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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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Lips sah das Entsetzen in den Gesichtern.
    »Brüder und Schwestern!«, sagte Pfarrer Porstmann in die Stille. »Millionen von Goldmünzen! Und wozu der Reichtum?« Der Pfarrer hob die Arme und schloss die Augen. »Geht in euch, Brüder und Schwestern! Lasst euch nicht in die Irre führen!«
    Lips sah die aufgebrachten Gesichter. Die Menschen konnten sich nur schwer zur Ruhe zwingen, falteten etwas widerwillig die Hände und schlossen die Augen.
    »Seid beständig auf eurem Weg«, sprach Pfarrer Porstmann, »denn der Satan schläft nicht und will euch durch solche Nachricht erproben. Es wird noch viele solcher Prüfungen geben. Aber ich sehe eine Zeit kommen, da werden die Erwählten, die Gott in Demut folgten, dankend ihre Hände zum Himmel emporheben! Ihr, die Erwählten, werdet letztlich vor Gott triumphieren – auch wenn ihr hier auf Erden von den gottlosen Kreaturen verhöhnt und verlacht werdet, weil ihr euch nicht den irdischen Verlockungen hinwerft.«
    Lips öffnete einmal die Augen und sah Haugwitz, der sich schwer atmend auf seinen Stock stützte und fassungslos vor sich hinstarrte.
    »Es wird über die Welt eine Zeit kommen, die wird zu Recht das Goldene Zeitalter heißen. Aber vorher wird der allmächtige Weltenrichter ein grausames Endgericht halten, wenn die Gerechten von den Ungerechten, Gutes von Bösem geschieden werden. Ich höre jetzt schon das Weheklagen, das nicht verstummen will! Ja, hundert Teile der Gottlosen werden vernichtet und nur ein Teil der Erwählten wird verschont werden. Brüder und Schwestern! Ich sehe es, und so wird es kommen! Amen! Nun geht und treibt weiter mit Inbrunst das Werk des Herrn!«
    Langsam leerte sich die Bibliothek. Lips wartete weiter, obwohl es ihn nun drängte, hinter den anderen zum Neuen Markt zu laufen und zu schauen, ob etwas zwischen Anna und dem Hausknecht war. Pfarrer Porstmann stand noch mit dem Herrn von Haugwitz und dem Apotheker am Kamin. Sie sprachen gedämpft miteinander. Lips spürte, dass es um Böttger gehen musste. Er beobachtete die Männer und wusste, dass dies die unverhoffte Gelegenheit war. Er trat etwas näher zu den Herren.
    »Nun, mein Sohn?«, fragte Pfarrer Porstmann, der ihn bemerkt hatte, und winkte ihn heran. »Was willst du noch?«
    Lips nahm seinen Hut ab. »Ich möchte gnädigst das Buch wieder zurückgehen, das Herr Pfarrer mir geliehen hat.«
    »Die Sprache der Römer war wohl doch zu schwer!«, sagte Pfarrer Porstmann milde.
    »Nein, ich hab es ausgelesen«, sagte Lips und genoss die erstaunten Blicke der Männer.
    »Wie!« Haugwitz griff nach dem Buch. »Das ist Caesar! Das erste Buch über den Gallischen Krieg!«
    Lips gab sich einen Ruck. »Ich würde auch gerne die Sprache der Griechen lernen.«
    »Na, na!« Der Apotheker lachte. »Bist du vielleicht ein Wunderbursche!«
    Pfarrer Porstmann legte Lips die Hand auf die Schulter. »Wieso denn Griechisch?«
    »Um die alten Schriften zu verstehen.«
    »Was denn für Schriften?«, fragte Haugwitz.
    »Von den alten Meistern der Alchemie.«
    »Wer hat dich denn auf die Idee gebracht?«, fragte der Apotheker mit einem ungläubigen Lächeln.
    »Der Herr Böttger, mit Verlaub. Er hat gesagt, dass das Geheimnis des Steins der Weisen in den alten Schriften verborgen liegt.«
    »Ja, sicher!«, sagte von Haugwitz. »Da hat der Böttger schon Recht. Aber was weißt du denn von Böttger?«
    »Lips hat ihm manchmal geholfen«, sagte der Apotheker jetzt etwas verärgert und winkte ab. »Beim Feuermachen und Wasserholen.«
    Haugwitz wandte sich wieder zum Apotheker. »In rerum chymicus reicht es nicht, Wasser übers Feuer zu schütten! Meine Herren, wir sollten jetzt doch…«
    »Ich will Adept werden«, sagte Lips dazwischen und suchte den Blick von Pfarrer Porstmann.
    Der Apotheker sah ihn nun verärgert an, und Haugwitz drehte sich zu Lips um. »Man sollte den überkecken Lümmel hier einmal…«
    »Einen Augenblick noch!«, sagte Pfarrer Porstmann. »Lips, warum willst du denn Adept werden?«
    »Ich will den Stein der Weisen finden. Ich hab viel von Böttger gelernt.«
    »Gut, aber wird das reichen für die große Kunst?«
    »Ja, ich glaub schon.«
    »Glauben! Glauben!«, rief Haugwitz.
    »Glauben heißt wissen!«, sagte Pfarrer Porstmann.
    »Ich weiß, Herr Pfarrer, ich weiß!«, sagte Haugwitz und schaute hoch an die Decke, als habe man schon öfter über das Wortspiel gesprochen. »Aber meine Herren, wir sollten jetzt wirklich die Ereignisse in Dresden besprechen!«
    Der Apotheker

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