Der goldene Thron
Furcht.
»Mörder seid ihr! Hasenherzige Verbrecher ohne Ehre im Leib!«, brüllte er vollkommen außer sich und hieb mit seinem Schwert um sich. »Schande über die feigen Lusignans, die den edlen Patrick of Salisbury heimtückisch ermordet haben!« Er winkte die Angreifer herbei. »Kommt nur, ich mache euch den Garaus!«, tönte er, und tatsächlich kamen immer mehr Männer auf ihn zu.
In seinem wütenden Eifer bemerkte Guillaume nicht, dass sicheiner der Rebellen von hinten an ihn heranschlich. Erst als er durch das Blattwerk hindurch einen Schwerthieb auf den Oberschenkel versetzt bekam und der Schmerz wie ein glühendes Eisen durch sein Fleisch fuhr, ahnte er, dass der Kampf zu Ende war.
Eine tiefe Wunde klaffte auf seinem Bein. Guillaume wehrte sich mit der Kraft der Verzweiflung, als man ihn entwaffnete, doch sein Widerstand war zwecklos. Sein Bein blutete zu heftig, und schon bald begann er zu taumeln. Eine beachtliche Blutlache lag zu seinen Füßen, aber niemand beachtete sie. Man stieß ihn herum, band ihm die Hände zusammen und hievte ihn auf eine Stute.
Sein Bein schmerzte grauenhaft. Es fühlte sich kalt an und zitterte. In seinen Ohren pfiff und rauschte es. Kaum noch bei Sinnen, hing er mehr auf dem Rücken des Pferdes, als dass er saß. Sein Kopf lag auf dem Hals des Tieres, während er seine Rechte, zur Faust geballt, auf die Wunde presste, damit sie aufhörte zu bluten.
Immer weiter in den Wald hinein jagten die Rebellen.
Guillaume zitterte am ganzen Leib vor Schwäche, als sie ihn schließlich vom Pferd zogen. Wenn er nicht sein Leben lassen wollte, musste er unbedingt die Wunde versorgen, die sofort wieder zu bluten begann, als er die Faust nicht mehr darauf drückte. Mühsam schnürte er sein Bein mit den Bändern seiner Bruche notdürftig ab, dann verließen ihn seine Kräfte, und eine gnädige Besinnungslosigkeit umgab ihn.
Als Guillaume erwachte, war es Nacht. Er brauchte eine Weile, um sich zu erinnern. Der Überfall!
Voller Wut wollte er hochfahren, doch ein reißender Schmerz in seinem Bein und das Einschneiden von Fesseln an seinen Händen und Füßen machten es ihm unmöglich. Guillaume stöhnte. Sein Bein pochte heftig. Ein paar Mal atmete er tief ein. Ob die Poiteviner noch andere Männer seiner Truppe gefangen hielten?Vorsichtig rollte er sich ein wenig herum. Gott, wie sehr sein Bein schmerzte!
Die Lusignan-Brüder saßen mit ihren Männern um ein Feuer und stopften sich gierig große Stücke von dem Fleisch eines gebratenen Wildschweins, das auf einem Spieß über dem Feuer brutzelte, in den Mund. Der Duft des Fettes, das auf das glühende Holz troff und in feinen Rauchschwaden aufging, ließ Unmengen von Speichel in Guillaumes Mund zusammenlaufen. Ob sie ihm am Ende ihrer Mahlzeit etwas abgeben würden? Es kam ihm vor, als hätte er Tage nichts mehr gegessen.
Er blickte sich vorsichtig um, konnte jedoch keine weiteren Gefangenen ausmachen. Offenbar war er der Einzige von Sir Patricks Männern, den sie mitgenommen hatten. Guillaume sah den Onkel wieder mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen, erinnerte sich an die niedergemetzelten Getreuen des Earls und fühlte, wie Trauer und Wut einem Stein gleich in seinem Magen lagen. Ob alle anderen tot waren? Er schluckte mühsam.
»Wenn er nicht endlich zu sich kommt, sollten wir ihn zurücklassen. Er hat viel Blut verloren. Vermutlich krepiert er ohnehin, bevor wir ein Lösegeld für ihn einstreichen können. Wir sollten ihn hierlassen«, vernahm er nach einer Weile die leise näselnde Stimme Guy de Lusignans. »He, du! Geh und sieh nach, ob er noch immer umnachtet ist!«, rief er einem seiner Männer zu.
Guillaume schloss die Augen und bemühte sich um einen flachen Atem. Vielleicht ließen sie ihn ja zurück, wenn sie glaubten, er käme nicht mehr zu sich.
Er spürte, dass sich jemand zu ihm herabbeugte.
»Sieht nicht aus, als hätte sich groß was verändert. Er ist immer noch blass wie ein Toter!«, hörte er den Mann sagen.
»Wir werden ihn nicht einfach liegen lassen. Schneid ihm die Kehle durch!«, befahl Guy de Lusignan, und Guillaume riss vor Schreck die Augen auf.
»Ach was, unser Gast hat ausgeschlafen und ist hellwach!«, rief der Mann neben ihm nun belustigt aus und trat Guillaume in die Rippen. »Wollte mich nur an der Nase herumführen!« Er sahsich zu den Lusignan-Brüdern um. »Was ist nun, nehmen wir ihn mit, oder soll ich ihn abstechen?« Er zog die Nase geräuschvoll hoch und spuckte auf den
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