Der goldene Thron
Euch um Erlaubnis, mich nach England begeben zu dürfen, Mylord. Ich trage noch immer Eure Farben und fühle mich Eurem Haus nach wie vor verbunden, aber …« Guillaumesah den Kammerherrn unsicher an. Ob Tancarville auch nur eine Ahnung hatte, welcher Kampf in ihm tobte? Wie sehr er hoffte, bei ihm bleiben zu dürfen?
»Nach England?«, fragte Tancarville und nickte nachdenklich. »Und wohin genau zieht es dich?« Er ging zu einem langen Eichentisch, auf dem Wein und Brot standen, goss einen Becher Roten ein, der nach Nelke und Zimt duftete, und überreichte ihn Guillaume.
»Zu meinem Onkel, dem Bruder meiner Mutter.« Er nahm den Wein dankend entgegen und trank einen großen Schluck. Tancarville sollte nicht merken, wie bang ihm zumute war.
»Zu Sir Patrick!« Der Kammerherr wirkte erfreut. »Eine gute Wahl, so er denn Verwendung für dich hat. Doch ich schätze, das dürfte ihm keine allzu großen Schwierigkeiten bereiten. Du bist ein tüchtiger Mann und sein Neffe noch dazu. Für einen Ritter wie dich sollte in einem bedeutenden Haushalt wie dem seinen wohl ein Platz sein.« Tancarville lächelte zuversichtlich.
Warum kann ich dann nicht in Euren Diensten bleiben, wenn ich doch ein tüchtiger Mann bin?, wollte Guillaume schon mit einem Anflug von Bitterkeit fragen, doch er schwieg, schlug nur den Blick nieder. »Dann lasst Ihr mich also gehen?«, hakte er nach.
»Gewiss! Wie sollte ich auch einem so viel versprechenden jungen Mann wie dir im Wege stehen? Du hast meinen Segen, Guillaume.« Mit diesen Worten legte er ihm die Hand auf den Arm. »Verzeih, dass ich mich nicht länger mit dir unterhalten kann. Der König wünscht mich zu sehen. Wir brechen morgen in aller Frühe auf, und ich habe noch viel zu regeln. Falls du noch ein paar Tage bleiben willst, wende dich nur an Sir Ansgar.« Er umarmte Guillaume ein weiteres Mal und ließ ihn stehen.
Enttäuscht von dieser Heimkehr, die keine war, beschloss Guillaume, zur Schmiede zu gehen, um wenigstens Alan noch ein letztes Mal zu sehen, bevor er für immer fortging. Er hatte sie so sehr vermisst, dass der Gedanke, ihr nun gegenüberzutreten, etwas Beängstigendes hatte.
»Guillaume!«, hörte er jemanden rufen, als er über den Burghof ging und drehte sich um.
»Enguerrand! Wie schön, dich wiederzusehen!« Guillaume nahm ihn bei den Unterarmen und sah ihn an. »Du bist kräftig geworden«, murmelte er erstaunt. »Ein richtiger Mann!«
»Geh schon vor, ich komme gleich nach!« Enguerrand nickte einem Jungen zu, der dicht hinter ihm stand und sie mit großen Augen anblickte.
»Tancarvilles Page?« Guillaume schaute ihm nach, als der Junge gehorchte und umgehend davonstob.
Enguerrand nickte. »Ein guter Junge, ein wenig zerstreut manchmal, aber willig und verschwiegen.« Er lächelte. »Wie schön, dass du zurück bist! Du begleitest uns doch sicher zum König? Ich bin nämlich ein wenig in Eile«, erklärte er und zog Guillaume ein Stück weiter.
»Nein … Ich gehe nach England.« Guillaume schüttelte den Kopf.
»Oh, wie schade!« Enguerrand blieb stehen und sah ihn enttäuscht an. »Wir werden bei Sonnenaufgang aufbrechen.« Er zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Und ich habe noch alle Hände voll zu tun.«
»Sicher, geh nur!« Guillaume lächelte.
»Ich hoffe, ich finde Zeit, um zu essen, dann sehen wir uns vielleicht am Abend in der Halle.« Enguerrand winkte ihm zu und lief dem Pagen seines Herrn hinterher.
Guillaume sah ihm nach und ließ den Blick über die Burg, den Hof und die Übungsplätze schweifen. Der Ort war derselbe, aber die Zeit war eine andere. Er gehörte nicht mehr hierher, und diese Erkenntnis schmerzte ihn.
»Gott zum Gruß, Meister Donovan!«, sagte Guillaume höflich, als er die Schmiede betrat. Obwohl ihm das Blut vor Aufregung in den Ohren rauschte, bemühte er sich, ruhig und besonnen zu wirken. »Ist Alan da?« Auch wenn es nicht vernünftig schien, alte Wunden aufzureißen, so hoffte er doch inbrünstig, sie nochein letztes Mal zu sehen, bevor er dem Festland endgültig den Rücken kehren würde.
»Nein!«, antwortete Donovan so harsch, dass Guillaume unwillkürlich zusammenzuckte. »Alan ist fort!« Der Schmied nahm ein Eisenstück mit der Zange und begann, es mit dem Handhammer zu bearbeiten, ohne Guillaume noch eines Blickes zu würdigen. In jedem einzelnen Schlag schien unbändige Wut zu stecken.
»Wohin?«, wollte Guillaume wissen. Alan war doch so glücklich darüber gewesen, auch als Geselle bei
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