden war wie ein Hund, der nicht mehr zur Jagd taugte. Der Hass auf den Maréchal hatte ihn blind gemacht und sein Herz zu einem kalten Stein werden lassen. Sein neuer Herr, ein Weggefährte Strongbows, verabscheute den Maréchal ebenso wie er und intrigierte gegen ihn, wo er nur konnte. Auch mit Lady de Braose, die Aufnahme in Isabelles Haus gefunden hatte, hatte er heimlich Nachrichten ausgetauscht.
Nach seinem Rausschmiss aus Kilkenny war Conall unglaublich stolz gewesen, dass der Lord ihn auf Anhieb als den Stallmeister des Maréchal erkannt und sich beeindruckt gezeigt hatte! Wie einen guten, alten Freund hatte er ihn behandelt, ihm ein kleines Haus überlassen, ihn geachtet und dafür gesorgt, dass er sich rasch heimisch gefühlt hatte. Conall schnaubte unwillkürlich.Wie einfältig er doch gewesen war! Er hatte sich wichtiggetan und so ausführlich von Kilkenny erzählt, dass jeder Dummkopf genaue Pläne von der Burg hätte aufzeichnen können, denn kaum jemand kannte die Feste besser als er. Wichtig hatte er sich gefühlt, als er den Soldaten seines Herrn von dem Treiben in Kilkenny berichtet hatte, und nicht bedacht, was diese eines Tages mit diesem Wissen anstellen würden.
Schneller, ich muss schneller sein als sie! Nur durch Zufall hatte er mitbekommen, was sie vorhatten. Ein Blutbad planten sie. Die Garnison von Kilkenny wollten sie niedermetzeln. Lady de Braose hatte seinem Herrn Nachricht geschickt, dass der Augenblick dafür gekommen sei. Der Maréchal würde mit einigen seiner Soldaten die Burg verlassen, um sie und ihren Gatten zu ihrem Schwiegersohn de Lacy zu geleiten.
Conalls Herz begann, wild zu schlagen. Zunächst hatte er jubiliert bei dem Gedanken, dass der Maréchal von diesem Ausflug heimkehren und einen Trümmerhaufen vorfinden würde. Die Hoffnung, Isabelle könne schon bald als Geisel auf der Burg seines Herrn verweilen, war ihm ein Licht in seinem dunklen Dasein gewesen. Doch die Anweisungen seines Herrn waren gnadenlos
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