Der goldene Thron
im Hintergrund gehalten hatte, mit gezücktem Schwert auf sie zu.
Ellen reagierte umgehend und sprang Madeleine bei.
Mit Genugtuung stellte Guillaume fest, dass sie besser kämpfte als der Knappe. Mühelos drängte sie ihn zurück. Thibault jedoch würde sie nicht gewachsen sein, dachte er und zog nun ebenfalls sein Schwert. Ein drohender Blick von ihm reichte, und der Knappe ließ seine Waffe sinken.
Als Ellen Madeleine zu sich zog und versuchte, mit ihr das Zelt zu verlassen, stellte sich Thibault den beiden in den Weg.
»Lass sie doch gehen!«, forderte Guillaume ihn versöhnlich auf. Doch Thibault sah ihn nur verächtlich an.
Diesen Moment der Unachtsamkeit nutzte Ellen und versetzte ihm einen Streich auf den Schwertarm.
»Geht jetzt! Ich kümmere mich um ihn«, rief Guillaume ihr zu, als Thibault sein Schwert sinken ließ und nach seinem Arm griff, von dem das Blut troff.
»Lasst sie nicht entkommen!«, krächzte Thibault, doch vor dem Zelt wurde so lautstark gefeiert, dass ihn niemand hörte.
»Du hältst besser deinen Mund, sonst erstatte ich dem jungen König umgehend Bericht!«, fauchte Guillaume ihn an.
Thibaults Kinn zitterte vor Wut. Sein Wort würde gegen das des Maréchal stehen. Er schien abzuwägen, ob es sich lohnte, so weit zu gehen. Der junge König hielt große Stücke auf seinen Fechtmeister; vermutlich ahnte Thibault, dass es darum schwer werden würde, sich zu rechtfertigen, wenn der Maréchal ihn der Entführung eines Jungen bezichtigte.
»Ich sollte mir das mal ansehen!« Guillaume zeigte auf Thibaults blutgetränkten Ärmel und ließ sein Schwert sinken.
»Lass mich bloß in Frieden!« Thibault versuchte, ihn von sich zu stoßen, als er näher trat, sog die Luft geräuschvoll durch die Zähne ein und griff mit seiner Linken nach seinem verletzten Arm.
Immerhin vermochte er ihn ein wenig zu heben. Die Wunde würde seine Kampfkraft also nicht auf Dauer einschränken. Trotzdem schmerzte sie sicher heftig. Guillaume konnte nicht umhin, einen Anflug von Schadenfreude zu empfinden.
Ellen hatte einen großartigen Streich ausgeführt, genauso wie sie es früher in Tancarville geübt hatten.
»Verlass endlich mein Zelt«, fauchte Thibault. »Ich brauche kein Kindermädchen, oder glaubst du etwa, ich werde ihr nachlaufen?« Er spuckte verächtlich auf den Boden. »Sie ist nicht mehr wert als ein Straßenmädchen.« Dann lachte er gehässig auf. »Sie hat dir wohl den Kopf verdreht!« Schweißperlen standen auf seiner wachsweißen Stirn. »Du solltest dich lieber in Acht nehmen! Es lohnt sich nicht, mich ihretwegen zum Feind zu haben!« Er schwankte ein wenig und winkte seinen Pagen herbei, der bis dahin vollkommen reglos in einer Ecke gestanden hatte. »Bring mir Leinen, um mich zu verbinden, mach schon!«, fuhr er den Jungen an.
Der magere Knabe mit den dunklen Schatten unter den großen Augen sputete sich. Er bekam von einem Knappen das Leinen in die Hand gedrückt, von Thibault jedoch eine Ohrfeige, als er ihm die Stoffstreifen mit zitternder Hand reichte.
»Nun verbinde mich schon, du Tölpel!«
»Lass mich das machen«, schlug Guillaume vor, obwohl es ihn ungeheure Kraft kostete, seine Wut auf Thibault niederzuringen. Wie viel lieber wäre er ihm an die Gurgel gegangen, weil er Ellen beleidigt und bedroht hatte. »Ich habe mehr Erfahrung in solchen Dingen«, sagte er und schickte sich an, dem verängstigten Jungen die Leinenstreifen abzunehmen.
Thibault zischte nur herablassend.
»Wir sind niemals Freunde gewesen«, sagte Guillaume, »und ich weiß weder, was du dir bei dieser Sache gedacht hast, nochwas du mit dem Jungen anstellen wolltest, doch das ist nicht mehr von Belang, denn er ist fort, genauso wie Ellen.« Er verband Thibault, so gut es ging. »Du solltest die Wunde bald nähen lassen!«, fügte er hinzu und deutete auf das Leinen, das schon wieder von Blut durchtränkt war. »Auch wenn wir einander nicht ausstehen können, die Liebe zu unserem Herrn und der Dienst in seinem Haus verpflichten uns gleichsam. Vergessen wir also den Vorfall.« Guillaume hatte größte Mühe, gelassen zu klingen. Am liebsten hätte er Thibault auf der Stelle mit eigener Hand niedergestreckt, doch einen Edelmann zu töten, hätte ihn an den Galgen gebracht und Ellen nicht weitergeholfen. Ellen …
Guillaumes Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Sie würde vermutlich nie wieder auf ein Turnier kommen. Schließlich konnte sie nicht riskieren, Thibault noch einmal zu begegnen. Was, wenn sie
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