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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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Grünspan. Alles wohl geordnet und die chymischen Zeichen sauber aufgemalt. Nicht so ein Durcheinander und Geschmiere wie bei unserem Böttger! Es ist alles vorhanden, was ein wahrer Adept sich wünschen kann. Hast du schon von unserem Kollegen Dippel gehört?«
    »Nein.« Lips fragte sich, wie Kunkel es angestellt hatte, unbemerkt und ohne Begleitung von Pfarrer Porstmann und dem Apotheker hinunter ins Laboratorium gekommen zu sein.
    »Ja, Dippel, dieser Schalk, behauptet doch tatsächlich, er hätte früher einmal Gold gekocht. Unglaublich, nicht wahr? Aber ich habe ja nie eine Probe des Herrn Hofalchemisten gesehen. Wahrscheinlich alles nur Geschrei, das Dippel selbst in die Welt setzt.«
    Lips war überrascht. »Der gnädige Herr Dippel ist Hofalchemist?«
    »Wusstest du das nicht? Ja, er ist zum königlichen Hofalchemisten ernannt worden. Schon vor einigen Monaten. Es haben sich doch alle das Maul darüber zerrissen. Auch unser Pfarrer Porstmann war beunruhigt.« Kunkel rieb sich die Hände, als würde er sie salben. »Ich sprach doch noch selbst mit Pfarrer Porstmann darüber. Dass er es dir nicht… Und was kann ich denn schon über Dippel sagen! Er wird auf königlichen Vorschuss gehen wollen, der Herr Hofalchemist.« Kunkel griff lächelnd nach dem Blasebalg, presste ihn und lauschte dem Luftstoß. »Nun ja, wie man hört, bedrängen die Gläubiger den geschätzten Kollegen, und dann diese Burg, die dieser Leichenschänder erwerben will! Aber was geht es mich an! Ich will auch kein böses Gerede in die Welt setzen. Dass Pfarrer Porstmann dir nichts davon erzählt hat! Nun ja. Und du? Wie geht es bei dir voran?«
    Lips wusste nicht recht, was er antworten sollte. »Ich studiere die Schriften der Alchemisten«, wich er aus. Das Kücken piepste und zappelte in seiner Hand.
    »Sehr vernünftig.« Kunkel klopfte mit den Fingerknöcheln auf die Rohre des Destillierapparates und horchte auf den Klang. »Ah ja, bevor ich es vergesse: Ein Apothekengeselle – ich weiß seinen Namen nicht –, er hat mich gebeten, dich doch kurz hochzuschicken. Er hat Materialien für dich, auf die du wohl schon lange wartest. Ich warte hier, möchte mich noch mit dir etwas unterhalten. Weißt du, es gibt so wenige Chymicis mit Geschick! Und noch weniger mit Verstand! Der Haugwitz, na, du weißt schon, aber ich will bestimmt nichts Böses in die Welt setzen, nein… Nun geh schon.« Kunkel wies ihn mit der Hand hinaus. »Ich setze mich so lange. Ich bin heute nicht so gut zu Fuß. Die Beine sind mir heute ganz wassersüchtig. Nun mach schon, was man dir sagt!«
    Kunkel griff nach einem Hocker und lehnte sich an den Windofen. Lips widerstrebte es, ihn alleine im Laboratorium zu lassen, aber er traute sich nicht, den hohen Herrn hinauszubitten. Kunkel bückte sich über seinen wohlgenährten Kugelbauch, wobei sein Gesicht puterrot anlief, und zog sich einen fein gearbeiteten Schnallenschuh aus. Die Ränder hatten sich tief in den geschwollenen Fuß eingegraben. Kunkel zupfte den Seidenstrumpf aus den Kuhlen und rieb sich die Wülste mit leidender Miene. Lips ließ beim Hinausgehen die Tür offen stehen und sprang die Treppe hoch. Er klopfte an die Tür zur Offizin, die kurz darauf einen Spalt aufging.
    »Ah, ja!«, sagte der Apothekengeselle nur, schaute verwundert auf das Kücken, das Lips noch immer in der Hand hielt, und schloss wieder die Tür.
    Es dauerte für Lips eine Ewigkeit. Zwischendurch ging er zurück an die Treppe und horchte nach unten. Das Kücken piepste in seiner Hand, und er spürte den ängstlichen Herzschlag. Schließlich reichte der Apothekengeselle ein kleines Säckchen hinaus. Roher, ungeschwefelter Grauspießglanz stand auf einem Zettel, der darauf geheftet war. Es war ein besonders reines Erz, das in ungarischen Bergwerken wuchs. Böttger hatte es einmal erwähnt.
    Als Lips wieder ins Laboratorium trat, hatte Kunkel sich auch den anderen Schuh ausgezogen und rieb sich den Fuß. Lips legte das Säckchen mit der Aufschrift nach unten auf den Tisch und bemerkte den neugierigen Blick von Kunkel.
    »Ah, eine neue Materie!«, sagte Kunkel. »Eine so gut geführte Apotheke ist ein wahres Paradies für einen Adepten, nicht wahr?« Er zog eine Uhr hervor, sah kritisch darauf und hielt sie prüfend ans Ohr. »Nanu, die steht ja! Mein Gott, der Schneider wird längst warten!« Behende bückte er sich und zwängte seine Füße in die Schuhe. »Vielleicht erwische ich ja das nächste Mal den Herrn Apotheker, ich hatte

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