Der goldene Thron
reiche Ernte im kommenden Herbst sowie fässerweise frischen Cidre.
Während einige Vögel noch um die Gunst eines Gefährten balzten, hatten andere längst begonnen, in Bäumen oder Sträuchern an ihren Nestern zu bauen. Liebestolle Eichhörnchen und Hasen rannten umher, und verliebte Schmetterlinge umschwirrten einander. Überall brummte und summte es, denn es war Frühling!
Guillaume erfreute sich am Anblick des blauen Himmels, an dem nicht ein einziges Wölkchen dahinzog. Er würde auf Ellen warten müssen, denn er war noch vor dem Mittag zu ihrem Treffpunkt aufgebrochen, doch das machte nichts. Nur dass sie kam, war wichtig.
Als er den Wald erreichte, fiel die Sonne durch die zartgrünen Blätter, die an den Bäumen zu sprießen begannen, und tauchte alles um ihn herum in weiches Licht. Aus dem Unterholz reckten sich Brennnesseln der Sonne entgegen, und am Fuß einiger Bäume wuchsen grün-weiße Teppiche aus Maiglöckchen. Guillaume bückte sich und pflückte ein paar der zarten weißen Blumen. Als kleiner Junge hatte er seine Amme und seine Mutter hin und wieder mit Maßliebchen, Veilchen oder Maiglöckchensträußen erfreut. Ob er auch Ellen damit eine Freude machen konnte?
Als er genügend Blumen zusammenhatte, machte er sich auf den Weg zu der Stelle, an der sie sich am Vortag getrennt hatten. Hoffentlich kam sie auch! Guillaume dachte an ihre Verabredungen in Tancarville und war mit einem Mal ganz sicher. Sie würde kommen, was auch immer geschehen mochte!
Als er sich dem umgekippten Baumstamm näherte, sah er, dass sie bereits dort saß. Sie lächelte entrückt und war so faszinierendin ihrer Einfachheit, dass er sie einen Augenblick gebannt betrachtete, bevor er auf sie zuging.
Ellen blickte erstaunt zu ihm auf, als er sie ansprach, und blinzelte.
»Du bist noch schöner heute!« Guillaume setzte sich schwungvoll neben sie und streckte ihr die Blumen entgegen.
»Maiglöckchen!«, staunte sie, offensichtlich gerührt.
Guillaume sah sie nur schweigend an, obwohl sein Herz vor Glück schrie. Er hätte etwas sagen sollen, doch es wollte ihm einfach nichts Rechtes einfallen. Nur an die Liebe mit ihr konnte er denken.
Ellen wurde unruhig unter seinem Blick. »Ich werde bald mit einem Schwert anfangen«, hob sie an.
Nein, sprich nicht von deiner Arbeit!, dachte Guillaume, sonst kannst du nicht wieder aufhören. Er sehnte sich so sehr danach, sie in den Armen zu halten, dass er sie nicht weitersprechen ließ, nach ihrem Kinn griff, ihr Gesicht zu sich drehte und sie voller Verlangen küsste. Wie schon am Vortag nahm er sie wortlos an die Hand und zog sie mit sich.
»Nicht hier, wir könnten gesehen werden!«, widersprach sie, als sie sah, wo er sich niederlassen wollte, errötete und schüttelte den Kopf.
Fest entschlossen, sie nicht gehen zu lassen, breitete Guillaume die Decke aus und zog sie unbeirrt zu sich herab. Wenn sie erst lagen, würden sie kaum noch zu sehen sein. Und was war andererseits auch schon dabei, wenn jemand sie entdeckte? Am Vortag im Wald hätten sie ebenso leicht beobachtet werden können. Guillaumes Hals war wie zugeschnürt. Er war kein Mann großer Worte und Liebesschwüre. Auch wenn sie in seinem Kopf durcheinanderpurzelten, so wollten sie sich doch nicht so einfach aussprechen lassen. Er war ein Mann der Tat, darum küsste er Ellen, presste sie an sich und spürte beglückt, wie ihr Widerstand dahinschmolz.
Nachdem sie sich leidenschaftlich geliebt hatten, kleidete Guillaume sich an und legte sich auf den Rücken, um wie früherschweigend mit ihr den Himmel zu betrachten. »Erzähl mir von dem Schwert«, forderte er Ellen schließlich auf, die neben ihm lag, drehte sich auf den Bauch und stützte sich auf. In Ellens Augen schien sich die ganze Wiese zu spiegeln, so grün waren sie.
»Ihr habt …«
»Du!«, unterbrach er sie und hätte ihr vor Glück in die Nase zwicken mögen.
»Ich?«
»Du sollst du zu mir sagen!« Das also ist die Liebe, dachte er staunend und lächelte sie an.
»Gut. Du hast also gehört, was ich vorhin gesagt habe!«, funkelte sie ihn an.
Wie wunderbar sie aussah, wenn sie aufgebracht war!
»Natürlich habe ich zugehört. Aber da du Alans Schwester bist, war zu befürchten, dass wir den Nachmittag mit Vorträgen über Schwerter verbracht hätten, wenn ich gleich nachgefragt hätte. Ich gebe zu, mein Appetit auf dich war zu groß.« Und wird nie wirklich gestillt sein, dachte er, pflückte ein Maßliebchen und kitzelte sie damit, bevor er sie
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