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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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erfolgreichen Probe ein Stück feste Materie in das flüssige Silber geworfen. Lips hatte nun versucht, die Tinktur einzudicken und trockenzukochen. Den ganzen Tag saß er vor dem Windofen und hielt die Glut bei schwacher Hitze. Dabei steckte er sich einen kleinen Silberklumpen in den Mund, den der Apotheker sorgsam vor seinen Augen abgewogen hatte, und schmeckte das Silber. Jedes Mal, wenn das Stundenglas abgelaufen war, hob er vorsichtig den Deckel des Tiegels an und ließ den Dampf entweichen. Dann wieder saß er sinnierend vor dem Ofen, ging nochmals alle Arbeitsschritte durch und ließ das Silber im Mund hin und her gleiten und versuchte dabei, den Geschmack des Metalles zu ergründen.
    Er hatte noch etwas Zeit, bis das Stundenglas abgelaufen war, stellte einige Tiegel in einer freien Ecke auf den Boden und füllte etwas vom Berliner Blau hinein. Dann nahm er die Flaschen mit den Säuren, die er sich nach Böttgers Bestellliste hatte kommen lassen, und füllte nacheinander etwas davon in die Tiegel. Auf einem Bogen notierte er die Säuren und die Quantitäten: Vitrolsäure, Salpetersäure, Salzsäure.
    Lips räumte noch einige Gefäße ins Regal, dann verließ er das Laboratorium und stieg die Treppe hoch. Er hörte entfernt ein Husten. Der Apotheker musste noch in der Bibliothek sein. Er trat in den Hof und schloss die Tür hinter sich ab. Draußen war es inzwischen stockduster. Der neue Bluthund kam gelaufen und zerrte an dem Stück Speck, das Lips in seiner Hand hielt. Er kniete sich zu ihm und klopfte den Hals. »Ja, pass nur auf!«, flüsterte er und blickte ringsum in die Fenster. Im Gesindehaus war schon alles dunkel. Auch im Haupthaus. Er sah hoch zu Annas Dachfenster, plötzlich meinte er darin einen Lichtschein zu sehen. Er ließ vom Bluthund ab und ging hinüber zum Gesindehaus, um von dort besser sehen zu können.
    Er stellte sich auf die Fußspitzen und blickte hoch. Jetzt sah er einen Lichtschein im oberen Fenster des Treppenaufganges, und zugleich leuchtete es ganz schwach in Annas Kammer. Sie musste in der Tür stehen! Einen Augenblick darauf sah er einen Lichtschein eine Etage tiefer, wo Pfarrer Porstmann seine Wohnung hatte. Anna musste in großer Eile sein, denn schon leuchtete es unten aus dem kleinen Fenster neben dem Ausgang zum Hof. Lips blickte zu den Küchenfenstern, aber dort konnte er nichts erkennen. Merkwürdig. Auch in den anderen Fenstern nicht.
    In plötzlicher Unruhe suchte er die Fenster ab, während ihm der Bluthund die Hand vom Speck leckte. Es tat sich nichts. Wenn Anna sich etwas aus der Küche geholt hätte, dann musste sie schon längst wieder zurück sein, überlegte er. Außerdem war es dem ganzen Gesinde strengstens verboten, ohne Erlaubnis in die Küche zu gehen. Und schon gar nicht nachts! Lips' Hals wurde ganz trocken. Der Bluthund jaulte kurz auf, als Lips aufsprang und zum Tor lief, das bei Dunkelheit immer abgeschlossen war. Er stemmte sich über das Tor, lief geduckt weiter und stellte sich in einiger Entfernung vor das Haus und sah in die Fenster. Nirgends war Licht. Auch in der Bibliothek, aus der er das Husten gehört hatte, war es dunkel.
    Er starrte einen Augenblick auf die Fenster der Bibliothek, da hörte er aus der Ferne den Nachtwächter, der die erste Morgenstunde ausrief. Lips lief zurück und kletterte über das Tor. Auf der anderen Seite wartete schon der Bluthund auf ihn, der auf eine nächtliche Spielerei spekulierte. Lips zog den Schlüssel vor, stieß den Bluthund zurück und trat durch den Hintereingang in den Flur. Er horchte ins Dunkel, konnte aber nichts hören, dann schlich er zurück ins Laboratorium. Fieberhaft zog er die Rohre des Destillierapparates auseinander und fügte sie zu einem Horchrohr zusammen, wie Böttger es oft getan hatte. Vorsichtig schob er das Horchrohr in den Kamin und fügte die anderen Rohre an, sodass es immer höher in den Kamin wuchs. Dann legte er sein Ohr an das Ende.
    Lips musste sich bezwingen, denn zuerst hörte er nur seinen eigenen Atem. Oben war es still, als wäre niemand in der Bibliothek. Alles, was er sich in seinen Bildern mit Anna gewünscht hatte, kam ihm plötzlich in den Sinn: Wie er ihr Haar streichelte, ihre Brüste berührte, ihren Schoß erkundete und all die Dinge mit ihr tat, mit denen die Knechte prahlten, wenn der Hausknecht nicht in der Nähe war. Es ekelte ihn, wenn er die anzüglichen Redensarten der älteren Knechte hörte und ihnen dabei der Geifer im Gesicht stand. Er hatte es sich

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