Der goldene Thron
dein Fechtmeister?«
Guillaume bejahte, und Patrick of Salisbury grinste zufrieden. Ob er Ours’ strenge Hand am eigenen Leib erfahren hatte?
»Der König hat mich nach England geschickt, um ein Heer gegen Guy und Geoffrey de Lusignan auszurichten. Du hast von ihnen gehört?«
Guillaume nickte und wiederholte, was er gelernt hatte: »Siesind Brüder, mächtige Barone des Poitou, wo sie beachtliche Ländereien besitzen.«
»Richtig«, bestätigte der Earl. »Doch sie sind vor allem Aufwiegler. Machen dem König nichts als Scherereien«, erklärte er mit Nachdruck. »Ich könnte zur Verstärkung meiner Truppen noch einen tüchtigen Ritter brauchen. Was hältst du davon, mich aufs Festland zu begleiten?«
»Oh ja, Mylord!«, rief Guillaume erleichtert aus.
»Gut, dann ist es abgemacht!« Der Earl gab ihm die Hand und wandte sich dann seinen Begleitern zu. »Männer, das ist Guillaume le Maréchal, der Sohn meiner geliebten Schwester!« Dann sah er den Mann an, der mit Guillaume gekämpft hatte, und grinste. »Er scheint ein recht ordentlicher Schwertkämpfer zu sein, denkt Ihr nicht?«
Der Mann nickte grinsend, und Guillaume errötete. »Onkel, sagt, warum nennt Ihr mich Maréchal? Gebührt dieser Titel doch meinem Vater und nicht mir.« Er senkte demütig den Kopf.
»Der Herr hat deinen Vater zu sich genommen, wusstest du das nicht?« Der Earl ging auf Guillaume zu und legte ihm den Arm über die Schulter. »Er ist nicht mehr, mein Junge. Dein Bruder Jean hat bereits sein Erbe angetreten.«
Guillaume bekreuzigte sich betroffen. »Der Herr sei seiner Seele gnädig!«, murmelte er. Obschon er seinen Vater kaum gekannt hatte, empfand er seinen Tod als großen Verlust. Guillaume senkte den Kopf und fuhr mit der Hand über die Börse, die ihm sein Vater einst geschenkt hatte. Mehr würde er von ihm nicht besitzen. »Ich bin nur der Viertgeborene«, sagte er leise. »Der Titel des Maréchal und die Ländereien gebühren nun meinem Bruder.«
»Die Ländereien gewiss, Guillaume. Doch der Titel des Maréchal steht auch dir zu, der du sonst nichts bekommst. Oder ziehst du es vor, FitzJean genannt zu werden?«
»Oh, nein!«, rief Guillaume und lächelte wehmütig. »Maréchal gefällt mir besser!«Wohin sie auch kamen, überall stellte Patrick of Salisbury Guillaume voller Stolz vor.
»Das ist mein geliebter Neffe! Seht nur, wie schön und stark er ist! Ein mutiger Kämpfer, sicher im Umgang mit Schwert und Lanze und ein großartiger Reiter. Doch wen sollte das wundern, ist er doch vom gleichen Blut wie ich!«, prahlte er fröhlich und zwinkerte Guillaume zu, wenn sie mit offenen Armen und freundlichen Worten empfangen wurden.
Auf einem seiner Landgüter wies ihm der Onkel gar einen Platz am oberen Ende seiner Tafel, ganz in seiner Nähe, zu. Guillaume war glücklich wie nie zuvor. Niemals hatte man ihm herzlicher gezeigt, dass er willkommen war.
»Patrick von Salisbury zum Gönner zu haben, ist eine große Ehre! Er ist ein einflussreicher Mann. Besitzt das volle Vertrauen des Königs«, flüsterte der Ritter neben ihm Guillaume zu und nickte gewichtig. Sein fast schulterlanges, graubraunes Haar wippte auf und ab wie trockene Äste im Herbstwind, und seine haselnussfarbenen Augen glitzerten bewundernd. »Der Earl gehört zu den Männern, für die Treue kein leeres Wort ist, sondern die wichtigste aller ritterlichen Tugenden. Ich für meinen Teil bin darum überaus stolz, zu seinem Haushalt zu gehören, und das solltest du auch sein.«
»Oh, das bin ich!«, antwortete Guillaume hastig und blickte voller Liebe und Bewunderung zu seinem Onkel. Seinen Vater hatte er zu wenig gekannt, um ihn sich zum Vorbild zu nehmen, auch waren seine Erinnerungen an ihn nicht nur gut. Der Onkel aber war so, wie er selbst einmal werden wollte.
Im Stillen hatte Guillaume die Hoffnung gehegt, seiner Mutter und seinen Schwestern, die sich nach wie vor in England aufhielten, einen Besuch abstatten zu können, bevor er seinen Onkel aufs Festland begleiten würde. Wie gern hätte er sie in die Arme geschlossen und gemeinsam mit ihnen um den toten Vater getrauert, wie es sich für einen guten Sohn gehörte! Doch sein Onkel drängte zum Aufbruch.
Guillaume zog mit einem Hauch von Trauer im Herzen los und verspürte doch zugleich Vorfreude, weil er schon bald jene Ruhmestaten für den König vollbringen würde, von denen er schon als Knabe geträumt hatte. Diesmal überquerte er den Kanal darum nicht bang, sondern frohgemut und voller
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