Der goldene Thron
Anblick des Schwertes aber, das Ellen Athanor nannte, bereute er zum ersten Mal, nicht frei über seine Mittel verfügen zu können.
»Er findet es besser als nur gut, aber er will es nicht zugeben!«, raunte Guillaume Ellen zu, nachdem Meister Pierre ein wenig an der Waffe herumgenörgelt und sich dann abgewandt hatte. Er küsste sie auf die Nasenspitze, ohne sich darum zu scheren, ob es jemand bemerken würde.
Ellen sah sich verlegen um. »Können wir uns nach der Arbeit sehen? Ich muss mit dir reden. Es ist wichtig, aber nicht für jedermanns Ohren bestimmt«, bat sie und weckte seine Neugier damit.
Guillaume nickte. »Ich hole dich ab.«
Bis zum Abend blieb ihm genügend Zeit, um über ihre Worte nachzudenken. Was wollte sie ihm nur sagen? Hatte sie etwas zu beichten? Wollte sie vielleicht endlich ihr Geheimnis lüften und ihm gestehen, dass es nie einen Alan gegeben hatte? Oder … Er hielt einen Moment inne. Erwartete sie womöglich ein Kind von ihm?
Bei diesem Gedanken huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Im Geiste sah er sich auf seinem Streitross sitzen, vor sich einen Sohn, der Ellen wie aus dem Gesicht geschnitten war. Ein Sohn. Guillaume wiegte seinen Kopf ein wenig hin und her. Er hatte Ellen in den letzten Monaten häufig geliebt, und nicht immer war es ihm gelungen, sich rechtzeitig zurückzuziehen. Vielleicht war ihr darum nicht wohl gewesen, weil sie guter Hoffnung war!Guillaume dachte nach. Wenn es so war, würde sie heiraten müssen, damit jemand für sie und das Kind sorgte, denn er würde dazu nicht in der Lage sein. Wer aber nahm schon eine Frau, die das Kind eines anderen unter dem Herzen trug? Ein Schmied vielleicht, der ihre Begabung kannte und sie als wohlfeile Hilfe brauchen konnte.
Guillaumes Miene verfinsterte sich. Der Gedanke, Ellen an einen anderen Mann zu verlieren, war ihm ebenso unerträglich wie der, dass sie vorschlagen könnte, die Dienste einer Kräuterfrau in Anspruch zu nehmen, um sein Kind loszuwerden. Ewige Verdammnis und Höllenqualen waren die Strafe für einen solchen Mord.
Bis es zu dämmern begann, grübelte er immer wieder darüber nach, was Ellen ihm wohl zu sagen hatte, dann war es endlich Zeit, zurück zur Schmiede zu gehen.
»Fertig?«, fragte er sie mit klopfendem Herzen.
»Hm, ich komme.«
Sie sah besorgt aus. Ob sie fürchtete, er könne ihr zürnen, falls sie tatsächlich ein Kind erwartete? Guillaume lächelte sie aufmunternd an, als sie zu ihm aus der Schmiede trat.
»Ellenweore! Er ist weg! Ich kann ihn nirgends finden!« Madeleine, das junge, durchaus ansehnliche, aber stets ein wenig verwirrt wirkende Mädchen, das mit Ellen umherzog, stürzte auf sie zu. Es jammerte so laut, dass sich die Leute umdrehten und es neugierig begafften.
»Von wem spricht sie?«, wollte Guillaume wissen.
»Jean – ich hab dir schon von ihm erzählt!«
»Ja, richtig.«
Auch Jean war Ellens Wegbegleiter, und Guillaume erinnerte sich noch gut an seine erste Begegnung mit ihm. Warum aber wurde so viel Aufhebens um ihn gemacht? Der Junge sah nicht aus wie jemand, um den man sich sorgen musste. Vermutlich hatte er nur ein Liebchen gefunden. Er schien genau das richtige Alter für erste Erfahrungen zu haben. Kein Grund zur Besorgnis also. Ellen schien das ebenso zu sehen.
»Lass mich erst mein Werkzeug und das Schwert zum Zelt bringen, dann gehen wir ein Stück«, schlug sie vor. »Ich muss dir dringend etwas erzählen.« Sie rieb sich über die Schläfen.
»Du machst es ja ganz schön spannend!« Guillaume zwinkerte ihr lachend zu und begleitete sie.
Der graue zottelige Hund, den Ellen liebevoll Graubart nannte, begrüßte sie schwanzwedelnd, als sie bei ihrem Zelt ankamen. Ellen streichelte ihn kurz und schlüpfte dann, gefolgt von Madeleine, hinein.
Guillaume lehnte sich derweil an einen Baum und beobachtete einen dicken alten Mann, der von seinem Weib mit dem Kochlöffel verprügelt wurde. Immer und immer wieder hieb die erzürnte Frau auf ihn ein, verfluchte ihn und schimpfte, weil er angeblich einer jungen Magd schöne Augen gemacht hatte. Immer mehr Schaulustige wurden von ihrem Geschrei angelockt. Der Alte wehrte sich nicht, hob nur die Arme, um mit den Händen seinen Kopf zu schützen, und wimmerte. Guillaume wollte schon einschreiten, als sich ein anderer Mann seiner erbarmte und der Frau mitten im Schlag den Kochlöffel entriss. Als das Spektakel vorbei war und die Neugierigen wieder ihrer Wege gingen, stellte Guillaume erstaunt fest, dass Ellen
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