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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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falschen Namen, den er von seinem Taufpaten Arnold angenommen hatte, und erzählte von seiner Schuld an Arnolds Tod und dem Verrat, den der Vater aus ihm herausgeschlagen hatte; wie ihn der Vater mit seinen Banditen hart gegen die Tortur machen wollte, dem Überfall der Soldaten und der Flucht mit der Mutter; wie sie nach einem Zeichen des Vaters gesucht hatten, weil sie doch nicht wussten, wohin; von der Kochemer-Schenke Zum Goldenen Euter in der Dresdner Vorstadt und wie die Mutter bei der Krüppelfuhre in Kossin gestorben war, von seiner Verzweiflung im Waisenhaus, wie er in das Haus des Apothekers aufgenommen worden war, und er jetzt doch helfen wolle, eine bessere Welt zu bauen, von der der Herr Pfarrer ihm erzählt hatte; wie er das Fahndungsschreiben des Vaters im Rathaus abgenommen hatte und dieser dann plötzlich in Berlin aufgetaucht war.
    »Und weiter?«, fragte Pfarrer Porstmann.
    Lips holte tief Atem und sprach von dem Überfall.
    »Mein Gott!« Pfarrer Porstmann stand abrupt auf und ging mit harten Schritten im Laboratorium auf und ab. »Nicht zu fassen!« Es dauerte eine Weile, bis Pfarrer Porstmann sich wieder setzte. »Aber es lastet noch mehr auf deiner Seele. Erzähl weiter!«
    Es hielt Lips nichts mehr, alles andere sprudelte aus ihm heraus. Er erzählte von seiner Hoffnung nach der Verhaftung des Vaters, wie er annahm, dieser würde für immer in Dresden im Kerker bleiben. Ja, den Tod habe er dem Vater sogar gewünscht, so verzweifelt wäre er gewesen. Ja, dem eigenen Vater! Und jetzt war dieser plötzlich wieder aufgetaucht und brauchte Geld, damit er weiterkönne, weil die Kumpane in der Dresdner Vorstadt im Güldenen Euter auf ihn warten würden. Nach dem Geldsack des Herrn Apothekers habe er gefragt, wo er versteckt wäre. Der Vater sei zu allem fähig. Für Geld mache er alles. Der Vater verlange sogar, dass Lips eine falsche Probe ablege, damit er den Herrn Apotheker schröpfen könne. Er habe den Vater heute umbringen wollen und dafür eine giftige Säure mitgenommen, die er erforscht hätte. Er hätte es aber nicht über sich gebracht! Es wäre doch sein Vater! Lips schaute auf und sah, wie Pfarrer Porstmann sich grübelnd das Kinn rieb.
    »Es liegt schwere Schuld auf dir!« Der Pfarrer hielt die Hände gefaltet, wobei die Daumen nervös gegeneinander schlugen. Es war einige Zeit ruhig.
    »Dann ist da noch etwas anderes geschehen«, sagte Lips, »was ich mir nicht recht erklären kann.«
    »Mein Gott! Noch etwas?«
    »Ja. Die Liste, die Herr Pfarrer mir von Böttger gegeben hat, ist nicht mehr da.«
    »Wie?! Was heißt nicht mehr da?«
    »Sie ist verschwunden.«
    »Was!«, schrie Pfarrer Porstmann und verlor für einen Augenblick die Fassung. »Verschwunden? Die Liste von Böttger?«
    »Ich kann es mir auch nicht erklären«, druckste Lips herum.
    »Mein Gott die Liste! Weißt du, wie schwierig es war, sie unter größter Geheimhaltung zu erlangen? … Wer hat denn hier noch Zugang?«
    »Nur der Herr Apotheker, wie ich weiß. Sonst hat niemand Schlüssel zum Laboratorium.«
    »Mein Herr Schwiegervater hätte mir davon erzählt, wenn er die Liste an sich genommen hätte. Was sollte er auch damit! Ich höre aus deiner Stimme heraus, dass du mit etwas zurückhältst! Hast du einen Verdacht?«
    »Es ist, Herr Pfarrer, weil ich niemand anschwärzen will.«
    »Was heißt denn hier anschwärzen!«, sagte Pfarrer Porstmann in hartem Ton. »Also?«
    »Der Herr Kunkel von Löwenstern war neulich hier im Laboratorium. Er hat mich hochgeschickt zur Offizin etwas abzuholen und ist die Zeit über hier unten geblieben.«
    »Kunkel alleine hier unten?«, fragte Pfarrer Porstmann ungläubig.
    »Ja, sonst kann ich mir nicht erklären, wie die Liste weggekommen ist.«
    »Das durfte doch nicht passieren!«, schrie Pfarrer Porstmann jetzt. »Nicht bei Kunkel! Du solltest sie doch sorgsam verwahren!«
    Lips saß zusammengesunken da. Pfarrer Porstmann schloss die Augen und ging in sich. Er schien sich nur mühsam zu beruhigen. Dann stand er auf und fasste Lips an der Schulter. »Es ist gut, dass du deine Schuld von der Seele geredet hast. Gibt es noch irgend etwas zu beichten?«
    Lips fiel sofort Annas nächtliches Herumschleichen ein, aber eigentlich hatte er doch nur einen ungefähren Verdacht, dass sie mit dem Apotheker herumhurte. Nein, er konnte Anna doch nicht verraten – so wie Pfarrer Porstmann gegen die Hurerei predigte, würde er Anna sofort des Hauses verweisen. Und dann dachte Lips an die Hure des

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