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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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dachte an die Flasche mit der Blauen Säure, die er gemischt hatte. Es ruckte in ihm, und er drückte sein Kreuz gerade.
    Tullian musste rau husten und wies auf einen Hocker. Aus dem Nebenzimmer klang das Geräusch eines Korkens, der kraftvoll gezogen wurde.
    »Was stehst du denn noch rum?« Tullian sprach ganz leise. »Hört einfach nicht, wenn man ihm was sagt! Na, also. Es war hart, mein Sohn, sehr hart. Die Schweine sind bei der Tortur nicht zimperlich gewesen. Aber ich war härter als sie. Nichts hab ich zugegeben; nichts und niemand verrät ein Tullian. Wie sich's für einen Kochemer gehört!« Er sah Lips eindringlich an. »Auch ohne Opiumpillen! Du solltest mir doch welche bringen!«
    Lips hielt dem Blick des Vaters nicht stand. »Ich hatte Hausarrest damals.«
    »Hausarrest?« Der Vater schüttelte mit dem Kopf. »Ein Kochemer und Hausarrest! Ich weiß nicht, was mit meinem Sohn los ist!«
    Lips mied den Blick des Vaters. Er musste etwas sagen. »Wie…«, hörte er sich fragen. »Wie bist du denn rausgekommen?«
    Aus dem Nebenzimmer drang ein abwehrender Schrei der Hure.
    »Dachte schon, du sprichst nicht mehr mit deinem Vater. Grüßt noch nicht mal, der Herr Sohn, wenn er reinkommt! Da, mach die Krüge voll!« Er wies auf eine Flasche Wein. »Bin beim Festungsbau geflohen. An den Karren hatten mich die Schweine geschmiedet.« Der Vater wies auf den zweiten Krug und hob die Stimme etwas an. »Einer hilft dem andern, du weißt schon. Unsereins muss sich aufeinander verlassen können. Willst du nicht auf meine Freiheit anstoßen?«
    »Doch, Vater!« Widerstrebend nippte Lips von dem Wein. »Natürlich… Auf deine Freiheit!«
    Wieder drang ein Schrei aus dem Nachbarzimmer.
    »Mach schon!«, war Frieders Stimme zu hören.
    Lips nahm einen großen Schluck.
    »Du freust dich ja nicht gerade, deinen Herrn Vater wieder zu sehen.«
    »Doch, Vater! Sicher!« Er musste dem Vater das Gift geben, so lange Frieder im anderen Zimmer war.
    »Dann will ich's mal glauben«, sagte der Vater. »Hör zu: Ich brauch Geld. Und zwar schnell. Noch ein paar Tage, bis ich wieder bei Kräften bin, dann muss ich zurück nach Dresden. Muss mich um meine Männer kümmern, die lungern im Goldenen Euter rum. Ich brauch ein Pferd, Kleider, Geld. Hast du rausgekriegt, wo der Apotheker seinen Münzsack versteckt hat?«
    »Nein, ich weiß nicht, wo.« Lips spürte den unwilligen Blick des Vaters auf sich und versuchte zu sehen, ob irgendwo in seinem Bett ein Brecheisen lag. »Wahrscheinlich oben in der Wohnung vom Apotheker, da komme ich aber nie rein.«
    Der Vater hielt missmutig seinen Krug hin. »Verscheißer mich nur nicht!«
    Lips zuckte zusammen und füllte nach. Nebenan polterte etwas zu Boden, und die Hure heulte verängstigt auf.
    »Dreckshure!«, rief Frieder. Es klatschte dumpf und hörte sich an, als würde die Hure in ein Kissen schreien.
    »Die soll endlich ihr Maul halten!«, rief Tullian gereizt und blickte zur Tür. »Sonst komm ich gleich rüber! Aber mit dem Brecheisen!« Er sah Lips wieder an. »Hört auch nicht, was man ihr sagt. Und du? Redest hier rum wie der Arnold damals. Ich hätte den Betrüger viel früher abfertigen sollen, war ein schlechter Einfluss auf dich. Ich bin eben viel zu gutmütig. Hör zu! Ich hab gehört, der Apotheker gibt auch gegen Zins. Und wenn einer gegen Zins gibt, dann muss da auch Geld im Haus sein. Er verleiht große Summen.«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte Lips.
    »Ja! Ja! Ja!«, drang das Stöhnen der Hure herüber.
    Tullian schüttelte verärgert mit dem Kopf. »Solltest du aber, mein Sohn! Solltest du!« Er machte eine Miene, als hätte er sauer Bier aufgestoßen. »Ich werde einfach nicht klug aus dir. Ich muss mich wohl mal um deine Erziehung kümmern, jetzt, wo die Mutter nicht mehr da ist. Wie ich gehört hab, laborierst du bei diesem Apotheker im Keller rum. Scheinst ja ein Wunderknabe zu sein, dass die Herren so auf dich setzen!«
    Lips schwieg dazu und starrte auf seinen Krug. Vom Wein spürte er den ungewohnten Taumel heranschleichen und nahm einen tiefen Schluck. Aus dem Nebenzimmer klang es, als würde die Hure rhythmisch gegen einen Schrank gestoßen.
    Lips nahm die nächste Flasche und füllte die Krüge randvoll.
    »Ich hab noch nie was von der Panscherei gehalten«, sagte Tullian. »Als ich das letzte Mal hier war, hab ich mich unten in der Schenke zu einem Schreiberling gesetzt. Reist von einem Königshof zum anderen und frisst sich durch. Leibniz. Ohne Schneid der

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